Dirty Talk – so ne Sache

zu dirty talk gehört en doppeltes Einverständnis

Reden beim Sex – gar noch „schmutzig“? Wirklich zum ersten Mal bin ich auf das Thema „dirty talk“ gestoßen, als ich Ende der Achtziger „Ein Fisch namens Wanda“ angeschaut habe. Da pimpert dieser „Otto“ Jamie Lee Curtis aufs Heftigste und spricht dabei italienisch, was sie rasend macht. Was weniger bekannt ist: Curtis musste während der Szene ihren Kopf im Kissen verstecken, weil sie ihr Lachen/Grinsen sonst nicht hätte verbergen können. Anyway: Für mich als eingefleischten Monty-Python-Fan war der Film fantastisch! Ich lachte mich schlapp, aber immerhin nicht so krass wie der Däne Ole Bentzen, der beim Ansehen des Films an einem durch starkes Lachen hervorgerufenen Kreislaufstillstand starb. Was blieb? Zumindest eine Ahnung davon, dass Sprechen beim Sex beachtliche Auswirkungen auf den Verlauf des Geschehens haben kann und die Neugier darauf, das auszuprobieren.

Bio-Tonne?

Denn bislang, ich war damals Anfang zwanzig, hatte ich beim Liebesspiel eigentlich immer meinen Mund gehalten. Entweder weil ich ihn beim Knutschen zu voll genommen hatte oder weil ich mich schlicht nicht traute, offensichtlich reale Wünsche wie „Dreh dich auf den Bauch!“ zu artikulieren. Selbst schuld? Ja, das kann ich aus heutiger Sicht durchaus unterschreiben. Aber auch nach dem Film dauerte es noch ziemlich lange, bis der „Wanda-Effekt“ – um ihn mal so zu nennen – auch in meinem Real Life ankam. Das lag nicht ausschließlich an mir. Da gab es etwa eine Partnerin, die es tatsächlich mitten im Liebesspiel fertig brachte zu sagen: „Wir dürfen morgen nicht vergessen, die Bio-Tonne rauszustellen!“ Nun – Erektionen sind ein zartes Geflecht aus Situation, Berührung, Aktionen und durchaus verwundbar. Zum Beispiel durch Worte im falschen Moment. Ja, eine Bio-Tonne hat etwas mit Schmutz zu tun, mehr sogar als all ihre Geschwister-Tonnen. Aber diese Art von Dirty Talk schlug mir wahrlich aufs Gemächt.

Verstörender Tagtraum

By the way: Neulich hatte ich während einer ansonsten öden Busfahrt einen verstörenden Tagtraum zu diesem Thema: Ich war auf einer Demo gegen das neue Polizeiaufgabengesetz in Bayern und lernte dort eine wunderschöne Jung-Grüne kennen, deren Organisation diese Demo auch organisiert hatte. 23 Jahr, blaues Haar, viel Metall im Fleisch – ich war erstaunlicherweise wie hin und weg und wie Tagträume nun mal so sind, landeten wir ohne langes Essengehen und Getue in einem angenehm großen Bett. Knutschen? Vorspiel? Tagträume überspringen so was gern, besonders wenn  der Busfahrer Gelegenheit hat, mal ein paar Haltestellen zu überspringen und so richtig Tempo aufzunehmen! Dann ich so: „Kannst du dieses Vaginal-Piercing mal raus nehmen? Das rubbelt mir den Schwanz wund!“ Das war kein Dirty Talk, sondern ein Hilferuf. Aber sie flippte völlig aus. „Schwanz? Was bist denn du für ein patriarchalisches Arschloch, wenn du solche Wörter benutzt?“ „Welches Wort hätte ich denn benutzen sollen?“ entgegne ich kläglich, derweil meine „Kriegsflagge“ bereits am Darniedersinken ist. „Elender Macho!“ schallt es mir noch entgegen, bevor die Automaten-Kinderstimme des Busses verkündet, dass hier am Sanderring nun Endstation ist.

Klappe halten und genießen?

Was ich noch zu sagen hätte? Ja, immerhin habe ich dann doch mal eine Frau kennen gelernt, bei der mir Sprache, also Wünsche, aber auch bei Gelegenheit deftige Ansagen während dem Sex nicht schwerfielen und auch kein abtörnendes Gezeter provozierten. Das war schön und lässt mich hoffen. Auch wenn ich mich im Laufe der Jahrzehnte immer mehr in diesem Punkt der quasi buddhistischen Position näherte: Klappe halten und genießen!