Mal ehrlich: Was ist eigentlich Liebe?

Liebe öffnet neue Dimensionen

Wenn die letzte Soap genüsslich ausgeschmachtet ist, dann lohnt es sich, einmal kurz innezuhalten und zu überlegen, was das eigentlich ist: Liebe. Erst mal: Sie fällt eindeutig nicht unter die Konsumangebote. Was heißt: Man kann sie nicht kaufen. Ein Stückchen weiter gedacht: Man kann sie also auch nicht verschenken, denn verschenken kann man nur einen Gegenstand von hier nach da.

Seufz, Liebe …

Wenn Liebe aber kein Gegenstand ist, was ist sie dann? Meistens wohl vor allem ein Etikett, das man auf vorfabrizierte Verhaltenspäckchen klebt: auf eine Affäre, die man dann beschönigend „Liebesaffäre“ nennen darf, auf eine Beziehung, die auf einmal „Liebesbeziehung“ heißt und auf eine Heirat, die als „Liebesheirat“ doch viel vertrauenserweckender klingt. Und die Liebesfilme … seufz, die Liebesfilme …

Liebes-Ballons …

Schon seltener ist die Liebe eine Idee. Die wird in Christmetten ebenso verkündet wie auf Internetportalen der freien Liebe. Das sind Es-Wäre-Schön-Wenn-Gedanken, die da wie Ballons auf einem Kinderfest – gut beschriftet und wohlgemeint – in die Luft steigen und auch ein bisschen auf ihre Verkünder zurückwirken wollen: Schaut mal, ist das nicht toll, was ich euch da verkünde? Aber es ergeht diesen Liebesideen wie allen Kinderfest-Ballons. Irgendwann entweicht ihnen das Helium oder sie werden schon vorher vom Regen zerstört und gehen als Gummi-Matsche zu Boden.

Liebe als Ausgang und Eingang …

Wenn Liebe aber auch keine Idee ist, was bleibt? Der Zustand, der Zustand der Liebe. Es ist der, der von keinen Klischees, Religionen und Moralkodices eingeengt wird, der selbst dann noch auftaucht und Heiterkeit, Freiheit und Wärme schenkt, wenn der Sex verpufft ist, die Gier erschlafft oder der Zorn verraucht. Es ist ein Raum, der keinem gehört und den alle betreten dürfen, die Heteros und die Homos, die Traurigen und die Witzbolde, die Armen im Geiste wie die Intellektuellen, die Arbeiter wie die Bosse, die Priesterinnen wie die Huren. Auch Tiere und Pflanzen finden dort ihren Platz; ja selbst das engste und kleinlichste Ego dieser Welt darf hinein und sich pudelwohl fühlen. Der Eingang zu diesem Raum ist zugleich der Ausgang aus dem Gefängnis des materiellen, geistigen und geistlichen Konsums, aus dem Kerker der Vereinnahmung, aus der Eitelkeit und Beliebigkeit der Ideen. Es ist der Eingang zu einem erlebten und gelebten Raum radikaler Annahme und Freiheit. Und dieser Raum hat einen Namen: Leben.