In dieser Studie soll untersucht werden, wie Selbstbeschreibungen in verschiedenen Lebensbereichen mit Verhalten in Partnerschaft und Sexualität zusammenhängen. Damit die Untersuchung eine gewisse Allgemeingültigkeit bekommt, will das psychologische Institut der Universität eine möglichst breit gefächerte Gruppe von Versuchspersonen erreichen.

Man hat die Möglichkeit, die Resultate der Untersuchung nach der Erhebungsphase zugeschickt zu bekommen. Das Ausfüllen des Fragebogens dauert ca. 20 Minuten. Die Umfrage findet Ihr HIER.

Origien sind keinesfalls eine moderne Phantasie. In der Renaissancezeit nannten Spötter Rom den „Schwanz der Welt“. Mehr Prostituierte gab es nirgendwo. Papst Alexander VI. aus dem berüchtigten Geschlecht der Borgia veranstaltete (vermutlich) die reinsten Sexorgien. Und ein paar Jahrhunderte zuvor trieb es Johannes XII im Petersdom so wild, dass er wegen Unwürdigkeit gestürzt wurde. Dass unsere Altvorderen der Lust an der Lust weit mehr frönten als unsereins, der vor lauter Terminen gar keine Zeit für eine ausschweifende Orgie hätte, ist ein offenes Geheimnis. Hier wird es sinnlich und informativ beschrieben:

Die Zahl der Eheschließungen steigt wieder. Und das wundert mich bei genauem Hinsehen nicht. Zweifellos war der Ruf der Ehe in den letzten Jahrzehnten, spätestens seit den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, lädiert. Sie galt und gilt vielen jungen Leuten als der Inbegriff von veraltet, als eine erstarrte Form. Und so fühle ich mich manchmal auch: wie eingebacken und unbeweglich, wenn mein Mann – oder sollte ich jetzt sagen: mein Gatte – schnarchend neben mir liegt und ich mich selbstbefriedige. Dass er lieber mit seinen jungen Kolleginnen flirtet und die eine oder andere ihm auch zum Opfer fällt, wundert mich nicht. Ich bin aus der Form geraten. Und nach 34 Jahren Ehe weiß Gott nicht mehr die frischeste. Er ahnt, dass ich es weiß, und ich sorge dafür, dass er es ahnt, ohne unser eingespieltes Team durch Blitz und Donner zu gefährden.

Ehe ist wie eine Party: manchmal auch langweilig

Ja, wir sind ein eingespieltes Team, verheiratet, zwei Kinder. Wir mögen uns und wir halten zusammen. Seit zwölf Jahren arbeite ich wieder in einer Agentur, darf kreativ sein und stehe meine Frau. Es geht uns gut, materiell und seelisch, ich vermute auch ihm. Alles fühlt sich „okay“ an. Und unsere Ehe hat daran einen großen Anteil.

„Okay“? Ich weiß, „okay“ ist für junge Leute kein Ziel, das man mit einer Partnerschaft anstrebt. Okay klingt dröge, nach tief eingegrabenen Fahrspuren, dem immergleichen Trott. Auch wir waren sterbensverliebt und haben vor Lust aufeinander gezittert, wenn wir ihr grade mal nicht nachgeben durften. Auch wir wollten den Himmel stürmen. Mindestens.

Am besten gebe ich’s gleich zu: Ja, manchmal ist mein Leben langweilig, so langweilig wie der Rhein vor unserer Haustür, der heute träge dahinfließt, so dass man kaum weiß: Fließt er nach links oder nach rechts? Aber gibt es nicht auf jeder Party auch langweilige Momente?

Ehe lässt Vertrauen wachsen

Der Hauptvorwurf gegen die Ehe ist ihre formelle Sicherheit. Doch gerade das ist ihre große Stärke. Zur Liebe gehören nämlich auch Vertrauen und der Wunsch nach Geborgenheit. Beide gewinnen an Kraft, wenn ich einen Mann an meiner Seite weiß, der bereit ist zu sagen: „Ich bin immer für dich da! In guten wie in schlechten Zeiten.“ – ohne Gütertrennung. Und schlechte Zeiten gibt es garantiert. Dazu müssen gar nicht erst die rosa Wolken verflogen sein. Eine verpatzte Prüfung, ein fieser Chef, eine Krankheit, ein gestorbenes Kind können meinen Lebensweg und meine innere Landschaft schnell und radikal verändern. Wie gut, wenn ich dann jemanden habe, auf den ich mich verlassen kann.

Dann kann ich mich öffnen, mich ganz hingeben, kann ganz ich sein. Vertrauen darf nicht mit blindem Glauben an den anderen verwechselt werden, Vertrauen wächst. Es ist nicht auf einmal da, sondern bekommt mit jeder überwundenen Hürde einen neuen Wachstumsschub. Und mit jedem Stückchen mehr Vertrauen wandelt sich Verliebtheit ein wenig mehr in Liebe.

Natürlich ist all dass auch möglich ohne Trauschein. Vertrauen kann zweifellos auch ohne dieses Papier wachsen. Aber ich fürchte, seine Wachstumsbedingungen sind ohne Ehe schlechter, gerade in diesen unsicheren Zeiten. Wer hätte gedacht, dass ich hier ein Plädoyer FÜR die Ehe schreibe? Ich am allerwenigsten.

[Foto: pixabay_NGDPhotoworks]

von Alander Baltosée

Liebe ist die innige Verschmelzung zweier Seelen.
Gemeinsam fließen sie im puren Sein,
jenseits des Ichs.
Der Weg dorthin ist schmerzhaft, verschlungen und weit.
Wir glauben, die Liebe
im Spiel zwischen Mann und Frau zu finden.
Im Ringen um dieses gemeinsame Seinsgefühl
hält es einem jeden zunächst den Spiegel vor.
Wir sehen und lieben im anderen,
was wir an uns selbst lieben.,
sehen im Antlitz der Geliebten
die verkannte eigene Schönheit.
Wir lassen uns fallen
und fühlen uns geborgen,
öffnen uns meinen uns dem anderen zu zeigen.
Wir fühlen uns verstanden, gesehen und gespürt,
bis zum Grunde unseres Wesens.
Endlich scheint die endlose Einsamkeit vorüber,
das Getrenntsein von der Welt aufgehoben.

Dann trifft uns der brennende Pfeil vergessener Seiten.
Holen uns ein, die altbekannten Ängste, zum xten Male.
Das kennen wir,
das andere trauen wir uns nicht zu wagen.
Wir halten inne nach der Trennung
Bis wir begreifen, dass wir uns
im Anderen erkennen wollen,
dass sich unser eigenes Sein
im Geliebten spiegelt.
Auch jene Seiten, die wir nicht mögen,
die wir für die Liebe zu heilen haben,
um das Sein in wahrhaftiger Verschmelzung
leben, den Tanz zwischen Mann und Frau
wirklich tanzen zu können.

Eine Liebes-Geschichte zeigte mir,
wie das Haben-Wollen den Geliebten ersticken kann.
Die nächste führte mir vor Augen,
wie selbstmitleidiges Opferspiel Schönheit zerbricht,
eine andere ließ mich nachempfinden,
zu welch’ grausamer Waffe sich Wut verwandelt.
Kennt kein Halten mehr, der Zorn, mit seinen Worten.
Schießt Sätze wie Geschosse in den Raum,
die sich ins Gedächtnis graben,
leidvoll in der Seele Wunden schlagen.
Ein anderes Mal war die Geliebte so eifersüchtig,
dass jedes Vertrauen darin erstarb.
Immer wieder zeigte mir das Leben
im Gewande der Liebe,
wie sich eigenes Verhalten für andere anfühlt.
Indem wir es durch den Geliebten selbst erfahren,
erkennen wir, wann und wo wir andere schmerzten.
Die Liebe, das, was wir so nennen,
entlarvt blinde Flecken schonungslos,
will sie heilen und erlösen,
um sich frei entfalten zu können,
über enge Horizonte des Ichs hinaus.
Die Geduld der Liebe zerreißt am inneren Widerstand,
sich selbst erkennen zu wollen.
Man findet sich wieder im Alleinsein mit sich selbst.
Hast nicht vergessen, dankbar zu sein,
für all die Selbsterkenntnis,
doch schmerzvoll brennt der Verlust
der dich jäh ereilte.
Die Geliebte lockt und betört,
mit ihren Reizen, mit ihrer Hingabe.
Verschenkt sich liebestrunken
und entblößt im gleichen Zuge
die Unfähigkeit des Menschen, die reine Liebe anzunehmen.
Und ihr ergeht es ebenso.
Sie lässt spüren, wie schrecklich es sich anfühlt,
wenn Liebe nicht angenommen werden kann.

Das Vertrauen ist im Verliebtsein gewachsen,
ließ Hingabe wie Blüten in den Maiwind treiben,
bis aus nichtigem Anlass der Zauber erlischt,
im Augenblick, in dem Zweifel und Argwohn
sich fast unmerklich einzuschleichen beginnen.
Ein seltsamer Blick der Geliebten
stiftet Verwirrung, lässt dich ins Bodenlose stürzen.
Du schaust sie an und fühlst,
dass das Edle zerbrochen ist.
Nichts vermag es aufzuhalten,
als sei es unumstößliches Gesetz.
Im glückseligen Liebestaumel,
wird sich in Freude umschlungen.
Doch das Gift von Argwohn und Misstrauen
macht mit einem Mal den Zauber zunichte.
Plötzlich aus dem Nichts gekommen, ist er da,
dieser Impuls, mit dem uns das Vertrauen verlässt.
Wir haben uns weggeschenkt,
im Geben vergossen.
Doch dann schlägt eine Tür ins eiserne Schloss,
stellt durch ein einzelnes Wort,
mit einem einzigen misverstanden Satz,
das Heilige in Frage.
Aus dem Himmel gefallen.

Du ließest Dich verzehren,
betörende Reize lockten dein Begehren,
ließen dich glauben, es sei die Liebe,
der du folgst.
Bis der Moment der Erschöpfung kommt
und das Weib unersättlich bleibt.
Zurückgeworfen und beraubt der Illusion,
die hoffen und glauben ließen,
es gäbe ein immerwährendes Glück zu zweit,
als gäbe es den richtigen Lebenspartner,
zwei Wesen, Mann und Frau,
die zwei Hälften einer Seele sind.

Was eben noch Liebe war,
ist nun bizarre Fremde.
Ein Wort, ein Satz provoziert die Frage,
ob man den anderen wahrlich kennt.
Was geht in ihr vor,
kann sie mich spüren?
Ist sie so nah bei mir,
dass ihre Liebe die Zweifel besiegt?
Waren alle Bekenntnisse,
die schönen Worte und Komplimente
nur im Taumel der Euphorie
von den Lippen geflossen?
Welche Kraft reitet uns dann,
wenn wir uns romantisch ergießen?
Ist das die Liebe oder hungrige Begierde?

In einem Moment war jede Berührung
noch natürlich und ungezwungen,
dürstete die Liebe nach Zärtlichkeit,
labte sie sich in sinnlicher Erotik.
Ein winziger Augenblick, ein Gedanke,
eine Geste oder ein fragender Gesichtsausdruck,
lassen die Seelen aus der Wonne fallen.

Die Fragen nach dem Warum wollen nicht enden
und es gibt keine Antworten darauf.
Mann und Frau sprechen
zwei unterschiedliche Sprachen,
verstehen nicht des anderen Sinn.
Hörst nur noch, was deine Ängste nährt,
alte Wunden wieder aufbrechen lässt.
Eine Spirale der Verwirrung
beginnt sich zu drehen.
Jeder Versuch der Klärung
verhärtet die entstandenen Fronten.

Wag ich noch,
ihre Haut zu streicheln,
ihre Nacktheit wie ein Fest zu feiern,
mich von ihrem Liebreiz verführen zu lassen?

Merken

Merken

Die Handwerkerin in mir weiß: Klammern brauche ich immer, damit etwas nicht auseinanderfällt. Oder damit ich ihm eine Form geben kann, die es normalerweise nicht hat. Haarklammern zum Beispiel. Oder die Klammern, die ich mit einem Tacker in die Plastikplane schieße, damit sie am Holz hält.

Wenn ich jetzt mal das Gerät zum Vergleich nutze, dann bin ich das Holz, mein Mann die Plane und der Standesbeamte der Tacker. Bis dass der Tod – bzw. die Verrottung des Holzes – uns scheide. Braucht es die Ehe? Die politische Gebetsmühle sagt: Ja, sie ist staatserhaltend. Hm, deswegen soll ich heiraten?

Ich will nicht abschweifen und zur Klammer zurückkommen. Zum Klammern genau gesagt. Wenn ich gemischtgeschlechtlich unterwegs bin, fällt nicht selten das Wort, dass wir Frauen klammern und die armen Männer bewegungseingeschränkt sind. Stimmt schon irgendwie: Der Schnelllauf in fremde Betten wird durchs Klammern erheblich gestört. Aber warum klammere ich? Ich brauche den Typen doch gar nicht, und mein Junge ist aus dem Gröbsten raus. Wenn ich beim Abendessen sage: „Ist es okay, wenn ich heute Abend mal länger unterwegs bin? Brauchst du mich?“, schaut er mich an wie ein Psychiater einen Geisteskranken. Im besten Fall hat er Mitleid mit mir, dass ich immer noch nicht kapiert habe, wie groß er schon ist. Ich sage ihm natürlich nicht (und manchmal gesteh ich’s nicht mal mir selbst ein), dass ich mit seinem Vater nur ausgehe, weil auf der Party ein paar gefährliche Frauen unterwegs sein werden. Wenn ich auch da bin, gibt es keinen „Ausrutscher“.

Ist das Klammern? Vielleicht. Aber warum tue ich das? Klar: Damit er mir nicht abhandenkommt. Ich würde ihn vermissen und all das, was bei uns gut klappt. Die Vertrautheit, die Normalität, die sich ergeben hat und mit der wir beide einverstanden sind. Er ist ein Partner und ein Vater. Er kann beides. Das ist schön. Wenn „Bett“ stattfindet, könnte er langsamer zur Sache kommen, aber so sind sie nun mal: im Zweifelsfall leicht zu erregen. Ist ja auch irgendwie schön, dass es – manchmal – noch klappt. Aber er ist mit seinen paarundfünfzig Jahren bei anderen Frauen ein bisschen wie ein Junge. Würde ich nicht auf ihn aufpassen, würde er sich in wer weiß was verstricken und aus der Falle nicht mehr rauskommen. Die anderen sind ja auch nicht doof. Mein Klammern ist also eher eine Art Schutzengelfunktion. Anders als die mechanischen Klammern sorgt es dafür, dass zusammenbleibt, was zusammengehört.

Liebe zwischen den Geschlechtern ist ein Glaubenssatz, eine mentale Infusion. Nur weil sie uns von früher Kindheit an via Illustrierten, Filmen und Romanen eingetrichtert wurde und wird, muss dieser Mythos noch lange nicht wahr sein. Oder doch?

Ich weiß: Jetzt ernte ich nicht nur Kopfschütteln, sondern Vermutungen über meinen Geistes- bzw. Seelenzustand. Ich kann euch versichern: Ich bin durchaus bei Troste. Und ich bin seit 1979 verheiratet, mehr oder weniger glücklich (was auch immer das heißen mag). Oder ist das eher ein Hinweis, dass ich doch gestört bin?

Spaß beiseite: Wie kann man nur an der Wahrheit der „Liebe zwischen den Geschlechtern“ zweifeln? Nun, es hat im Jahr 1600, als die Hexenverbrennungen ihren Höhepunkt hatten, auch Menschen gegeben, die an der Existenz von Hexen gezweifelt haben. So viel zum gesamtgesellschaftlichen Konsens von Wahrheiten.

Was nährt also meinen Zweifel an der „Liebe zwischen den Geschlechtern“? Zum einen ganz banale Einsichten: So gut wie jeder glaubt zwischen seinem 14. und 30. Lebensjahr, die oder den RICHTIGEN gefunden zu haben, den EINZIGEN oder die EINZIGE, AUSERWÄHLTE. Je weniger Erfahrung wir haben, desto leichter bilden wir uns das ein. Und je unerfahrener, gieriger bzw. ausgedürsteter wir sexuell sind. Es ist so, als hätte die Evolution eine Art Bratpfanne aufs Feuer unserer Hormone gestellt, und je nachdem, ob wir mehr auf Hausmannskost, chinesische Küche oder Steak getrimmt wurden, steigt uns der verführerische Duft einer appetitlichen Geschlechtsmahlzeit in die Psycho-Nase. Noch nie, meinen wir, hätten wir so etwas Köstliches auf dem Teller gehabt wie IHN oder SIE; das muss sie sein, endlich – die große Liebe.

Pardon für den banalen Bratpfannen-Vergleich. Ich will damit nicht all jene hohen Gefühle verunglimpfen, die bei menschlichen Geschlechtsritualen im Spiel sind. Der Vergleich kam mir vielleicht, weil ja gerade jetzt die Geschlechter wieder ihre Reize und Körpersignale aufs Köstlichste auspacken. Das Ergebnis ist vorherseh- und -sagbar: neue Liebesbeziehungen, neue Affären, neue Seitensprünge, neue Kinder, neue Hoffnungen, neue Enttäuschungen, neue Seelenqualen. Und auch: viele vorgetäuschte Orgasmen.

Bei genauer Betrachtung glaubt freilich kaum jemand, dass es nur die oder den einen gibt. 99 Prozent aller Liebeskummer-Fälle lösen sich von alleine auf, indem ihre Ursache durch eine gleichwertige Alternative gelöscht oder wenigstens ausbalanciert wird. Was war also dann die große Liebe? Die Beziehung davor oder die danach? Und nicht ganz zufällig sinkt die Rate spontaner Verliebtheiten mit wachsender Geschlechtererfahrung. 80-Jährige verlieben sich nicht deswegen weniger, weil sie es nicht mehr könnten, sondern weil sie ganz einfach sehr viel mehr um den Trug wissen, der in der Luft liegt, wenn die Hormone mal wieder auf die Hirnanhangdrüse durchgreifen.

Was alles nicht heißen soll, Liebe machte keinen Spaß. Ja doch, tut sie.

[Foto: pixabay_miapowterr]

„Guys we fucked“ nennen die beiden Amerikanerinnen Krystyna Hutchinson und Corinne Fisher ihren Podcast. Das will und soll provozieren, denn schließlich drehen die beiden den Geschlechter-Spieß herum. Daran werden auf einmal keine Mädels über dem Feuer männlicher Lust geröstet, sondern umgekehrt, die Guys werden „verheizt“. Doch es steckt weit mehr hinter dem krassen Titel, wie sein ergänzender Slogan „The Anti-Slut-Shaming Podcast“ klarstellt: ein neuer weiblicher Emanzipationsschritt – die Ankündigung, dass frau die Schlampen-Etikettierung („Slut“) nicht mehr hinnehmen mag; dass frau sich nicht mehr dafür schämen muss, wenn sie ganz einfach auch mal Lust auf die Lust hat.

Seien wir doch mal ehrlich: Mädels, die es wild treiben und sich Jungs „nur so zum Spaß“ schnappen, sind in bürgerlichen Kreisen alles andere als gesellschaftsfähig. Dort sähe man die Schwiegertochter doch eher noch züchtig, während man dem eigenen Sohn den Parcours durch die Betten als „Vorbereitung aufs Leben“ durchgehen lässt. Der eigene Sohn „gefickt“? Undenkbar.

Dass Hutchinson und Fisher den Nerv vieler junger Frauen in den USA getroffen haben, belegt die Zahl ihrer Abonnentinnen: über eine halbe Million. Es ist anzunehmen bzw. zu hoffen, dass sich auch junge deutsche Frauen nicht mehr mit dem Bild des „züchtigen (und vielleicht sogar nicht mehr ganz so jungen) Mädchens“ identifizieren, ohne deswegen gleich ins Vamp-Lager überwechseln zu müssen. Vielleicht darf Spaß am Sex auch für Frauen ganz normal sein.

Den Original-Podcast findet ihr unter https://soundcloud.com/guyswefucked.

Mehr zum Thema HIER und HIER

[Foto: pixabay_xusenru]

 

Freie Liebe ist grade mega-in. Begonnen hat aber alles schon viel früher, mindestens im alten Griechenland vor zweieinhalbtausend Jahren. Damals verführte Zeus bekanntermaßen, was das Zeug hielt. Jede irdische Verkleidung war ihm recht, solange er an die Menschinnen rankam: Stier, Schwan, Adler, Kuckuck. Und noch so manche anderen Götter und Göttinnen hatten sich dem Thema Liebe verschrieben: Aphrodite, Eros, Pan und Dionysos.

Vielleicht ist das ja der tiefere Grund, weshalb die Griechen neben den Brasilianern bis heute als die „Sexweltmeister“ gelten. Mit Sicherheit aber haben die Christen Pans Bocksfüße genutzt, um ihn in den Teufel zu verwandeln und die gesamte Wollust zur Sünde zu machen. Aber das ist ein anderes Thema. Fest steht jedenfalls, dass die alten Römer die noch rituell gezügelten griechischen Orgien übernahmen und in erotisch-sexuelle Volksveranstaltungen verwandelten. Im Rom der Zeitenwende durften alle mit allen: Männer mit Männern, Frauen mit Frauen, Erwachsene mit Kindern.

Für die Christen im alten Rom war diese Zügellosigkeit ein gefundenes Fressen. Zwar zeigte sich so mancher frühe Papst als den spätrömischen Verlustierungen durchaus zugänglich, doch generell wurde freie Liebe als „Sünde“ abgeschrieben – jahrhundertelang. Monogamie galt als das normativ richtige, „normale“ Verhalten, vor allem für Frauen; Männer durften fremdgehen. Grundlegend zu ändern begann sich das erst, als Ende des 19. Jahrhunderts amerikanische Feministinnen es ablehnten, Männern ihren Körper zur Verfügung zu stellen, nur um wirtschaftlich versorgt zu sein. Für sie war die bürgerliche Einehe eine Art von institutionalisierter Prostitution. Der Wiener Arzt Wilhelm Reich entdeckte schließlich Anfang des 20. Jahrhunderts die sexuelle Zwangsmoral als Ursache von Neurosen. So beförderte ihn auch die Hippiebewegung, die freie Liebe für jedermann propagierte, zu ihrem „Guru“.

Als Sexguru bezeichnete die westliche Presse den indischen Gelehrten und Philosophen Chandra Mohan Jain, der sich später Bhagwan und schließlich Osho nannte. Für ihn waren Erotik und Sexualität mögliche Instrumente innerer Befreiung. Seine Jünger, die Sannyasins, waren für die meisten westlichen Linken und Reformer spirituelle Spinner, die zugunsten ihrer emotionalen Befindlichkeit auf gesellschaftlichen Wandel verzichten. Ganz in der Nachfolge der Amerikanerinnen war für viele Linke die „Kommune“ ein Befreiungsinstrument, gerichtet gegen die bürgerliche Kleinfamilie.

In Form der Polyamorie erobert die Freie Liebe heute auch die gesellschaftskritischen Schichten. Hier geht es nicht mehr um das Abwerfen von Zügeln, nicht mehr gegen die alte Moral, sondern um eine Bewegung hin zu einem verantwortungsvollen Umgang mit dem eigenen Gefühlsrepertoire – wozu eben auch die Sexualität zählt. Polyamorie grenzt sich ab von Polygamie und geht weit über die Monogamie hinaus. Aber auch das ist eine – spannende – weitere Geschichte.

(Business card vector created by Makyzz – Freepik.com)