Da war mal eine Zeit, ich war so Ende zwanzig, als ich in meinen Bemühungen, eine Partnerin zu finden, in einer gefühlten Sackgasse angekommen war. Darf man Sackgasse überhaupt noch sagen, oder ist das gendermäßig schon Macho? Fuck it! Jedenfalls waren die letzten beiden Beziehungen doch relativ sang- und klanglos eben nicht in die Hose, sondern den Bach runtergegangen, und ich fasste den Entschluss, mich erstmal nicht mehr zu binden. Da lachte der Schicksalsgott wohl lauthals und beschloss, mich zu prüfen. Wie machte er das? Nun, es dauerte nach meiner Entscheidungsfindung keine ganze Woche, bis er mir eine junge Dame schickte. Mit „jung“ meine ich 21 vs. meinen 28 oder so, was vom Altersunterschied her in späteren Lebensphasen erstmal nicht so wild klingt. Aber damals ploppte bei mir dieser „als ich in der zehnten Klasse war, da warst du in der dritten“-Gedanke auf. Weiterlesen

Auf BDSM* bin ich rein zufällig gestoßen, bei der Recherche zu einem völlig anderen Thema. Zu jener Zeit war ich glücklich verheiratet, meine Frau bekannte sich klar zu Vanilla-Sex und so hatte ich das Thema gedanklich abgehakt – jedoch nicht, ohne mir ein Paar Bookmarks zu machen und fürderhin in gewissen Foren wie etwa der Sklavenzentrale mitzulesen. Fast zehn Jahre später war unsere Ehe faktisch durch, auch letzte Rettungsversuche beim Paartherapeuten hatten sich als fruchtlos erwiesen und so dachte ich mir: Okay – jetzt probierst du das mal aus! Schließlich hatte ich ne Ecke früher bei einem BDSM-Discounter (ja, so was gibt es tatsächlich!) eine Art Starter-Kit erworben mit Handschellen, Knebel, Paddels und Gedöns. Meiner Frau angeboten, das Mal zu testen, aber sie wollte nicht. Tja – nun war ich an dem Punkt, das auch mit jemand anderem zu versuchen.

Devoter Dirty Talk

Über Internetforen wollte ich aber nicht gehen, meine Ex hatte erst unlängst mein Notebook gefleddert und so entschied ich mich – ganz Old-School – eine Kontaktanzeige aufzugeben. Den genauen Text der Anzeige weiß ich nicht mehr. „Devote Frau gesucht“ plus eine eigens angelegte Mailadresse war es wohl. Hab ich einen Alterswunsch angegeben? Keinen Plan, ist ja auch egal, letztendlich. Denn nun war Spannung angesagt. Würde sich überhaupt jemand melden? Mit Kontaktanzeigen hatte ich keinerlei Erfahrung, schien mir eher ein altertümliches und darum wohl eher hoffnungsloses Konzept zu sein. Aber siehe da, es kamen einige Mails rein und eine der  Damen schrieb sofort in einem devoten Dirty Talk, den ich so noch nicht kannte. Sprach mich mit „Herr“ an und derlei mehr. Leider habe ich diesen alten Mail-Account nicht mehr und kann darum auch keine Zitate ausgraben. Aber Fakt war, dass wir eifrig hin und her geschrieben haben. Und ich kann durchaus sagen, dass sie es verstand, mich mit puren Worten durchaus heiß auf ein reales Treffen zu machen.

Outfit? Du wirst zufrieden sein!

Jaja, die W-Fragen: Wann, wo und überhaupt. Sie kam aus der Nähe von Nürnberg und so orderte ich (als damals Würzburger) ein Zimmer in einem Motel im Dettelbacher Industriepark, nicht ganz auf halber Strecke, aber in Geiselwind war nichts mehr frei. Wir hatten über Outfit zu diesem Date geschrieben und sie versicherte mir, ich werde zufrieden sein. Die Spannung stieg. Und das Motel machte es nicht unspannender, denn es war komplett frei von menschlichem Personal. EC-Karte, Reservierungsnummer, Schlüssel fällt raus und ab dafür – auch das eine Premiere, kannte ich so bislang nicht. Also raus aufs Zimmer, ganz schön beengt fand ich es da drin, aber ich legte mein Starter-Kit auf dem immerhin vorhandenen Tisch aus und harrte der unbekannten Dame, die da auftauchen würde. Ging raus vors Haus rauchen, sie abpassen, weil eine Klingel fürs Zimmer gab es schlicht nicht.

Nicht wirklich mein Fetisch

Schließlich – ein Auto mit Nürnberger Kennzeichen parkt, eine Frau steigt aus. Etwa in meinem Alter, schlank, nicht hässlich, aber auch keine Schönheit. Uff – noch mal gut gegangen! Wir hatten per Mail keine Bilder ausgetauscht und so hätte ja auch eine veritable Mischung aus Kingkong und Godzilla diesem Opel Corsa entsteigen können. Sie holt eine Tasche aus dem Kofferraum und dann begleite ich sie zum Zimmer, wo sie sich sofort ins WC verabschiedet. „Umziehen“, lautet ihr geraunter Kommentar und ich harre der Dinge, die nun kommen mögen. Wenige Minuten später tritt sie aus dem Bad und hat sich in ein Schulmädchen verwandelt! So mit Kleidchen und langen Socken und Zöpfen. Uff! Nicht wirklich mein Fetisch, aber es gelingt mir, dass mein Unterkiefer nicht nach unten klappt. Das Schulmädchen tänzelt zum Tisch, mustert mein Starter-Kit mit mildem Blick und sagt belustigt: „Da hab ich was Besseres!“ Aus ihrer Tasche – holte sie einen Rohrstock hervor …

Ein stiller Schwur

Nun – ich will ja hier keinen Porno schreiben, warum auch? Das Netz ist voll davon und jeder, der sich so was anschauen möchte, wird schnell und mit Sicherheit fündig. Eine andere Geschichte ist es, selbst in so einer Situation zu sein. Eine Frau schlagen? Und auch noch mit so einem brutalen Werkzeug? Für mich normalerweise ein absolutes NoGo, aber wie Frau Merkel sagen würde: „Nun sind Sie nun mal hier.“ Also kam ich ihr – auf inständiges Bitten – entgegen. Sie wollte das. Sie erzählte mir, sie sei Direktorin eines Internats. Und ja – wir kamen beide auf unsere Kosten. Wenn auch meinerseits mit dem stillen Schwur, so etwas nie wieder zu tun. Danach gingen wir rüber ins BurgerKing – ehrlich gesagt, ich habe meinen Burger nur unter Mühe runter gekriegt. Wir redeten, verabschiedeten uns dann und schrieben noch eine Weile miteinander. Sie verlor den Job im Internat und brach zu einer Wanderung in die Blue Mountains auf. Danach habe ich nie wieder von ihr gehört, aber um Rohrstöcke seither einen großen Bogen gemacht.

*Wikipedia: „Sammelbezeichnung für eine Gruppe miteinander verwandter sexueller Vorlieben, die oft unschärfer als Sadomasochismus bezeichnet werden.“

Ich hab‘s ja schon erzählt, muss es aber an dieser Stelle doch noch mal erwähnen. Meine sexuelle Aufklärung kam ursprünglich von Dr. Sommer und Dr. Korff aus der „Bravo“, und diesem Umstand ist es auch zu verdanken, dass ich vom Phänomen der weiblichen Ejakulation – im Porno-Umfeld auch Squirting genannt – lange Zeit nichts wusste. Bis zu jenem Tag, an dem mich im wahrsten Sinne des Wortes eine Welle der Erkenntnis traf. Was war passiert? Ich hatte eine Frau kennen gelernt – bei einem BDSM-Stammtisch im Übrigen, aber dazu an anderer Stelle mehr – und sie kam mich besuchen. Also Kaffee gemacht, wir sitzen auf dem Balkon und unterhalten uns. Dass beiderseits ein sexuelles Interesse bestand, war schon am ersten Abend klar geworden und so verwunderte es nicht, dass wir nach einer Weile in einer innigen Umarmung gefangen waren – mit forschenden Fingern unterwegs zu den edleren Teilen dieses neuen, noch fremden Körpers.

Sturmflut auf dem Balkon

Die Lust kochte hoch und ziemlich schnell war ich mit einem Phänomen konfrontiert, das ich schlicht nicht kannte: Ihre Jeans (die hatte sie immer noch an) wurde feucht, und damit meine ich nicht einen kleinen Fleck an der altbekannten Stelle, sondern am gesamten Unterleib, bis runter zu den Knien. Feucht ist untertrieben, es war pitschnass und natürlich war mein erster Gedanke, sie könnte sich in die Hose gepinkelt haben. Dem war aber nicht so, der strenge, urintypische Geruch war schlicht nicht wahrnehmbar. Ich gebe zu: Diese Sturmflut mir unbekannter Ursache raubte mir die Lust nahezu schlagartig. Außerdem galt es, ganz praktische Aufgaben zu lösen: Denn diese Jeans würde sicher erst am nächsten Tag trocken sein und sie musste noch mit dem Bus relativ zeitnah nach Hause – wegen ihrer Kinder. Also habe ich ihr eine Hose und Unterwäsche geliehen und sie entschwand.

Derlei Feuchtgebiete brauche ich gar nicht

Der Anlass unseres dritten Treffens war dann vordergründig die Abholung jener mittlerweile getrockneten Jeans. Und diesmal verzichteten wir auf ein Vorspiel auf dem Balkon und gingen gleich ins Bett. Ich Depp: Hätte ich mal ordentlich über das Geschehen beim letzten Treffen nachgedacht, dann hätte ich wenigstens einen dieser plastikbeschichteten Matratzenschoner besorgt, wie sie in Seniorenheimen Verwendung finden. So gab es wilden Sex ohne Schonung meiner Matratze. Sie kam drei Mal, immer wieder mit einer großen Portion dieser unbekannten Flüssigkeit, die meine Matratze aufsaugte wie ein Lebenselixier. Und ja, bis das wieder trocken war, habe ich drei Tage lang auf meinem Sofa genächtigt – derlei Feuchtgebiete brauche ich gar nicht. Als ich zu dieser Zeit einer sehr guten Freundin mein Leid klagte und von den Geschehnissen berichtete, erhielt ich die Information, dass es sich hierbei um das so genannte Squirting handle – ich solle doch mal auf Wikipedia nachschlagen.

Mysteriöser weiterer Forschungsbedarf

Das tat ich denn auch in meinen Tagen auf dem Sofa, derweil ich wehmütig zu meiner Matratze hinüberschielte, die sich im Trocknungsprozess befand – wenigstens war damals Sommer! Und ich lernte dazu, denn: „Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen handelt es sich bei weiblicher Ejakulation und Squirting im Grunde um zwei verschiedene Vorgänge, die allerdings gleichzeitig während eines Orgasmus auftreten können. Squirting allein meint ein stoßweises Ausspritzen der in der Blase befindlichen Flüssigkeit, die Eigenschaften verdünnten Urins aufweist. Dieser Prozess ereignet sich während des Orgasmus.“ Und mysteriös wurde es auch, denn es bestehe „weiterer Forschungsbedarf unter anderem hinsichtlich der genauen Zusammensetzung des Ejakulats, des genauen anatomischen und physiologischen Entstehungsorts sowie der Vorgänge, die zum Auslösen der Ejakulation führen.“ Und das im 21. Jahrhundert? Immerhin gehen die Schätzungen um die Häufigkeit dieses Phänomens weit auseinander. In den 1960er Jahren ging man von einem Prozentsatz von 4,7 % der Frauen aus. Neuere Studien vermuten hingegen einen deutlich höheren Prozentsatz von bis zu 54 %. Das halte ich – mit Verlaub – für Unsinn. Zumindest in meinem Leben bin ich nur ein weiteres Mal einer Frau im Bett begegnet, die derlei phantastische Mengen an Flüssigkeit ausstieß. Blöd, dass das in den Tropen passierte und Matratzen dort nicht trocknen – ich musste das Hotel wechseln.

Da macht dein Gegenüber den Mund auf, spricht zu dir und es haut dich einfach um! Das kennen viele von uns – oder? Dazu muss gar nichts sonderlich Intelligentes oder gar Laszives gesagt worden sein. Da reicht oft schon etwas Banales wie „Ganz schön laut hier“ oder „Kannst du mir sagen, wie spät es ist“? Woher kommt das? Und wohin führt das? Und überhaupt widerspricht so eine Erfahrung doch fundamental der Mainstream-Wahrnehmung in einer optisch gesteuerten Welt. Ja klar, bei einem Musiker oder einer Musikerin, da darf einem bei ner sexy Stimme schon mal die Gänsehaut den Rücken runterlaufen. Aber einfach so im Alltag? Beim Metzger an der Theke? Ich: „Ein paar Bratwürste bitte!“ Die Metzgereifachverkäuferin: „Mit Bärlauch oder ohne?“ Plötzlich siehst du sie für Sekundenbruchteile nackt. Das, was unter der Plastikschürze, die vor dem Verspritzen von Fleischabfällen schützen sollte, zu sehen ist. Das nennt man auditive Wahrnehmung und hat Geschwister: Nämlich die optische und die haptische Wahrnehmung – aber dazu später.

Reality-Check

In der Echtweltmetzgerei wirst du natürlich sagen „Bitte die ohne Bärlauch“ oder was auch immer. Die Fleischschürze der Dame wird wieder intransparent, du legst das Wurstpäckchen in deinen Einkaufswagen und irgendwann einer Kassiererin aufs Band, die vermutlich kein Wort mit dir wechselt. Aber jenseits der Metzgertheke sieht das oft anders aus. Meine Exfrau zum Beispiel: Als die Kinder klein waren,  liebte sie es, mit mir zu nachts zu telefonieren – so von Stockwerk zu Stockwerk – sie schon im Bett, ich noch am Selbstausbeutungs-Freiberufler-Schreibtisch. All das, was am Tage geschehen war, konnte nun in Ruhe besprochen werden und ja – sie stand auf meine Stimme! Was gelegentlich in heißen Elternsex mündete. Und das war gut so.

Das erste, was du hörst …

Nicht anders verhält es sich auf Dating-Portalen. Schreibsel, schreibsel, laber, laber – bis irgendwann eine Seite vorschlägt, zu telefonieren und sogar die – nunmehr Stalking-gefährdete – Handynummer preiszugeben. Oder die Festnetznummer, man weiß nicht, was letztlich schlimmer ist. Ich kenne tatsächlich Leute, die hierzu ein Prepaid-Handy in Reserve haben, aber das ist eine andere Geschichte. Fakt ist: So wie es einen „Blink!“ bei optischer Wahrnehmung gibt, so gibt es genauso einen Wow-Effekt, wenn du dein Geschreibsel-Gegenüber am anderen Ende der Leitung hörst! Aus dem Stimmklang schwingt unglaublich viel rüber, vieles auch, was Optik verbergen mag, die Stimme aber nicht: Optimismus, Frechheit, Paarungsbereitschaft. Resignation, Vorsicht, Schüchternheit. Und so vieles mehr. Wenn du deinen Ohren traust, dann ahnst du normalerweise nach ein paar Minuten, wer da ins Mikrofon spricht oder da lauscht.

Mit Dirty Talk zur erfüllteren Partnerschaft

Ich persönlich habe eigentlich überwiegend positive Resonanz auf die Resonanz meiner Stimme bekommen. Sollte ich deswegen in einem Call-Center arbeiten? Nein – die zahlen zu schlecht und wissen gute Stimmen nicht zu schätzen. Aber was ich zum Thema „Dirty Talk“ noch sagen will: Probiert es aus! Viele unausgesprochene Wünsche gehen im Bett leichter über die Lippen als bei anderen Gelegenheiten und so können Wege hin zu einer erfüllteren Partnerschaft eingeschlagen werden, die sonst nicht so ohne weiteres gangbar wären. Ende? Oh! Ich habe die Haptik vergessen – dazu ein Beitrag an anderer Stelle. Sprecht miteinander, so viel es geht …

Also was spontanen, ungeschützten Sex angeht, so gehöre ich zu der Generation, die da so richtig die Arschkarte gezogen hatte. Ich spreche natürlich von Aids, das vom „Center for Disease Control (CDC)“ am 1. Dezember 1981 als eigenständige Krankheit erkannt wurde. Fuck! Da war ich 15 und durchaus willens, aber noch nicht in der sozialen Position, zu einem reichhaltig-abwechslungsreichen Sexualleben. Um ganz offen zu sein: Zu mehr als Zungenküssen und ein bisserl Petting reichte es damals nicht. Bis sich das dann so nach und nach änderte, änderte sich auch einiges in Sachen Aids: Erste Prominente starben daran, die Presse beschrieb immer schriller, wie sehr die Seuche nun auch ins Mainstreammilieu der Heterosexuellen hineingeschwappt sei und dergleichen mehr.

Aids: Was macht das mit dir?

Mitte der achtziger Jahre war es endlich so weit: Die Pickel der Pubertät waren verheilt, die schlimmsten Auswirkungen der ersten Verkopfung (Sie: Wollen wir mal wieder ausgehen? Ich: Wovon?) waren überstanden, das erste Auto stand bereit und da draußen lockte eine Welt voll von attraktiven Frauen, die es kennenzulernen galt. Und natürlich gerne mehr als kennenlernen, gerne Sex, gerne im Sechserpack, möglichst viel davon. Jaja, die Hormone halt und vor allem dieses überschäumende Testosteron. Blöd, wenn dann nächtens, wenn die Tore deines weiblichen Gegenübers weit offenzustehen scheinen, dein innerer Zensor auf den Plan tritt: „Hast du Kondome dabei?“, grollt er und „Nein, hast du nicht. Warum nicht?“ „Vielleicht, weil ich einfach nur tanzen gegangen bin und …“ wage ich zu antworten und werde eingeschüchtert: „Wenn du jetzt mit dieser Frau schläfst, dann kann das dein Todesurteil sein“, stellt der Zensor grimmig und mit einer gewissen Zufriedenheit fest. Und in der Realität gingen damals allzu oft Tore, die gerade noch offen schienen, ganz schnell wieder zu. Das ging uns nahezu allen so, ob Mann oder Frau.

Plastiktüte überm Kopf

Und natürlich war ich nicht der Einzige, der versuchte, das mit den Präsern zu beherzigen. Wie viele Sorten habe ich ausprobiert? Mehr als zehn, schätze ich und das Ergebnis war bei jeder Variante das Gleiche: Ziehe ich meinem besten Stück eine Gummi-Tüte über den Kopf, dann gruselt „Er“ sich. Warum? Keine Ahnung? Vielleicht „sieht“ Er nichts mehr oder die Hautatmung wird unterbrochen oder was weiß ich. Ich will hier nicht zu sehr ins Detail gehen, aber Fakt war und ist, dass Er das nicht abkann und in 90 Prozent der Versuche mit einer Erektionsstörung reagierte und in den restlichen zehn Prozent schlicht nicht kam. Verstehen kann ich das; wenn mir jemand vor dem Sex eine Plastiktüte über den Kopf zöge, wäre ich auch unlustig.

Shit happens

Also bin ich ins Risiko gegangen. Scheiß auf den Zensor, man lebt nur einmal, „live fast, die young“ und so. Bis dann mal eine Dame dabei war, von der ich erst später erfuhr, dass sie Heroin spritzt. Und da hatte mich der Zensor wieder an den Eiern. „Du musst dich testen lassen!“ plärrte er tagaus, tagein. Bei einem Kaffee mit einer Journalistenkollegin erzählte ich ihr von meinem Dilemma und oha! Anstatt mich für meine Unvorsichtigkeit zu maßregeln (was heute im Sinne der unsäglichen „political correctness“ wohl unvermeidlich gewesen wäre), offenbarte sie mir, dass es ihr ganz ähnlich ging. Auch eine Nacht mit einem dubiosen Mann, willkommen! In der Paranoia-Zelle ist es zu zweit doch gleich viel kuschliger. Was soll ich sagen? Wir sprachen häufiger darüber und irgendwann, beschlossen wir, zum Test zu gehen.

Positiv: Aids-Test negativ

Der „Test“ war damals noch verbindlich im Gesundheitsamt und ich weiß heute noch, wie strange das auf den Wartebänken vor dem Untersuchungszimmer war. Jeder beäugte jeden. Junkie? Stricher? Homo? Die Augen der Wartenden flitzten suchend hin und her. Sedativa für die Augen in Form von Smartphones gab es ja damals noch nicht.

Eine Woche später – ja, so lange dauerte das damals, bis man die Wahrheit erfuhr, waren meine Kollegin und ich dann wieder vor Ort. Erst sie, dann ich – beide HIV-negativ. Das fanden wir positiv. Boah, waren wir erleichtert! Wir kauften an der Tanke eine Flasche Sekt und gingen zu mir – ich wohnte nicht weit weg vom Gesundheitsamt. Gläser klirrten, später schwirrten – Pheromone durch die Luft. Wir schliefen miteinander, es konnte ja nichts Schlimmes passieren. Es blieb bei diesem einen Mal. Und wir sind heute noch gut befreundet.

 

 

Fremde Welten, neue Zivilisationen? Beim Online-Dating kein Problem. Wer in die Welt der Dating-Portale eintaucht, muss nicht erst das Raumschiff Enterprise besteigen, um derlei zu erleben. Beispiel gefällig? Ich hatte mich auf so einer Plattform angemeldet, obwohl ich damals gar nicht wirklich auf der Suche war, sondern weil ein Freund von mir sie über den grünen Klee gelobt hatte. Also Profil erstellt, mal ein, zwei Tage umgesehen und fast schon wieder vergessen, als die Interessensbekundung einer Frau in mein dort hinterlegtes E-Mail-Postfach flatterte. Das machte mich dann doch neugierig, denn im virtuellen Raum ist es ähnlich, wie im realen Leben: Frauen erwarten, dass die Männlein den ersten Schritt tun. Wir hatten erst ein paar Sätze hin und her geschrieben, als sie bereits vorschlug, die Unterhaltung doch lieber auf What’s App fortzusetzen. Das fand ich recht ungewöhnlich, da die Damen dieser Welt ihre heilige Handynummer normalerweise nicht so ohne weiteres – und vor allem nicht so schnell – herausrücken.

Mit Neugier in die nächste Online-Dating-Runde

Also Handynummern getauscht (ich hatte sie vorher nach einem Bild von ihr gefragt) und vom Rechner zum Mobiltelefon gewechselt. Als erstes kam ein Bild, und dieses erste Bild ist ja normalerweise in derlei Portalen eher eines der braven Art: Ich und mein Hund, meine Katze, meine Geranie und dergleichen. Aber holla die Waldfee, dieses hier war ganz anderer Natur: Sie, knieend auf dem Fußboden, in einen grauen Satin-Hausanzug gehüllt, der nach vorne hin großzügig aufgeknüpft war und das Panorama ihrer üppigen, in ein schwarzes Stick-Bustier gehüllten Brüste offenbarte. Dazu ein, das Gesicht verhüllender, schulterlanger Seitenscheitel. Wahrlich nicht hässlich in jedem Fall, aber natürlich in meiner persönlichen Altersliga, also mindestens Ü40. Danach erstmal Austausch von Wortflüssigkeiten, wirklich interessant wurde es dann wieder, als ich sie nach ihrem Job gefragt habe (sie hatte geklagt, dass sie abends immer total ausgebrannt sei).

Online-Dating mit Parteiverkehr

Sozialamt“, kam die Antwort und sogleich ein Lockruf: „Manchmal geht’s auch unter der Woche, wenn ich weiß, dass ich keinen Parteiverkehr habe am nächsten Tag.“ Unterkiefer unten. Lag am für mich doch selten erlauschten Wörtlein „Parteiverkehr“ und auch der Begriff „Sozialamt“ ruft in mir stets leicht kafkaeske Assoziationen hervor. „Arbeitest du denn gerade?“ fragte ich – es war circa 12.30 Uhr. „Klar“ kam die fröhliche Antwort und dann ganz schnell hinterher: „Und was beim Sex fehlt dir denn? Und hast du das mit dem Belohnen auch verstanden?“ Ich, leicht verständnislos: „Wie meinst du das denn mit dem Belohnen?“ Da kam dann ein ziemlich langer Post, unter anderem mit der Message „Das Besuchbare und die Diskretion werden mit TG belohnt“. Und recht schnell und konsequent hinterher: „Wenn du damit ein Problem hast, dann sag’s gleich, bevor wir weiter schreiben!“ TG? Meine Gedanken rasten, hatte das Kürzel eigentlich eher mit Trans-Gender verknüpft, also irgendwas mit Geschlechtsumwandlungen. Dann fiel im wahrsten Sinne des Wortes der Groschen.

TG steht nicht für Transgender

Ich schrieb: „TG ist Taschengeld? Was stellst du dir denn da so vor?“ Sie: „Lass dir was einfallen!“ Meine immer noch unschuldige Antwort: „Ich fände Geschenke schöner, weil sie mehr Kreativität erfordern“ (Sonnenbrillensmiley). Aber nun machte sie mir klar, dass es hier nicht um Kreativität ging, sondern um essentielles – für eine gestresste Staatsangestellte. Ich will ihre Begründung nicht komplett wiedergeben, aber einige Auszüge ließen tief blicken: „Du kannst gerne zu meiner Kosmetikerin fahren und dort Gutscheine holen.“ Oder: „Gehe einmal die Woche zum Massieren, weil ich das jobtechnisch brauche.“ Ich antwortete ihr umgehend, dass das nicht mein Ding ist. Hatte aber ne halbe Stunde später eine Idee und fragte sie, ob sie mir – als Journalist – ein anonymes Interview zu ihrer Lebensweise geben mag. Die Antwort war schroff: „Auf keinen Fall, ich arbeite ja für die Politik!“

Für mich tun sich da echt Abgründe auf. Tagsüber Hartz4-Empfänger sanktionieren und sich in der Freizeit prostituieren für Kosmetik und Massage? Diese Welt geht echt den Bach runter …

 

Ein neues Jahr und da fange ich gleich mit einer alten Geschichte an? Ja, warum nicht? Wenn sie denn Bedeutung hat, sollte das legitim sein. Die Rede ist von einer Beziehung, die ich mit Mitte 20 führte. Das war alles andere als einfach. Ich hatte damals gerade erst „Betty Blue“ von „Phillipe Djian“ gelesen und dann brauste „meine Betty“ wie ein Orkan in mein Leben. Ich war so richtig hin und weg am Anfang, träumte im tiefen Inneren meines Stammhirns bereits von der Weitergabe meiner Gene. Ihr wisst schon, das volle Brett eben. Die ganz große Euphorie legte sich allerdings relativ schnell. Warum? „Betty“ war magersüchtig und auch noch Vegetarierin. Eine Spezies, der ich in dieser Kombination bislang nicht begegnet war, und so begann ich mich darauf einzustellen. Will heißen, dass ich fürderhin ebenfalls auf Fleisch verzichtete; dass ich das Kochen – unter anderen Bedingungen als „Bratwurst oder Steak in die Pfanne oder auf den Grill“ – neu erlernen musste. Das klappte zunächst ganz gut. Sie konnte ihr Gewicht halten, nahm gelegentlich sogar ein wenig zu.

Treue, die erste: freiwillige Kerkerhaft?

Bis zu ihrem Griechenlandurlaub (ihr Abi war geschafft). Sie flog mit einer Freundin dorthin, die auch nicht gerade viel Fleisch auf den Rippen hatte. Bei ihrer Abreise dachte ich mir nicht viel dabei, sollen sie möglichst viel Spaß haben und gut ist‘s. Als sie nach zwei Wochen wiederkam, traute ich meinen Augen kaum. Der Graf von Monte Christo hätte nach jahrelanger Kerkerhaft im Vergleich zu meiner „Betty“ wie das blühende Leben ausgesehen: 42 Kilo auf 1,78 Meter? Das war der Hammer. Ideen über Kinder erloschen in meinem Stammhirn, wie eine LED-Lichterkette, die vom Netz genommen wird. Ich hatte zu dieser Zeit einen Job als Werbetexter in einer Heilbronner Agentur. Probezeit fast durch, das hätte was Längerfristiges werden können, aber natürlich habe ich gekündigt. Vollzeit in Würzburg, kochen und füttern, was das Zeug hält – die stirbt mir sonst weg, war die nur allzu begründete Angst. Ich will’s mal so sagen: Das hat auch geklappt – Gewichtszunahme, dann ein fantastischer Urlaub – sechs Wochen im Haus ihrer Eltern in der Toskana, noch zwei Wochen Korfu hintendran. Alles schien gut zu werden.  Bis zur Hochzeit ihrer kleinen Schwester.

Treue, die zweite: blind für die Gefahr

Bis zu diesem Zeitpunkt war ich – was Untreue angeht – weitgehend unerfahren: Schluss machen, dann was Neues anfangen, das kannte ich als „Opfer“ und als „Täter“ zur Genüge. Oder ich war in der Vergangenheit einfach zu blind gewesen, um diverse Vorzeichen zu erkennen. Und mit Blindheit sind wir auch beim Stichwort: Diese Hochzeit war der Wahnsinn. Aus welchem Loch er auch immer geschlüpft war: Ein gutaussehender australischer Maler machte unsere Bekanntschaft. Ich fand ihn nett und wie es für mich ganz normal ist, schwirrte ich mal hier und mal dahin übers Hochzeitsfest. Halli, hallo, huhu – Zwilling halt. Okay, ein bisserl zweifelnd wurde ich, als ich meine „Betty“ und den Herren aus „Down Under“ tête-à-tête in einer Gartenschaukel sitzen sah. Aber wie es eben so ist: Oh – ein Eichhörnchen, holla ein Schmetterling – das Fest ging weiter, bis sich die ältere Generation in ihre Eigenheime verabschiedete. Der Rest verlagerte den Mittelpunkt der abendlichen Aktivitäten in einen Keller-Club, der auch für seinen labyrinthischen Grundriss bekannt ist. Was soll ich sagen? Ich habe viel getanzt, den ganzen Tag über viel getrunken – so um drei Uhr morgens war ich einfach müde und bin nach Hause gelaufen, das war damals nicht weit. Noch ein Küsschen für „Betty“, ein Shakehands mit dem Maler, einen Hug mit „Bettys“ kleinem Bruder und weg war ich.

Treue, die dritte: Showdown

Nächster Morgen – okay, es war eher früher Nachmittag. Der kleine Bruder ruft mich an. Festnetz, natürlich – Handy gab es damals nur für Millionäre. Grabesstimme: „Meine Schwester hat ihn mit zu sich nach Hause genommen.“ „Wen noch mal?“ Ah ja, da war was – dunkel brauten sich die Erinnerungswolken in meinem Kopf zusammen. Also einen Kaffee gekocht, ins Auto gestiegen und zu ihr gefahren. Geklingelt. Noch mal geklingelt. „Er“ war schon weg. Ich frage: „Hast du mit ihm geschlafen“? Sie, noch völlig zerknautscht: „Nö, hab ich nicht“! Aber im weiteren Gespräch offenbarte sie mir dann doch die Wahrheit. Eine Wahrheit, die ich eigentlich gar nicht wissen wollte, die mich echt ins Mark traf (übrigens: Er hieß Mark): „Wie blind kann man eigentlich sein?“ Ein Satz, der in den Wochen nach unserer Trennung in meinem Hirn rauf und runter lief. Aus heutiger Sicht kann ich nur sagen: Ich habe es gut verkraftet und es ist kein Othello aus mir geworden. Gute Sache: Ich kann immer noch vertrauen.

Alter Schwede! Eigentlich wollte ich diese Woche über was ganz anderes schreiben, aber was die schwedische Regierung da jetzt rausgehauen hat, muss einfach kommentiert werden. Da komm ich nicht drum rum. Was ist passiert? Ich zitiere mal den Focus: „Das schwedische Parlament hat einen Gesetzesvorschlag zur Abwandlung des Tatbestands der Vergewaltigung genehmigt. Das neue „Einverständnis-Gesetz“ besagt demnach, dass ein Mann auch bei einvernehmlichem Sex der Vergewaltigung angeklagt werden kann, wenn er sich zuvor keine eindeutige Einverständnis-Erklärung seiner Partnerin eingeholt hat“.

Neuer Schwung für abgehangene Beziehungen?

Nicht einmal der Postillon hat ein derartiges Gesetz in die Satirewelt gesetzt. Selbst diese oft genialen Freaks haben nicht kommen sehen, dass eine europäische Regierung so weit gehen würde. Springen wir doch mal ins Schlafzimmer, senden wir live! Tatort: Das Ehebett eines (schwedischen) Paares mittleren Alters, das verflixte siebte Jahr ist rum, die Kinder wurden bereits in früheren Beziehungen gezeugt. Der Thrill im Bett ist längst um die Ecke, aber „Es“ muss ja gelegentlich getan werden, so bislang der Konsens. Wer dann anfängt, war früher auch wurscht; wer halt gerade rollig ist, so das ungeschriebene Gesetz und damit fuhren sie bislang auch ganz gut. Man macht halt netterweise einfach mit, wenn es dem anderen gerade wichtig ist. Und wenn keine martialischen Hürden wie etwa ein frischer Bandscheibenvorfall oder eine Migräne dagegen sprechen. Das funktionierte, war vielleicht gelegentlich langweilig, aber jetzt ist ja das neue Gesetz da! Das Einverständnis-Gesetz! Da kommt doch endlich mal bürokratischer Schwung in die 140-mal-90-cm-Bude.

Abreißformulare? Diktiergerät? Oder gleich ne Kamera?

Zoom in: Es ist morgens, circa 5.30 Uhr, er erwacht aus einem Traum, den er schon wieder vergessen hat. Und er hat ein großes Ding in seinen Händen, die gute alte Morgenlatte eben und es wäre doch Verschwendung, oder? Also heranrobben an sie, tausend Mal passiert, nix besonderes, wie immer halt. Es ist eine laue Sommernacht, sie schläft unten ohne, einfach nur ganz sanft den Eingang finden und dann …

… fällt ihm ein, dass es ja jetzt das Einverständnis-Gesetz gibt. Wenn er es so macht, wie die Bisamratte an seinem Unterleib es vorgibt, riskiert er ja seine Existenz! Noch Jahre später, womöglich nach einer unschönen Trennung, wird sie ihn dafür verklagen können. Hätten sie doch vorgesorgt! Ein Abreißformular am Nachtschränkchen, das sie – wenngleich noch schlaftrunken – einfach nur unterschreiben muss. Oder die Diktiergerät-Funktion am Handy vielleicht? Ein vorformuliertes Sprachprotokoll, sie muss nur „Ja, ich will“ und das Datum sagen und alles ist geritzt? Oder gleich ne Kamera und wir reden ganz offen drüber? Ob all dieser Gedanken verabschiedet sich die Morgenlatte und während des Gangs zur Toilette nimmt er sich fest vor, beim nächsten besser vorbereitet zu sein. Zoom out – schöne neue Welt.

Ab wann ist eine Frau definitiv zu alt für einen Mann? Auf diese Frage gibt es ebenso wenig eine Antwort, wie auf deren Umkehrung: Ab wann ist ein gestandener junger Mann für eine Dame fortgeschrittenen Alters nicht mehr akzeptabel? Klar ist ja auch, dass es – gerade in der Literatur und im Film-Genre – oft auch um die diesbezüglichen krassen Abweichungen von der Mainstreamdenke geht. Gerne werfe ich hier auch ein paar subjektive Betrachtungen mit in den Teich: Happs, Happs, Happs – so werden Vorurteile zementiert. Fangen wir doch mal an mit dem Teenie, der ich einst war. Frauen über 40 waren damals für mich Omas. Ich war mitnichten in der Lage zu unterscheiden, ob sie in der Straßenbahn einen Sitzplatz benötigten oder sich gar in ihrem inneren Kern das Feuer bewahrt hatten, einen Jungspund wie mich zuzureiten. Als potenzielle Partner für Geschlechtsverkehr existierten sie für mich damals schlichtweg nicht.

Ein Kuss auf der Treppe

Das änderte sich wenige Jahre später. Ich war Anfang zwanzig, Juniortexter in einer angesagten Werbeagentur, und mein Gegenüber am Schreibtisch eine attraktive Dame Anfang vierzig. Es war die Zeit, als noch nicht auf jedem Schreibtisch ein Rechner stand. Vielmehr sprach ich meine Texte in ein Diktiergerät, und jene mir an Lebenserfahrung und Weisheit weit überlegene Frau hatte zusätzlich zu ihren Pflichten als Kontakterin die Aufgabe, diese meine Worte per Schreibmaschine ins geschriebene Wort zu übertragen. Dann war da dieser Betriebsausflug an den Schliersee. Der erste Abend ein Fest der Verbrüderung zwischen den Chefs und den Angestellten. Heute gar nicht mehr vorstellbar. Es wurde geraucht und gekifft, gelacht und gesoffen. Und geknutscht: Meine Vierzigjährige, gestandene Mutter eines Sohnes im Teeniealter und ich hatten uns die Treppe eines dunklen Seitenaufgangs ausgesucht. Ich durfte erstaunt registrieren, dass ihre Lippen nicht im Mindesten schlechter mundeten, als die einer Gleichaltrigen. Im Gegenteil: Ein Hauch von reifer Süße schwang darin mit, so wie das Weinkenner von edlen Tropfen kennen. Natürlich war sie es, die einer Fortsetzung dieser Liason in der Zukunft einen energischen Riegel vorschob und damit auf viele Jahre unsere Freundschaft erhielt. Aber es war auch kein Zufall, dass ich nur wenige Monate später in Beziehung mit einer Enddreißigerin war. Das Aroma des reifen Weins hatte mich wohl getriggert und dazu gehörte dann auch Balkonsex auf der Waschmaschine in Sichtweite unserer Agentur … – etwas, worauf sich Mädels meines Alters wohl eher nicht eingelassen hätten.

Vom Jäger zur Beute?

Wie ich überhaupt auf diese uralten Geschichten komme? Nun, ich weile seit einigen Tagen in Agadir, einem touristischen Hotspot im südlichen Marokko. Jetzt, im Dezember (ich war hier noch nie zuvor), scheint dies auch ein mildklimatisches Refugium wohlhabender Damen vorzugsweise französischer Provinienz zu sein. Sie scheinen es zu mögen, dass ich französisch spreche. Ich kann nicht in ihre Köpfe sehen. Vermutlich haben sie ihre jetzt verstorbenen Exmänner mit kalorienreicher Kost und reichlich Wein frühzeitig zu Tode gebracht. Aber ich kann die Blicke und das Lächeln dieser zumeist über Sechzigjährigen deuten und da ist eine Botschaft: „Komm her Frischling! Ich reite dich zu!“

Menstruationsbeschwerden – mein erster praxisbezogener Kontakt mit diesem Begriff erfolgte in der 11. Klasse. Ich hatte herausgefunden, dass der dritte Direktor (der sinnigerweise auch noch Michel hieß) bereitwillig Krankmeldungen abzeichnete. Bei meinen ersten Versuchen mit den üblichen Beschwerden wie Kopf- oder Bauchschmerzen stellte ich fest, dass Direktor Michel überhaupt nicht durchzulesen schien, was da auf dem Krankmeldungszettel stand. Kühn schrieb ich fürderhin stets „Menstruationsbeschwerden“ auf meine Zettel – ohne jemals Widerspruch zu ernten. Ein kleiner Scherz am Rande meines Pennälerdaseins, aber ein großer Schritt in Richtung Gleichberechtigung der Geschlechter, wie ich aus Sicht der heutigen, gendergeschwängerten Realität anmerken möchte.

Von Primaten und Rüsselspringern

Weniger heiter war meine Wiederbegegnung mit diesem Begriff wenige Jahre später. Zu dieser Zeit hatte ich meine erste feste Beziehung, so richtig mit regelmäßigem Sex, wenn, ja wenn da nicht die „Regel“ gewesen wäre. Denn eine mir bislang unbekannte Regel besagte, dass man während der „Regel“ auf Sex zu verzichten habe. Das fand ich doof. Doch obwohl ich glaubhaft versicherte, dass es mich vor fließendem Lebenssaft und womöglich blutbedecktem Penis nicht gruseln würde,  fand ich kein Gehör. Wusste meine damalige Partnerin mehr als ich? Ich habe sie nicht gefragt, bin aber bei der Recherche zu diesem Text auf einiges in Sachen Menstruation gestoßen, was doch … erstaunlich ist! Wusstet  ihr zum Beispiel, dass die Menstruation nur bei höheren Primaten, darunter dem Menschen, einigen Arten von Fledermäusen und den Rüsselspringern vorkommt? Und bevor jemand fragt: Die Rüsselspringer sind eine Familie der Säugetiere in Afrika, kleine Bodenbewohner, die durch einen großen Kopf mit rüsselartig verlängerter Nase sowie durch einen langen Schwanz und dünne Gliedmaßen charakterisiert sind. Die Hinterbeine übertreffen dabei die Vorderbeine deutlich an Länge. Der Geschlechtsakt dauert in der Regel nur wenige Sekunden; das Männchen vollführt ihn in nahezu aufrechter Position. Wollte das jemand wissen? Viel interessanter ist doch der Fakt, dass die „Regel“ in der Natur eben nicht die Regel ist, sondern vielmehr eine krasse Ausnahme darstellt.

Frau „kann diese Unreinheit auch übertragen“

Das mag auch der Grund sein, warum –  zumindest in der Vergangenheit – die „Tage“ der menschlichen Gesellschaft oftmals suspekt waren. So wurde bis ins 20. Jahrhundert dem Menstruationsblut nachgesagt, es sei giftig und könne Lebensmittel verderben oder zum schnelleren Verderb beitragen. Andererseits sollte es auch magische Kräfte haben und war die Zutat vieler Zauber. Den Vogel schießen in diesem Zusammenhang mal wieder die so genannten Buchreligionen ab: So sah – wie viele andere christliche Gelehrte des Mittelalters auch – Hildegard von Bingen die Menstruation als eine Folge des Sündenfalls. Geht es krasser? Klar: Nach jüdischem Glauben hat im Körper der Frau ein Absterbeprozess stattgefunden. Sie wird deswegen als unrein betrachtet und kann diese Unreinheit auch übertragen.  Wer sie berührt, ist unrein bis zum Abend. Im Islam ist es während der Periode den Ehepartnern nicht erlaubt, miteinander den Geschlechtsakt zu vollziehen. Und während dieser Zeit ist der muslimischen Frau auch das typische rituelle Gebet nicht erlaubt. Wie auch immer – in meinem späteren Leben hatte ich lange Beziehungen mit zwei Frauen, die das Thema „Sex während der Menstruation“ weitaus entspannter sahen. Ich glaube, ich hab auch niemand mit Unreinheit angesteckt. Allerdings gab es doch einen Wermutstropfen: Bei beiden gingen die „Tage“ häufig mit Migräneschüben einher. Doch Migräne ist ein eigenes Thema, dem ich mich andernorts widmen werde. Fertig! Jetzt erst mal eine schöne „Bloody Mary“.