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Kosenamen: Wenn der Bärli mit dem Hasen um die Ecke tanzt …

Eine Sache in der Beziehung von Männern und Frauen hat sich mir nie wirklich bis in die Tiefe erschlossen, nämlich das mit den Kosenamen. Ich frage ja nur: Was bringt einen Menschen, der beispielsweise Bernd heißt, dazu, sich von einer Menschin, mit der er nun seit einigen Wochen Körperflüssigkeiten austauscht, plötzlich Bärli nennen zu lassen? Und das auch noch klaglos hinzunehmen? Ist das nicht die freiwillige Aufgabe der eigenen Persönlichkeitsrechte, ja schlimmer noch: der eigenen Identität? Ich meine, was haben wir denn außer unserem Namen und dem Blick in den Spiegel wirklich, was uns rückmeldet, das wir ein Individuum, etwas ganz besonderes sind? Ja klar, die DNA, aber die hat so gut wie niemand im Blick. Wenn also aus Bernd plötzlich Bärli wird, dann macht das auch was mit ihm. Womöglich guckt er eines Tages in den Badezimmerspiegel und begrüßt sich gedanklich mit „Hallo Bärli“. Wenn es so weit kommt, ist der Griff zur Haribo-Tüte nicht mehr weit. Oder gar Schlimmeres, Drogen oder so.

Ich wurde zum Hasen

Okay, jetzt wird es persönlich: Habe extra vor dem Schreiben des Textes mit meiner Ex-Frau extrapoliert, wie es so weit kommen konnte. Denn wir kamen damals zusammen und erhielten beide zum ersten Mal in unserem Leben Tiernamen. Ich wurde zum Hasen. Warum? Das konnte sie mir auch nicht sagen, es sei eher so, dass sie Menschen, die ihr nahe stehen und männlichen Geschlechts sind, oft spontan so nenne. „Hase, Hase, Hase!“ – so kam sie mir in späteren Jahren nicht selten entgegen, wenn etwas Aufregendes passiert war. Und ähnlich wie Bernd, habe ich das hingenommen, obwohl sich meine persönliche Beziehung zu Feldhasen – bis zum heutigen Tage – auf sage und schreibe null Begegnungen subsummieren lässt. Habe ich unterbewusst gehofft, der Hase was habe mit meinem Temperament im Bett zu tun? Rammeln und so? Kann sein, hab mein Unterbewusstsein dazu befragt, aber es blieb merkwürdig stumm.

Kosenamen ohne Macht?

Aber auch meine Ex-Frau kriegte ihren Tiernamen. Zunächst hatte ich sie zwar Leola getauft, was für eine weibliche (Sternzeichen-)Löwin stand. Aber es dauerte nicht lange, bis daraus schlicht Katze oder Cat wurde. Und das hat bis heute Einfluss auf ihr Leben. Da sage mal einer, dass Kosenamen keine Macht hätten. An ihrem heutigen Haus hat sie eigens ein Schild angebracht, auf dem „Katzenhäusle“ zu lesen steht und immer wieder Passanten dazu bringt, nach der Bedeutung des Schildes zu fragen, da sie nämlich nur zwei Hunde hat. Noch viel krasser ist die Tatsache, dass meine zwei pubertierenden Söhne mittlerweile überwiegend aufgehört haben, sie bei ihrem Vornamen oder ihrem Titel – nämlich Mama – anzusprechen! Da kommt wohl in den meisten Fällen nur noch „Katze? Wo ist denn die Cola?“ Ganz ehrlich – das hab ich nicht gewollt, ist aber wohl auch nicht mehr rückgängig zu machen. Die Macht der Namensgebung! Eine schwache, aber wirksame Form der Magie – denkt mal drüber nach.

In der Krone zusammen wachsen

In meiner nächsten Beziehung stellte meine neue Partnerin – auf Grund unfreiwilligen Mithörens von Telefonaten mit meiner Ex-Frau – fest, dass ich diese nach wie vor Katze nannte. Der Hase war zu der Zeit übrigens bereits ausgestorben – „rest in piece“. Das fand sie gar nicht toll, denn ihr Ex-Mann hatte sie ebenfalls Katze genannt und – verständlicherweise – wollte sie von mir nicht genauso angesprochen werden. So begab ich mich zum ersten Mal im Universum der „Benamung“ hinein ins Pflanzenreich: „Blume“ hieß sie schon bald und später dann auch – auf gut fränkisch – Blümle. Unser Symbol? Zwei Bäume (frei nach Osho), die ihre eigenen Wurzeln haben, aber in der Krone zusammen wachsen. Wer braucht da noch Tiernamen?