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Seufzen erlaubt

Antwort einer Frau zu „Seufzen verboten“ von Bobby Langer

Um es gleich vorwegzunehmen:

  1. Das „Göttinnen-Gefühl“ kenne ich auch – einerseits in Bezug auf mich und mein Frausein, andererseits als „universelles Gefühl der Liebe“ (worum es aber in diesem Blog nicht oder nur am Rande geht, insoweit eine Thematik aus dem Komplex „Mann-Frau“ in dieses weiterreichende Gebiet hineinragt).
  2. Ja, lieber Mann, Du darfst! (Und darauf gehe ich hier ein; es juckte mich quasi sofort nach dem Lesen in meinen Fingern bzw. regten sich meine Hirn- und Herzzellen, ob jetzt YIN oder YANG, weiblich, männlich oder irgendwas dazwischen!)

Das NEIN, lieber Bobby, beantwortest Du, wie mir scheint, ja bereits durch einige Deiner Fragen. Denn wäre es wünschenswert – im Sinne von LEBEN –, dass ein Mann (der ja in erster Linie erst mal ein Mensch ist) seine Leidenschaft und Fantasie beschränkt, den Schmetterling in seiner Seele (welch schönes Bild!) totschlägt? Das kann ich nur mit einem großen NEIN beantworten. Als Mensch muss ich dies so beantworten. Und so ergibt sich für mich der nächste Schritt: Wie der Mann also damit umgeht, wenn er seine Faszination ausdrückt. Wie reagiert er auf seine Umgebung, wenn sie ihn tatsächlich belächelt? Ist er sich denn selbst seiner ureigenen Männlichkeit bewusst? (Wer sagt überhaupt, dass Schwärmerei für das Schöne, das Göttliche nicht zu Männlichkeit passt? Gab es nicht z.B. die Minnesänger? Was ist mit Autoren wie Garcia Marquez oder Figuren wie Don Juan? Denen wird wohl niemand ihre Männlichkeit abgesprochen haben oder heute absprechen, obwohl sie das Weibliche besungen und hochgehalten haben! Aber sogar, wenn Mann kein offensichtlicher Macho ist, ist er dann unmännlich? Sind wir immer noch nicht so weit, dass jeder Mensch seine eigene Definition für sich selbst finden darf? Ob Mann, Frau oder irgendeine Zwischenform? Gibt es diese statisch anmutende Einsortierung überhaupt? Gab es sie je? Ja, ja, ich weiß: gesellschaftliche Normen und Moden … Aber auch diese wechselten immer wieder. Wie sieht es heute damit aus?)

Obige Fragen wird sich der Mann wohl selbst beantworten müssen, wobei der Austausch auch mit „den“ Frauen dazu beitragen kann und von ihnen bestimmt wird.
Wie sieht es mit Bobby Langers Vermutung aus, dass SIE ihn nicht ernst nähme, wenn er von (und vor) ihr schwärmte? Oder sich gar angemacht fühlte? – Meine Entgegnungen darauf: Achtsamkeit und Mut. Aber eine Garantie gibt es natürlich auch dann nicht, dass eine Offenbarung gegenüber der Erwählten auf die Resonanz stößt, die Mann sich wünscht. Klar. Dafür sind wir – ob Frau oder Mann – zu verschieden, einzigartig jeweils.
Ist es ein Drama für den Mann, wenn Frau sich nicht angesprochen, vielleicht sogar belästigt fühlt? Kann Mann die Reaktion nicht einfach bei der Frau lassen? Wenn sie es nicht annehmen kann, hat es da überhaupt einen Sinn, ihr das Innere (des Mannes) zu zeigen? Welchen?
Und was ist, wenn Mann sich das offene Schwärmen versagt – und so die Chance vertut, mit der Angebeteten in Kontakt (sei es für ein Lächeln, sei es für eine Nacht oder gar länger) zu kommen?

Mir scheint, den Mut aufzubringen, sich selbst auszudrücken in seiner Einzigartigkeit, berührt hier tiefe, allgemein menschliche Bedürfnisse nach Gesehenwerden, nach Angenommenwerden, nach Geliebtwerden …

Was ist nun, wenn Mann sich traute (Fragestellung zwei von Bobby Langer)? Der Blitz trifft ihn beim Anblick dieser Göttin, er möchte zu ihr gehen und sich offenbaren … Und das soll er NICHT dürfen? (Sagt Bobby.) Aber warum, um Himmels willen? Leben wir wirklich noch so im „Mittelalter“ (oder gar noch schlimmer, da ja an sich in den Medien kein Thema mehr tabu zu sein scheint)? … Ich habe keine Antwort darauf. Bin keine Wissenschaftlerin oder Soziologin. Mag da auch keine gesellschaftlichen Konventionen gelten lassen. Ich – Frau in den besten Jahren und mit jeder Menge Lebenserfahrung (mit sich und auch mit vielen Männern) – kann und mag mich wohl auch nur ganz persönlich dazu äußern:

Bitte traut euch, Männer! Seid ganz Mann! Oder einfach: Mensch! Teilt doch bitte uns Frauen mit, wenn ihr begeistert seid! (Ich lasse mal all die Situationen weg, in denen es mal nicht passen kann bei der einen oder anderen, was ja ganz menschlich ist, steht frau ja auch nicht immer auf Empfang!)

Beschenkt uns mit Pfauenaugen, mit Poesie, mit Hingabe! Doch seid authentisch dabei (– nicht jedem Mann mag die Poesie flüssig von den Lippen kommen)! UND: Verwechselt nicht den Ausdruck eurer Verzückung und Verehrung für das Göttliche in dieser Frau mit dem zu erfüllenden Begehren! Denn die Verbrämung von Wunsch nach (sexueller) Lusterfüllung mit  Worten von Anbetung und Schwärmerei, die wird sie durchschauen! Vielleicht nur unbewusst, doch sie wird das Unausgesprochene spüren. Um dies klarzustellen: Ich bin auch dafür, sexuelles Verlangen deutlich auszusprechen (was auch nonverbal geschehen kann). Doch das eine zu sagen und das andere zu meinen, kann zu Verwirrung und natürlich dann auch zu Ablehnung führen. Vielleicht sollte sich Mann erst mal darüber bewusst werden, was sich da in ihm so heiß regt!?

Bobby Langer, Du fragst, ob sie sich als Objekt missbraucht fühlen könnte … Ja, das könnte sie. Doch nur, wenn Mann nicht wirklich selbstbewusst ist und erwartet, dass Frau ihn auch dann versteht und annimmt, wenn er es nicht ist.

Ich plädiere für eine lustvolle UND achtsame Offenheit. Ja, und natürlich auch von uns Frauen gegenüber Männern! … Allerdings haben wir Frauen da mit dem Sich-erklären gegenüber dem Mann wohl noch ordentlich Übungsbedarf! Das war in den vergangenen Jahrhunderten wohl eher nicht so „in“, vermute ich, wenn ich mir die vermittelte, bekannte Geschichte anschaue.

Wie wär’s, wenn wir alle, egal wer wir sind oder wen wir lieben (oder von wem wir uns sexuell angezogen fühlen), mutig lernen, uns ehrlich zu zeigen?! Ohne Erwartung auf irgendeine Erfüllung allerdings, denn dann sind mehr oder weniger schmerzhafte Enttäuschungen wohl vorprogrammiert. Sich zeigen ganz grundsätzlich und nicht nur in in einer Situation der „Liebe“, wenngleich das offensichtlich ein besonders sensibles Feld ist und dementsprechend umso achtsamer „bestellt und beackert“ werden muss.

Wie wäre es also? Wollen wir unsere Leben bereichern? Gegenseitig bereichern? Wollen wir mehr Farben? Mehr Töne? Mehr Gefühle? Mehr Tiefe? Mehr wirkliche Verbindung?

Dann bleibt uns wohl nur eine Richtung: hin zum JA und zum Schwärmen!

Dann wird Seufzen nicht nur erlaubt, sondern willkommen sein!

Arwén