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Lange blickte er noch zum Ausgang der Passage, wohin dieses bezaubernde Wesen entschwunden war. Warum hatte sie sich nicht noch einmal umgedreht? Sie war auf seine Ansprache eingegangen. Es hatte sich ein sehr spannendes, gar unfassbar vertrautes Gespräch, über ihre „Göttlichen Gemetzel“, schließlich über ihrer beider Seelenheimat Sizilien entwickelt. Diese Frau war so ungewöhnlich wie ihre Frisur. Würde er sie noch einmal wiedersehen können? Er hatte ihre goldene Karte. Er würde sie nun über ihre E-Mail-Adresse anschreiben. Am besten zu einem Dinner einladen. Etwas Besonderes würde zu ihr passen. Sie strahlte so ein französisches Flair aus. Er hatte während seines Single-Daseins des Öfteren die Austern im Café de Normandie am Otto-Platz genossen. Zuletzt hatte er dort an einem Sonntagnachmittag seinen „Schwarzen Gürtel“ im Karate-Do gefeiert. Für den hatte er mehrere Jahre trainiert und ihn dann endlich errungen. Da war das Café de Normandie angemessen. Dort wollte er sie am Samstagabend treffen. Gleich am nächsten Tag schrieb er ihr eine Mail und lud sie ein. Dann wartete er mit brennendem Herzen, ob und welche Antwort kommen würde. Nach einer gefühlten Ewigkeit machte es „Bing“. Nachricht von German Wunderwerk! Juhu! Er machte einen Luftsprung! Ganz in Karate-Manier. Ja, sie sagte zu. Große Vorfreude stieg in ihm auf, sie wiederzusehen.

Als er im französischen Café reservieren wollte, sagte man ihm, dass er einfach vorbeikommen solle. „Samstags nehmen wir keine Reservierungen an!“, blaffte der blasierte Kellner. Er entschloss sich, bereits sehr viel früher hinzugehen, um einen Platz zu ersitzen. Als er den Otto-Platz erreichte, hörte er eine Woge von Menschen, die dort den Samstagnachmittag einfeierten. Die „Beautiful People“ (?) of Düsseldorf standen angetrunken in Scharen auf dem Marktplatz. Es herrschte eine aufgeregte Stimmung, fast wie bei einem Fußballspiel. Dabei hatte die Europa-Meisterschaft noch gar nicht angefangen … Die angeheiterte Menge hielt Kunststoffbecher gefüllt mit alkoholischen Getränken in den Händen. Die Atmosphäre glich der der zweiten Düsseldorfer Residenz: des Ballermann auf Malle. Häufig gingen Becher, manchmal gar ein Betrunkener zu Boden. Er nahm Notiz von den trunkenen Partygästen, doch er war vollkommen auf sein Ziel fokussiert. Im Café de Normandie kam er gerade rechtzeitig an, um einen der begehrten Plätze vor dem großen Spiegel an der Rückwand zu ergattern. Mit einer Flasche Wasser wartete er auf sie. Mehrere Stunden. Mit vorfreudigem, allerdings auch bangem Herzen. Würde sie rechtzeitig kommen? Würde sie überhaupt kommen? Die wiederholte Ansprache des Kellners, ob er etwas bestellen wolle, ignorierte er intensiv. „Nein, ich warte.“

Dann sah er sie. Ihre Erscheinung war so außergewöhnlich wie bei ihrer ersten, magischen Begegnung. Mit ihrer Turmfrisur war sie unverkennbar. Er stand auf und winkte wild mit den Armen. Sie sah ihn und kam auf ihn zu. Ihr schönes Gesicht mit den himbeerrot geschminkten Lippen unter den grün-blau-grauen Augen strahlte ihm entgegen. Was für eine Frau! Sie trug ein kurzes grünes Kleid aus italienischer Spitze, das ein wunderbares Dekolleté und ebensolche Schultern freigab. Nein, einen BH trug sie nicht. Dem gegenwärtigen Trend geschuldet oder ihre Eigenart? Ihr straffer Busen lugte frech durch die Spitze. Das fixte ihn an. Die gesamte Komposition wurde abgerundet durch schwarze Spitzenstrümpfe, die ihren festen, wohlgeformten Schenkeln großen Reiz verliehen. Ihre Füße steckten in goldenen High Heels. Ein lebendes Kunstwerk. Neben einer tonnenschweren pinkfarbigen Tasche (sie trug wohl ihr halbes Leben darin?) hielt sie einen fellgefütterten schwarzen Mantel in ihren Händen. Er nahm ihr den Mantel und die schwere Tasche ab und half ihr auf den Platz unter dem Spiegel. Er bedankte sich bei ihr für ihr Kommen und wagte eine flüchtige Umarmung. Sowie drei zarte Küsse auf die Wangen, während deren er ihren wundervollen Geruch wahrnahm. Fürwahr, ein berauschender Duft umgab sie. Es war jene Mischung aus dem Duft ihres Körpers und Shalimar, wie er später erfahren sollte. Schnell einigten sie sich auf Austern und anschließend Fisch. Eine Sorte, die sie, sich outende und bekennende „Eßthätin“, noch nicht kannte. Sie nickte neugierig und ihre grünen Augen strahlten voller Vorfreude auf den Gaumengenuss. Muscadet dazu gefiel ihr. Er versuchte ihr zu erläutern, wie er Austern am liebsten verspeiste. Nach der Auster mit einem kräftigen Schluck Vin Blanc. Aber er merkte, dass es angesichts der Geräuschkulisse schwierig werden würde, zu ihr durchzudringen. Auch ließ es der Service am allernotwendigsten mangeln. Es war wie auf der Oberkassler Kirmes: Laut, voll und absolut unentspannt. So fühlte auch er sich und fuhr sich ständig durch die kurzen weißen Haare, während sie ihn schelmisch beobachtend anlächelte mit einer Nonchalance, die ihn an Mona Lisa erinnerte. Nachdem endlich die Austern eintrafen, musste er dem Kellner noch Messer und Teller abringen. Quelle Malheur, obwohl die Austern ja sowieso geschlürft wurden … Ein sinnlicher Akt, den sie nun beide genossen.

Inzwischen hatte ein junges Paar neben ihnen Platz genommen. Der junge Mann tat seine Abneigung gegen Austern laut kund, was seine Partnerin verärgerte. Auch interessierte er sich mehr für die aufmerksamkeit-erweckende, attraktive Frau in Grün mit der barocken Turmfrisur als für seine Partnerin, so dass beide das auffällige Paar an ihrer Seite sehr aufmerksam beobachteten. Diese ungefragte Aufmerksamkeit der Tischnachbarn verstärkte seinen Stress zusätzlich zum Lärm im Hintergrund. Sie wollte wissen, was er beruflich mache. Er erklärte, dass er mit Wasserstoff zu tun habe, so dass er ihr das anstehende Projekt erläutern wollte. Himmel hilf. Er ging wissenschaftlich und leidenschaftlich in Details, die bei diesem Lärm und für ein erstes Date völlig unpassend waren. Ihre grünen Augen wanderten gen Decke. Dieser Mann war ein wundersamer Nerd und definitiv Date-unerfahren. Dennoch: Sie mochte ihn und fühlte eine starke Verbundenheit mit seiner Seele! Sie hörte mit großem Ernst zu und fragte zurück. Leider verstand auch er nur Fetzen, so dass er versuchte, aus den Fetzen ihre ursprünglichen Fragen zu rekonstruieren. Er erkannte, dass er den Ort für ein erstes Date nicht schlechter hätte wählen können. Und doch lief es ganz gut. Sie war geduldig mit ihm. Sogar liebevoll? Er erkannte es am Glanz ihrer Augen, die so wahrhaftig und wirklich in diesem wunderbaren Smaragdgrün blitzten. Gleichzeitig blickte sie ihm so intensiv in die Augen, als ob sie die Fenster zu seiner Seele öffnen würde. Sie bemerkte, dass seine Augen einen schönen bernsteinfarbenen Glanz hatten. Er fühlte, dass sein Gesicht blutrot wurde. Es lag Zärtlichkeit in der Luft. Sinnlichkeit. Gar Erotik. Nach einigen weiteren Scharmützeln mit dem Kellner und einem dann doch halbwegs gelungenen Dinner mit eisgekühltem Muscadet sowie einem geteilten Dessert – selbstverständlich Crème brulée, von der sie allerdings nur einen Anstandslöffel nahm (die Lady achtete auf ihre bella figura) –, durften die beiden diesen Ort verlassen. Was nun? Er nahm ihren Mantel und schlug ihr vor, zunächst einmal bis zur Kö zu laufen. Da gäbe es einen Taxistand. Sie blickte wenig begeistert und hielt ihre High Heels hoch. Er begriff, dass ihre schicken Stilettos wenig für einen solchen „Fußmarsch“ geeignet waren. Das Café de Normandie empfahl ihnen einen Taxistand hinter dem Otto-Platz. Dorthin pflügten sie sich durch die Partyszene. Auf dem Weg nahm er sie beschützend in den Arm, sie schmiegte sich zärtlich an ihn. Es schien ihr zu gefallen. Er fühlte die ungeheure Zierlichkeit und Verletzlichkeit dieser Frau, die ihm schon im Café aufgefallen war. Was für eine lovely lady. Er konnte nicht anders, als sie in sein Herz zu lassen. Fürsorglich öffnete er ihr die Tür zum Taxi und half ihr beim Einsteigen. Nachdem er die Tür sorgfältig verschlossen hatte, nahm er neben ihr Platz. Sie orderte Skrupellos-Straße 8. Eine kleine, charmante Straße und ein auffälliges gelb-blaues Haus. Er brachte sie zur Tür. „Was nun? Der Abend ist zu schön, um schon zu enden!“, wagte er sich vor. Sie lächelte erneut ihr schelmisches Mona-Lisa-Lächeln. „Nun, wir könnten noch ein Glas Wein auf meiner Dachterrasse trinken und uns endlich verständlich unterhalten! Allerdings gilt es, fünf Stockwerke zu erklimmen!“ Er grinste breit. Als trainierter Karate-König und Bergwanderer waren fünf Stockwerke für ihn ein Klacks. Das marmorne Treppenhaus des Mehrfamilienhauses offenbarte allerlei Eindrücke und wenig angenehme Gerüche. Doch der Aufstieg in den fünften Stock lohnte sich. Sie schloss die schwere hölzerne Tür mit dem Löwenwappen auf. Und ließ ihn ein: in ihre charmante, lichtdurchflutete, sehr geräumige Künstlerwohnung, in der sich ihre Bücher und allerlei bunte Bilder stapelten. Der große Tisch war mit Rosen geschmückt. Eine persönliche Hommage der Hausherrin an sich selbst. „Willkommen im Reich der Rose!“ Sie ging zum rosafarbenen Kühlschrank, der erste prominente Blickfang der Wohnung, und öffnete eine Flasche wundervollen Sauvignon Blanc „aus der Gascogne. Eine der besten Weingegenden!“ Sie führte ihn auf die große, allerdings etwas karge Dachterrasse. Da saßen sie nun und sprachen endlich ohne Lärm, sondern sanft begleitet durch das Musik-Repertoire ihres iPhones. Er war froh, dass er es doch nicht ganz mit diesem Date vermasselt hatte … Allerdings wurde es stürmisch und dem oftmals fröstelnden Bernardo entstand – nicht nur wegen dem kalten Wind – eine Gänsehaut! Sie sah es.

Die Rose schlug vor, sich mit einem Glas Sauvignon Blanc auf die kleine Terrasse zur Straße zu setzen. Er öffnete eine frische Flasche und schenkte beiden ein. Sie zogen um auf den windgeschützten Balkon. Zunächst umfing die beiden eine gewisse Stille. Wer würde als Erster das Wort ergreifen? Man nahm Anlauf und tauschte zunächst einige Floskeln aus. Er öffnete sein Herz und begann, ihr seine nicht immer einfache Lebensgeschichte zu erzählen. Sie hörte aufmerksam und mit Liebe im Blick zu. Er beobachtete sie gebannt und konnte kaum glauben, dass er nun mit dieser Frau zusammensaß. Sie hatte sehr hübsche kleine Finger. Sie bewegte sich sehr zierlich. Er blickte auf seine eigenen Finger. Eine Frau hatte ihm einmal gesagt, dass er Kinderhände habe. Sie hielt inne und blickte ihn sehr ernst an. „Das war kein Zufall, dass wir uns kennengelernt haben. Da gibt es eine Logik. Ich glaube nicht an Zufälle.“ Er schreckte auf. Nicht dass er gegenüber tiefgründiger philosophischer Diskussion abgeneigt wäre, aber das war ein sehr fundamentales Statement. Einstein hatte so seinen essenziellen Vorbehalt gegenüber der Quantenmechanik formuliert: „Gott würfelt nicht“, schoss es ihm durch den Kopf. Hier hatte sich nicht irgendeine beliebige Chance eröffnet, sondern das war die Herausforderung nach vielen Jahren des Alleinlebens. Er zweifelte nicht einen Moment. Aber warum war er sich so sicher? Er war sich sicher. Wie von selbst formulierte er. Ja, es ist uns ein Geschenk gegeben worden, das wir nun leben sollen. Welche Worte nach so wenig Zeit des Kennenlernens! Er wollte es mit großer Lust leben. Er nahm ihre Hände, um sie zu halten und zu streicheln. Gern streckte sie ihm ihre Hände entgegen. So saßen sie einige Zeit zusammen und blickten einander an. Sie wussten, dass sich hier zwei Seelenpartner getroffen hatten. Hätte man ihren Herzschlag gemessen, dann hätte man festgestellt, dass hier zwei Herzen synchron schlugen. Die beiden schwiegen. Befangen darin zu glauben, dass es sich so tatsächlich zuträgt. Ab und zu drang etwas Lärm von der Straße und von dem kleinen koreanischen Restaurant gegenüber zu ihnen. Es wurde nun auch auf der kleinen Terrasse kühl. Sie bat ihn auf die Couchgarnitur im Inneren. Sie nahmen eng aneinandergeschmiegt Platz. Sie wollten ihre Hände und Finger nicht loslassen. Sie streichelten sich fortwährend. Einmal er ihre. Dann sie seine. Wie sie so zärtlich fortwährend über seine Finger glitt und ihm zeigte, welche Teile seiner Hände er noch nicht kannte, kam in ihm ein unglaubliches Gefühl einer tiefen Erotik auf. Sie möchte nie mehr aufhören. Schließlich unterbrachen sie ihr Liebesspiel, um noch einen Schluck Sauvignon zu genießen. Beide hatten das Gefühl, dass dieser Abend für beide einen Höhepunkt erreicht habe, hinter den sie nicht mehr zurückfallen dürfen. Sie blickten einander an. Er fragte sie, ob sie ihm ein Taxi rufen könne. Sie strich noch einmal über die Hände und bestellte ihm das Geleitgefährt. Er wusste, dass es nun an der Zeit war, sich von ihr zu verabschieden. Loszureißen. Sollte er es wagen, sie zu küssen? Er zögerte. Ach, wie gern würde er es tun. Nein, er würde das wundervolle Kunstwerk zerstören. Er hauchte ihr Küsse auf beide Wangen und konnte nochmals ihren wunderbaren Duft genießen. Ach, das blöde Taxi würde gleich vor der Tür stehen. Jetzt musste er sich endgültig verabschieden. Er wagte nicht, ihr das Versprechen abzuringen, dass sie einander wiedersehen werden. Er fürchtete einen Korb. Er winkte ihr noch einmal zu. Er sagte sich, dass er sie wiedersehen muss, denn: „Gott würfelt nicht.“

Die Tür schloss sich hinter ihm und das bezaubernde Wesen war wieder verschwunden. Er rannte die Treppen hinunter. Wovor rannte er denn weg? Es war die quälende Sehnsucht nach ihr, die sofort einsetzte, nachdem er ihre Wohnung verlassen hatte.

Es gibt Augenblicke, die verändern unser Leben.

Von jetzt auf gleich.

Ein solcher magischer Moment trug sich zu am Karsamstag des Jahres 2024.

Es war ein durchwachsener Samstag. Wettertechnisch. Und auch sonst.

In der Kö Galerie herrschte Post-Corona-Katerstimmung.

Ein Großteil der Geschäfte war geschlossen. Tristesse und wirtschaftliche Depression waren spürbar.

Selbst der Kult-Metzger, bei dem man vor Jahren nur nach ewigem in der Schlange stehen an die Reihe kam:

Fermez! Kaum Menschen schlenderten durch die sonst so von fröhlichem Volk bewanderte Galerie. Die wenigen Gestalten hielten die Köpfe nach unten und schlichen geduckt durch die vormals fröhlich belebten Gänge der Galerie.

Glamour und Glanz? Fehlanzeige! Jeans, Turnschuhe und graue Gesichter hatten die ehemalige Mode-Metropole erobert.

Ganz klar: Düsseldorf hatte schon bessere Zeiten gesehen!

 

Der ehemalige Weinkommissar, in dem es vor freudvoll weinbeseelten Menschen der Düsseldorfer Schickeria seinerzeit

wimmelte – einen Platz an einem Samstag zu bekommen, glich einem Sechser im Lotto –, er war leer. Depri-Stimmung herrschte vor.

Die Kellnerin hinter dem Tresen kaute gelangweilt Fingernägel.

Es gab keine Gäste.

Bis auf eine auffällige Lady, die in sich versunken an einem der hohen Bartische saß, in ihrem Kindle las und sich offensichtlich wohlfühlte.

Dabei flitzte immer wieder ein schelmisches, gar glückliches Lächeln über ihr schönes Gesicht mit den slavischen Wangenknochen, rosenroten Lippen und grünen Schalkaugen. Darüber: eine hohe Wolke aus schokobraunem Haar, kunstvoll aufgetürmt wie im Rokoko-Stil. Tatsächlich, die Lady sah aus, als wäre sie ein wenig aus der Zeit gefallen.

Ein sympathischer Mann mit kurzen weißen Haaren, durch die er sich ständig fuhr, so als wolle er seine cleveren Gehirnzellen immer wieder aktivieren, näherte sich der desolaten Champagnerbar und bestellte einen Wein. Er blickte auf die lesende Lady und bewunderte ihr aufwendiges, weit ausgeschnittenes, bauschiges Cocktail-Kleid.

„Sie sieht aus, als wolle sie auf einen Ball gehen!“, schoss es ihm durch den Kopf.

Seine Neugier war geweckt und unstillbar.

Er trank sich ein wenig Mut an, dann lächelte sein freundliches, fast Buddha-artiges Gesicht und seine sinnlichen Lippen konnten nicht anders, als sie anzusprechen.

„Darf ich fragen: Welche Literatur vermag es, so ein liebliches Lächeln auf Ihre Lippen zu zaubern?“

Sie blickte auf. Neugierig, aber auch etwas abweisend. Welcher Unhold wagte es wohl, sie in ihrer Zurückgezogenheit in sich selbst zu stören?

Sie erblickte seinen schlanken, dezent, aber durchaus geschmackvoll gekleideten Körper, sein freundliches Gesicht und seine lächelnden Lippen.

Anders als bei vielen Kerlen hatte er keinen Strich, sondern einen sinnlich-vollen Mund.

‚Gut. Denn ich habe mir geschworen, nie wieder mit einem lippenlosen Mann zusammen zu sein!‘, urteilte die Lady, die sich nun von ihrer Lektüre abwandte und den Kindle schloss.

„Nun, ich lese mein eigenes Buch und bin gottfroh, dass es mir sehr gut gefällt!“

Sie lächelte ihn breit an. Er wagte sich zu ihr an den Tisch.

„Darf ich …?“

Sie nickte gnädig. Ihre Haartolle, fest fixiert mit 3 Wetter Tuff, wackelte nur leicht.

„Gerne!“, lud sie ihn ein, an ihrer Seite zu sitzen. Er stellte sich erst einmal zu ihr. Frauen anzusprechen, war nicht seine Art.

So blieb er im Fluchtmodus, damit sein Karate-gestählter Körper schnell fliehen konnte, sollte es notwendig sein.

„Wow! Ich bin begeistert. Sie schreiben Bücher! Wovon handelt Ihr Werk?“, wagte er sich mutig vor.

„Göttliche Gemetzel. Es geht um eine Liebe, die auch nach dem Tod bestehen bleibt! Der verstorbene Ehemann sitzt auf einer Wolke. Er kann sich noch nicht entscheiden, in den Himmel einzutauchen. Von seiner Reservebank aus beobachtet er, was seine geliebte Ehefrau so treibt. Er hat ein Fernglas und ein Sprachrohr und beobachtet sie. Er kann sie nicht loslassen, will sie noch immer zurück. Während sie auf der Erde eine harte Battle durch das Business und die Betten durchsteht!“

 

Seine warmen braunen Augen mit grünen Sprenkeln weiten sich.

Entrüstet erwidert er: „Das finde ich aber nicht fair!“

Sie grinst und sieht ihn dann nachdenklich an, ihre hellgrün-türkis-grau gesprenkelten Augen verdunkeln sich. „Da haben Sie wohl recht. So gänzlich fair ist das nicht. Aber eine Liebe loszulassen, ist eine schwere Herzensaufgabe!“ Sie weiß, wovon sie spricht.

Sie nimmt einen letzten Schluck Rosé-Wein. Das Glas ist leer. Er ist ein aufmerksamer Kavalier. „Darf ich?“

Er winkt der Kellnerin zu, die gelangweilt hinter dem menschenleeren Tresen steht. „Noch eine Runde für die liebliche Lady und ein Glas für mich!“ Der Nachschub für die durstigen Kehlen ist geordert und wird gebracht.

Sie stoßen an. „Ich bin Bernhard. Entzückt, Sie kennenzulernen!“ Die Formalität seiner Aussage entzückt …

„Nicole, Unternehmerin und Schriftstellerin. Es ist schön, Sie hier zu treffen in diesem leider so leeren Ort des Pläsiers!“

 

Bernhard nimmt nun Platz. Er schwingt sich gelenkig auf den Barhocker, neben dem Nicole in ihrem Rokoko-Outfit thront.

Er wird kess. „Wo haben Sie Ihren Roman geschrieben? Woher nehmen Sie Ihre Inspirationen?“, fragt er ernsthaft interessiert und neugierig. Ein schwärmerischer Ausdruck stiehlt sich auf ihr sehr weibliches, sinnliches Gesicht.

„Auf Sizilien. Piazza Uberto, in der Wunderbar in meinem Lieblingsort Taormina!“

Er bekommt ebenfalls einen schwelgerischen Gesichtsausdruck. „Das ist ein wunderbarer Ort. Der Duft nach Zitronen. Die schönen, schlendernden Menschen, das traumhafte Essen und der Wein …“

Nicole nickt erneut. Nun begeistert. „Das ist mein Seelenort!“

„Da sollten wir einmal gemeinsam hinfahren!“, wagt er sich sehr weit aus dem Fenster.

Sie sieht ihn intensiv an. Strahlend. Allerdings auch mit einer gewissen Skepsis.

‚Wir kennen uns erst seit einer Stunde und schon will er mit mir nach Sizilien fahren! Geht das nicht ein wenig schnell?‘

Sie blickt auf die diamantbesetzte Dolce & Gabbana-Uhr und seufzt. Es ist 18 Uhr. Sie hat ein Date. Eine Dinner-Einladung im noblen Breidenbacher Hof. Dabei wäre sie eigentlich lieber bei Bernhard geblieben, der schon nach kurzer Zeit eine Art von Seelenpartner zu sein scheint.

„Das wäre zauberhaft! Aber ich muss leider eilen. Ich habe eine Dinner-Einladung …!“

Sie klettert elegant den Barhocker herunter. Er bewundert ihre zarte und verletzliche Aura, als sie da so elegant auf ihren High Heels vor ihm steht. Sie ist kleiner als erwartet, und ihre mädchenhafte Schüchternheit berührt sein Herz. Sie ordert ein Taxi.

Dann gibt sie ihm eine goldene Visitenkarte. „German Wunderwerk“. Er ist beeindruckt. Bernhard ist Doktor der Physik und oftmals so in den Tiefen seiner Chemie-Forschung zur alternativen Gewinnung von Wasserstoff versunken. Ähnlich wie Nicole in ihre Bücherwelt.

 

Er hat natürlich keine Visitenkarte dabei. Er ordert bei der Kellnerin einen Schreiber und ein Blatt Papier. Das gibt es hier nicht. „Wir sind eine Weinbar. Kein Schreibwarengeschäft!“, stellt die Kellnerin bedauernd klar.

Bernhard ist kreativ. Er nimmt eine Serviette und schreibt seine Kontaktdaten darauf. Er gibt Nicole die Serviette mit einem hoffnungsvollen Blick. „Ich freue mich auf unser Wiedersehen!“

Sie lächelt ihn zärtlich an. „Ich mich auch, Bernhard!“ Dann rafft sie ihre

Röcke und eilt, ohne sich noch einmal umzudrehen, aus der nun fast menschenleeren Kö Galerie zum Taxi.

‚Wen sie wohl im Breidenbacher Hof trifft – und werde ich sie jemals wiedersehen?, fragt Bernhard sich, während er ihr sehnsüchtig nachsieht.

 

Nun, Chérie, diese Begegnung ist nun sechzehn wundervolle Wochen her, die sich so intensiv anfühlen, als seien es bereits Jahre.

Ich bin dankbar dafür, dass es Dich, dass es UNS gibt, und ich freue mich auf jede weitere gemeinsame Sekunde, Minute, Stunde …

Mit Dir, mon Amour, Karate-King und Indiana Jones. Diese Geschichte musste einfach niedergeschrieben werden, wozu ich mir heute unbedingt Zeit nehmen wollte. Danke dafür, dass Du so verständnisvoll bist. Schreiben ist nun einmal eine einsame Angelegenheit, aber umso schöner ist dann die „Zeit der Zärtlichkeitsmomente“ unserer Gemeinsamkeit. Mögen sie niemals enden.

 

In Liebe, Dein Roeslein Nici

Geht wahre Liebe & echtes Leben nicht ganz anders?

Suchen wir nicht alle in unserem Leben die wahre, wundervolle, möglichst perfekte Liebe? Die große Hollywood-Romantik voll Tiefe, Schönheit, innigst berührenden Seelenmomenten? Natürlich mit WOW Effekt und für immer und ewig. Doch gibt es diese große, alles verändernde Liebe wirklich? Und erkennen wir sie überhaupt, wenn uns der Zufall – oder das Schicksal – sie uns auf dem Speiseplan des Lebens serviert? Sind wir offen, mit dem Herzen zu sehen? Oder ist unser Verstand der Torwart gegen den Schuss ins Herz? Macht unser „Hirn-Torwart“ uns gar blind für die Schönheit? Warum? Vielleicht weil wir der wahnwitzigen Vorstellung von Per-fek-tion hinterherjagen? Welcome to the club! „Nobody is perfect“ ist das zutreffende Fazit in Billy Wilders Komödie „Manche mögen’s heiß!“ Das erwählte Weib entpuppt sich als Mann. So what? Hauptsache, das Herz findet seinen Hafen? Wenn das so einfach wäre, gäbe es weniger Einsamkeit, Verzweiflung, und, blicken wir den Tatsachen ins Auge, Grausamkeit.

Was ist Perfektion und warum begehren wir sie überhaupt? „Vollkommenheit. Etwas das nicht mehr verbessert werden kann.“ Hmmm … klingt das nicht furchtbar langweilig? Ist das nicht paradox zum Wesen des Lebens und der Liebe, die ja eigentlich ein zeitlich begrenzter Schulaufenthalt sind? Woraus wird er geboren, der Wunsch nach Vollkommenheit?

Charakteristisch für Perfektionisten sind hohe Standards, hohe Ziele und hohe Ansprüche an sich selbst. Mit Perfektionismus gehen häufig eine große Versagensangst, Befürchtungen zu scheitern oder Angst vor dem Verlust von Wertschätzung und Ansehen durch Mitmenschen einher. Perfektion wird somit aus der ANGST geboren, nicht perfekt zu sein. Ist Angst gar die Triebfeder von Versagen? Und entsteht sie nicht, wie so vieles, im Kopf? Macht der Hirn-Tor-Wart etwa gar keinen so guten Job? Alle, die schon einmal unter Prüfungsangst gelitten haben: Ihr wisst, was ich meine! Und Euer Versagen lag nicht an Eurem „nicht wollen, nicht können, nicht dürfen!“ Sondern einfach an dem „Misere stiftenden Monstrum PARANOIA!

Wahrlich! Unsere Gedanken: Sie manifestieren sich. Der Mensch hat 60-80.000 Gedanken pro Tag. Wie viele davon sind positiv? Wie viele das Gegenteil? Die erschreckende Erkenntnis: Ca. 85 Prozent davon sind negativ und haben eine destruktive Wirkung. Lediglich 15 Prozent aller Gedanken sind positiver Natur und wirken konstruktiv. Ist das der Grund dafür, dass sich so viele Menschen in Meditation stürzen, um sämtliche Gedanken zu verdrängen? Sind Alkohol und Drogen nicht weitere Suchtmittel, um unerwünschte „Hirnattacken“ hinfortzutreiben? Die Selbstdarstellung unserer Perfektion, gefiltert und geschönt, sie hat längst Einzug gehalten ins (Un-) Social-Media-Leben. Die perfekte Fassade als Garant für ein glückliches Leben in Vollkommenheit. Doch was, wenn wir die Filter löschen, die Fassade ankratzen? Finden wir jemals das, was wir vermeintlich suchen: Perfektion? Und ist das wirklich Wunsch? Oder Wahnsinn?  Leben wir nicht sogar in einer traurigen Welt voller glücklicher Bilder? Doch ist der Wunsch nach Vollkommenheit nicht allzu menschlich angesichts der aktuellen, immer wiederkehrenden Krisen auf dieser Welt? Eskapismus aus dem Realismus. Das heilt unsere Herzen. Und wer, wenn nicht Amor ist der Himmelshelfer?

Wir alle suchen Seelenheil. Viele von uns in einer vermeintlich perfekten Liebe! Denn sie hält uns einen Spiegel der Vollkommenheit vor, dem wir eigentlich nicht gerecht werden können. „Spieglein, Spieglein an der Wand. Wer ist die Schönste im ganzen Land?“ Was, wenn Brad Pitt Angelina Jolie den Stinkefinger in ihr makelloses Antlitz gebohrt hat? Die Oberperfektionistin und Übermutter ließ sich ihre Brüste entfernen, obwohl (noch?) gar keine Krebsdiagnose vorlag. War der Perfektionsanspruch des selbsternannten „Engels der Schönheit“ gar der Grund für den schäbigsten Rosenkrieg der heutigen Zeit? What goes around comes around: Perfektion entsteht aus Angst. Angst entsteht aus der hirnrissigen Vorstellung, perfekt sein zu müssen. Ein Teufelskreis … Der in der Liebe seinen Höhepunkt findet. Im wahrsten Sinne des Wortes!

Vom Suchen und Finden der perfekten Liebe …

Ich würde sagen: Die perfekte Liebe & das vollkommene Leben stehen auf der „Bucket list“ bei den meisten von uns ganz oben. Aber ist das wahrlich ein begehrenswertes, gar erstrebenswertes Ziel? Ist gemeinsam gepaarte Fehlerlosigkeit wünschenswert, wirklich sexy, anziehend? Realistisch? Oder eine „Grand Illusion“? Betrachten wir die Welt der Schönen und Reichen: TripleJAJAJA! Wirtschaftsmagnat verliebt sich in Top Model. Schöne Schauspieler wie Leonardo di Caprio legen eine Schönheitskönigin nach der nächsten flach. Allerdings: Wo ist das wahre Liebesglück? Wir hetzen im Hamsterrad nach dem großen Glück. Der Vollkommenheit. Ohne sesshaft zu werden. Da ist sie wieder. Die Angst. Vor: Verpflichtung. Sie bereitet uns Furcht. Und doch: Wir brauchen sie. Sehnen uns nach Sesshaftigkeit. Hetzen dem Ideal der Glücksfindung hinterher. Erstreben einen Hafen für unser Herz. Den oder die Seelenpartner, die uns das schenken, was das Leben lebenswert machen: die wahre Liebe!

Was macht sie aus, die wahre Liebe? Welche Attribute müssen Mister oder Miss Right haben, um unserem immanenten Anspruch nach Perfektion Genüge zu tun? Die meisten von uns sind Meister im Ansprüche stellen. Nicht, im Liebe zulassen, die oft andersartig ist als es uns das die Klischees der Konvention vorgeben. Romeo und Julia entsprechen im wahren Leben nicht unbedingt der Oskar-preisgekrönten Filmversion. Blendend aussehend, schlank, gestählt, reich, intelligent, humorvoll, großzügig, erfolgreich, potent, jugendlich, schick und schön soll er/sie sein. Und natürlich treu und zuverlässig. Möglichst ohne Macken. Doch selbst Angelina Jolie und Brad Pitt zerbrechen an dieser Wahnvorstellung. Wer wünscht sich nicht das Team Jennifer Aniston und Brad Pitt zurück, ein Paar, das schön und gleichzeitig nahbar ist. Eben weil es nicht zu 100 Prozent perfekt ist. Ist es nicht Ausdruck wahrer Liebe, den anderen so zu lieben wie er/sie ist, obwohl, gar weil er/sie so ist, wie er ist?

Ecken und Kanten machen Individuen liebenswert!

Sind es nicht gerade die kleinen Macken, die Ecken und Kanten, die einen Menschen ausmachen und speziell machen? „Ich liebe dich. Nicht obwohl du so bist, wie du bist, sondern deswegen!“ Wer das zu seinem unperfekten Partner sagen kann, ist auf dem besten Weg, wahre Liebe in sein Herz und Leben einziehen zu lassen. Dazu gehört: die Erkenntnis, dass es Perfektion nicht gibt. Und: dass sie nicht wirklich begehrenswert ist. Und: dazu gehört zuallererst: die Selbstakzeptanz und das Wissen um die eigene Unzulänglichkeit nach den Kriterien der Perfektion. Wir müssen lernen, uns selbst zu lieben, bevor wir unsere Partner lieben, so wie sie sind. Auch wenn sie nicht Brad Pitt oder Angelina Jolie entsprechen. Vielleicht wenig – oder keine Haare haben, einen Bier- statt einen Waschbrettbauch, kein Konto wie Rockefeller, Autoverkäufer statt Investmentbanker sind …

Doch selbst wenn wir das in unserem tiefsten Inneren wissen, heißt es noch lange nicht, dass wir dies auch umsetzen und uns auf eine/n vermeidlichen Mister Wrong / Misses Right einlassen. Wir sind von Kind auf konditioniert auf unsere Wunschvorstellung. Unsere Eltern erwarten von uns den perfekten Partner. Das Bilderbuchleben, das sie selbst in den wenigsten Fällen führen. Keine/r ist gut genug für das geliebte Kind. Die Medien: Sie spielen uns die große Illusion dieser Wunschvorstellungen vor. Diese zu überwinden, erfordert nicht nur Selbsterkenntnis, das Erkennen des anderen. Sondern auch den Mut, sich gegen Konventionen durchzusetzen.

Nach dem Was das Wo. Können wir die wahre Liebe im Internet finden?

Die Partnersuche boomt. Insbesondere im Worldwide Web. Online-Dating-Portale überschwemmen das Netz. Sei es für die Vermittlung des Partners fürs Leben, für eine nette Liaison zwischendurch oder für einen außerehelichen Seitensprung, die Branche hat mittlerweile alles zu bieten. Doch fühlt sich die Suche nach Liebe im Internet nicht künstlich an? Ein virtueller Supermarkt aus in der Regel austauschbaren Gesichtern und Profilen, die man beliebig nach links oder rechts schiebt. Dieser KICK, wenn man einem Menschen begegnet, dieser außergewöhnliche AUGENBLICK, wenn sich zwei Seelen begegnen. Magische Momente … Können sie wirklich im Worldwide Web virtuell entstehen? Und was ist mit dem Mysterium des schicksalhaften Zufalls?

Plädoyer für magische Momente!

DER magische Moment, der von heute auf Morgen Dein Leben verändert. Der Augenblick, den Du immer und immer wieder im Herzen hast? Den gibt es nicht im Internet. Da geht es um das bewusste Suchen und Finden der Liebe. Nicht um Amors Pfeil, der überraschend und schicksalhaft zuschlägt. Das Herz höherschlagen lässt. Kann ein Internet-Profil auf einer Dating Site wirklich unser Herz entflammen? Unsere Seele berühren, die Flamme entzünden, aus der Leidenschaft entsteht? Oder … fühlen wir uns eher wie auf virtueller Shopping-Tour nach Mister oder Miss Right. Wir geben sämtliche Wunschparameter unseres perfekten Partners ein: Interessen, Aussehen, Neigungen, Status und natürlich die wichtigste Frage: „Was suchst Du in einer Beziehung?“ Himmel hilf! Ist das nicht langweilig? Ist denn Liebe wirklich planbar? Was ist mit dem Reiz des Geheimnisvollen, der Überraschung, die eine Begegnung in ein Erdbeben verwandeln kann? „Ich erkenne die Absicht und bin verstimmt.“  Denn ich suche:

Zärtlichkeit: wenn Seelen sich berühren …

Kribbeln im Kopf. Gänsehaut auf der Seele. Sehnsucht im Herzen. Begleiterscheinung einer Liebe, die uns mit Zärtlichkeit und Zuneigung einfängt. Zarte Berührungen, Küsse, Umarmungen können so viel prickelnder sein als eine „Einkaufstour im Internet“. „Sex & fast Food.“ Lassen wir den „Hirn-Tor-Wart“ auf der Ersatzbank pausieren. Öffnen wir unser Herz. Auch wenn das zu Schmerz führen kann.  Es geht nicht ohne Verletzlichkeit. Wenn wir ehrlich sind, uns einem anderen Menschen öffnen, dann sind wir so fragil wie eine Rose im Regen. Und: manchmal ist der Anblick einer Rose wertvoller als ein Stück Brot!

FAZIT

Lasst uns leben und lieben. Und wo immer wir die unperfekte Liebe finden: Genießen wir sie und lassen wir den Hirn-Tor-Hüter nicht gewinnen gegen den Herzenstürmer, der oder die unsere Seele im Sturm erobern kann … So wir es zulassen! Cheers. Auf die Liebe. Auf die Rose.

Mancher Mensch empfindet sie, manch einer nicht: Lei-den-schaft nach einem Menschen, eine Passion für etwas, was man sich immer wieder zu verschaffen, was man zu besitzen sucht, eine Tätigkeit, der man sich mit Hingabe widmet. Ist sie Fluch? Oder gar Segen? Und ist der Grat dazwischen nicht oft sehr schmal?

Habt ihr sie je erlebt? Diese Begegnung mit einem Menschen, die unser Herz von einer auf die andere Sekunde entflammt? Weiterlesen

GEISSEL ODER GLÜCK? Jeden Morgen alleine aufwachen. Jede Nacht einsam einschlafen. Nur das Kissen umarmen. Den Tag müssen wir in Isolation verbringen. Nicht einmal die Abwechslung eines Restaurantbesuchs, eines Kinoabends oder einer Theatervorstellung. Wir sind „gefangen“ in uns selbst, mit uns selbst. Das ist ein Gefühl von Absurdität und führt manche sensible Seele an den Rand des Abgrunds. Gerade jetzt, wo ganz Deutschland durch Corona gegeißelt und in die Isolation gezwungen ist. In der Bibel heißt es: „Und Gott der HERR sprach: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Gehilfin machen, die um ihn sei.“ 1. Mose 2,18

BLOSS NICHT ÜBER UNS SELBST NACHDENKEN! Wir sind Abwechslung gewöhnt. Soziale Kontakte tun uns gut. Sie sind wie Sauerstoff, der unsere Seele zum Atmen bringt. Unsere Herzen lächeln lässt. Letztlich auch, weil sie von uns selbst und unseren Problemen und Unzulänglichkeiten ablenken. Weil das Zusammensein mit Gleichgesinnten uns die Gewissheit gibt, gemocht zu werden. Weil wir so sind, wie wir sind. Sogar obwohl wir sind, wie wir sind. Das gibt uns Boden unter den Füßen, hüllt uns in eine warme Wolke der Zufriedenheit. Jetzt ist sie verschwunden, die tröstliche Nähe zu unserer Gesellschaft. Die kleinen hedonistischen Freuden eines gemeinsam genossenen Eisbechers in der Frühlingssonne. Ein Glas Wein auf die Freundschaft. Alles das ist nicht mehr möglich. Wir sind gezwungen, zu uns selbst zu kommen, Stille zuzulassen. Was macht das mit uns? Zunächst einmal ist da eine Leere, von der kein Nebengeräusch mehr ablenkt – außer dem permanenten „Bling Bling“ unseres Smartphones, das besonders in der aktuellen Situation keine Ruhe gibt! Aber macht uns das weniger einsam? Wird so emsig gepostet, um die Einsamkeit zu vertreiben?

DER SEELENQUÄLER: EINZELHAFT SCHAFFT HIRN- UND HERZSCHMERZ. Einsamkeit kann schmerzhaft sein, uns krank machen. In eine schwere Depression münden. An der Einsamkeit können wir zugrunde gehen wie eine Rose, die kein Wasser mehr bekommt. Heute sind viel zu viele Menschen einsam. Verzweifelt. Ausgehungert nach Nähe. Doch das ist ja nicht erst seit Corona so. Rund 17 Millionen Singles gab es im Jahr 2020 in Deutschland. Und das sind bei Weitem nicht nur alte Menschen. 44 Prozent sind Männer unter 49. Ob Mann oder Frau, alt oder jung, es ist nicht leicht, mit der Einsamkeit umzugehen. Sie nagt an unserer Seele, füttert uns mit Selbstzweifeln. Wir fühlen uns nicht geliebt, kommen aus dem Gedankenkarussell und den permanenten Selbstgesprächen nicht heraus. Das Schlimmste: die Angst, alleine zu bleiben bis an unser Lebensende. Einsam und alleine durch das letzte dunkle Tor zu gehen. Unbegleitet. Ohne Spuren hinterlassen zu haben. Ganz so, als hätten wir niemals existiert. Die Angst vor der Einsamkeit: Sie ist existentiell! Warum aber fällt es uns so schwer, alleine zu sein? Brauchen wir sie so sehr, die Anerkennung durch die anderen? Die Ablenkungen von uns selbst? Können uns denn andere ersetzen, was in unserem Inneren fehlt? Wenn wir schon nicht mit uns selbst leben können, wie kann dann ein anderer mit uns glücklich sein?

WELCOME SOLITUDE – GENIESST DIE SINGLE-PARTY! Sind wir denn nicht eigentlich immer alleine? Werden alleine geboren und sterben alleine. Jeder Baum steht doch auch für sich alleine. Bestenfalls von anderen umgeben. Aber doch immer für sich. Alleine sein und einsam sein sind zwei verschiedene Zustände. Alleine sein, gerade das selbst erwählte Mit-sich-Sein, ist oftmals das Wohltuendste, was wir erfahren. Wir dürfen tun, was wir wollen, denken, was uns in den Kopf kommt, können uns „gehen lassen“ und brauchen uns um nichts und niemanden außer uns selbst zu kümmern. Können Party mit uns selbst feiern.

WENN DIE SINNKRISE EINZIEHT. Doch nach einer Weile kommt die Leere, die Langeweile, das Bedürfnis nach der Nähe anderer, des einen geliebten Partners, der Familie oder einfach nur guter Gesellschaft. Wird sie uns nicht gewährt, dann werden wir einsam. Mit jedem Tag, jeder Stunde, jeder Minute welken wir ein bisschen mehr dahin, bis uns der Sinn des Lebens verschwimmt; bis wir fragen, warum wir sind, wer wir sind. Existentielle Fragen. Für die wir ausgerechnet die Antwort durch andere benötigen? Sind das nicht genau die Fragen, die wir in und durch die Einsamkeit beantworten können und sollen, um zu uns selbst zu finden?

GEMEINSAM EINSAM … BIS ZUM SCHEIDUNGSRICHTER. Um einsam zu sein, muss man nicht alleine sein! Ist es nicht noch schlimmer, zu zweit oder gar in großer Gesellschaft einsam zu sein? Während der Coronakrise ist in China die Anzahl der Scheidungen steil angestiegen. Da fehlte die Ablenkung von außen. Die Menschen mussten oft auf engstem Raum miteinander leben. Die vielfältigen Sorgen um das alltägliche Überleben, zu viel Nähe und zu wenig Alleinsein sind ebenso schwer zu ertragen wie die Einsamkeit. Wie die Unfähigkeit, Distanz zu überbrücken, schafft auch unsere mangelnde Fähigkeit zur Abgrenzung Konflikte. Letztlich manifestieren sich unsere Bewertungen in Gefühlen und werden schließlich zu Realität.

DER JAKOBSWEG ZU SICH SELBST. Zu uns zu finden, Zeit für uns selbst zu haben, ist ein idealer Ansatzpunkt auf dem Weg zu einem glücklichen Lebensgefühl. Mit dem wir dann auch für andere Zeitgenossen wieder ein Geschenk sind: Wir werden zu jemandem, mit dem man gerne Zeit verbringt. Nutzen wir also die Zeit des Alleinseins. Ob selbst gewählt oder vom Schicksal verordnet – finden wir zu uns und zum Kern der Wahrheit und des Glücks, das in allen von uns keimt! Zelebrieren wir die Zeit mit uns alleine. So wie wir sie auch in Gesellschaft genießen. In allem steckt der Sinn, den WIR ihm geben … Haben wir also keine Angst, den „Jakobsweg“ zu uns selbst und nur mit uns selbst zu gehen. Wenn wir die Zeit richtig nutzen, kommen wir mit den richtigen Gedanken und Gefühlen zu unserem Glück. Dann kommen das Leben und die Gesellschaft wie von selbst zu uns zurück!

Eine spannende Ergänzung erhielt ich von Dr. Hans Christian Meiser

Soweit also Nicole Roesler. Es gibt aber auch noch einen ganz anderen Weg, mit der Einsamkeit umzugehen. Dieses Phänomen trägt den Namen „Honjok“. Der Begriff stammt aus dem Koreanischen und bedeutet so viel wie „Einpersonenstamm“. Was ist damit gemeint und wieso ist er plötzlich in aller Munde? Wir kennen dieses Phänomen eher unter der Bezeichnung „Single“, wobei jene Menschen gemeint sind, die bewusst auf die tradierte Familienform verzichten, also auf das Zusammenleben mit dem Partner, auf Heirat, und meist auch auf Kinder. Sie lieben ihre Freiheit und üben sich in Selbstoptimierung, verzichten auf Verantwortung anderen gegenüber und führen ein Leben, bei dem sie sich bewusst die Seiten aussuchen, die sie für schön und erstrebenswert halten. Die Gründung einer eigenen Familie zählt nicht dazu.

DIE LIEBE UND DAS INTERNET. Nun findet sich das Phänomen vor allem in den Metropolen dieser Welt, die durch ihr vielfältiges Angebot, was Leben und Liebe betrifft, für immer mehr für junge Menschen anziehend werden. Sexualpartner braucht man heute nicht mehr per Zufall treffen, sondern man nutzt dafür die einschlägigen Internetforen. Alles andere, was man braucht, bekommt man im World Wide Web ebenfalls. Wer vor Corona über diese Entwicklung nachgedacht hat, dem musste aufgefallen sein, dass Restaurants und Cafés meist von Freunden besucht wurden, nicht aber von Paaren. In den großen Städten Südkoreas ist man da noch einen Schritt weiter. Es gibt spezielle Restaurants für Honjokker, für bewusst allein Lebende, Speisende, Genießende.

AUF DEM WEG ZU EINER NEUEN EMANZIPATION. Nun mag man fragen, was sie eigentlich genießen? Die Antwort ist klar: sich selbst. Sind sie nun deshalb komplett dem Egoismus verfallen? Sicherlich nicht. Sie – und vor allem Frauen – wehren sich dagegen, den traditionellen Vorgaben „Heirat – Kinder – Hausfrau“ zu entsprechen – so wie es die Emanzipationsbewegung in Europa und den USA schon vor langem begonnen hat.

ZIEL: AUTHENTIZITÄT. Sind Honjokker einsam oder allein? Das hängt mit der Einstellung zusammen, denn eine gewollte Einsamkeit ist für sie wünschenswerter als eine erzwungene Partnerschaft. Honjokker, so beschreibt es das Buch „Honjok – Die Kunst, allein zu leben“ lernen sich durch ihren Verzicht auf Zweisamkeit besser kennen, sie sind oft bewusster, reflektierter, kreativer – zumal sie sich nicht mit Fragen nach den Noten der Kinder und wer den Abfall rausbringt, kümmern müssen. Bei Künstlern findet man diese Lebensform natürlich auch; selbstverständlich möchte man fast sagen, denn wer seine Energie in die Kunst steckt, hat kaum Zeit für alles Bürgerliche. Honjokker leben im Einklang mit sich selbst, überschreiten die Grenzen und leben ihre Authentizität.

DAS ENDE DER GEMEINSAMKEIT? Das alles klingt sehr verlockend, zumal man sich dann nicht mehr mit dem Partner arrangieren muss und keinerlei Beziehungsstress ausgesetzt ist. Wird diese Lebensform in den nächsten Jahrzehnten unser Dasein bestimmen? Wird es dann kein „Gemeinsam. Glückwärts“ mehr geben? Ich denke, das hängt nicht nur von uns selbst ab, sondern auch von Äußerem, z. B. von dem, was uns hinsichtlich des Klimawandels erwartet. Die Coronakrise zeigt zweierlei: Einmal, dass sich z. B. Paare, die auf engem Raum mit Kindern zusammenleben, nach nichts mehr sehnen als nach Freiheit; auf der anderen Seite erleben wir einen schon verloren geglaubten Zusammenhalt von Menschen, die wieder einander helfen, sobald jemand in Not ist.

NICHT ENTWEDER – ODER, SONDERN SOWOHL – ALS AUCH. Ich denke, dass beide Lebens- und Liebesmodelle in Zukunft gleichberechtigt nebeneinander existieren werden. Es wird Paare geben, die in der Paarbeziehung ihre Erfüllung finden („Die Wahrheit beginnt zu zweit“) und es wird Honjokker geben, die durch ihre Individualität der Gesellschaft durchaus einen Seinszuwachs erwirken können, wenn ich das einmal philosophisch ausdrücken darf. Und es wird Menschen geben, die nicht ein „entweder – oder“ leben, sondern ein „sowohl – als auch“; das geht freilich nicht gleichzeitig, sondern ist vom jeweiligen Lebensabschnitt, von den jeweiligen Erfahrungen, von den jeweiligen Bedürfnissen abhängig. Und eben davon, ob wir weitere Katastrophen erleben werden oder nicht.

WIR SEHEN ALSO: Man kann an der Einsamkeit leiden, man kann aber auch Lust an ihr empfinden und sie zum Lifestyle erklären. In beiden Fällen gilt: Wenn man nicht das rechte Maß findet, kann es ungesund werden. Dann ist Einsamkeit nicht mehr heilsam, sondern macht krank. Es kommt also darauf an, einen Mittelweg zu finden oder besser: den Weg der Mitte zu gehen. Von jedem ein bisschen was ist besser als von jedem zu wenig oder zu viel.

Jeden Morgen alleine aufwachen. Jede Nacht einsam einschlafen. Nur das Kissen umarmen. Den Tag müssen wir in Isolation verbringen. Nicht einmal die Abwechslung eines Restaurantbesuchs, eines Kinoabends oder einer Theatervorstellung. Wir sind „gefangen“ in uns selbst, mit uns selbst. Das ist ein Gefühl von Absurdität und führt manche sensible Seele an den Rand des Abgrunds. Gerade jetzt, wo ganz Deutschland durch Corona gegeißelt und in die Isolation gezwungen ist.

„Und Gott der HERR sprach: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Gehilfin machen, die um ihn sei.“ 1.Mose 2:18

BLOSS NICHT ÜBER UNS SELBST NACHDENKEN!

Wir sind Abwechslung gewöhnt. Soziale Kontakte tun uns gut. Sie sind wie Sauerstoff, der unsere Seele zum Atmen bringt. Unsere Herzen lächeln lässt. Letztlich auch, weil sie Weiterlesen

Kennt ihr das? Du befindest dich mit deinem Partner in der Öffentlichkeit, mehr oder weniger verstohlen tauscht ihr Zärtlichkeiten aus. Mal ein Kuss, mal eine Berührung hier und mal ein wenig tiefer. Die Erregung wächst in euch. Und irgendwann gelangt ihr an einen Punkt, an dem die Lust so groß wird, dass ihr es am liebsten gleich tun wollt, jetzt, hier und auf der Stelle! Im „echten Leben“ geschieht das aber in der Regel nicht. Ihr schaut euch in die Augen, zahlt womöglich eure Rechnung und geht zu einem von euch nach Hause. Meine Erfahrung dazu: Bis man Zuhause angekommen, ist der magische Moment verflogen und was dann folgt, ist im Vergleich zu dem, was hätte sein können, nur schale Hausmannskost.

Freiluft-Sex – ein dehnbarer Begriff

Ein paarmal in meinem Leben war es allerdings anders und im Rückblick muss ich sagen, dass ich das mitnichten bereue. Und ich bin damit nicht allein: Umfragen zufolge hatten immerhin 60 Prozent der Menschen in Deutschland bereits Sex im Freien. Wobei im Freien ja ein dehnbarer Begriff ist: Wer sich auf der von einer meterhohen Sichtschutzhecke umgebenen Wiese des heimischen Gartenhauses verlustiert, mag ja durchaus seinen Spaß haben. Von Thrill kann hierbei aber keine Rede sein. Im Wald schaut das etwas anders aus, zumal dort auch die Außenbedingungen etwas widriger sind. Ich erinnere mich noch gut an eine laue Nacht am polnischen Ostseestrand, wo ich und eine dunkelhaarige Schönheit nach langem Vorspiel auf der Außenterrasse einer Diskothek schließlich beschlossen, den Schatten des naheliegenden Waldes aufzusuchen um „es“ zu tun. Dumm nur, dass wir nicht die einzigen waren, die auf diese Gelegenheit gewartet hatten: Kaum hatten wir uns unserer Kleidung entledigt, fiel eine mächtige Streitmacht von Stechmücken derart brutal über uns her, dass wir uns panisch wieder ankleideten und zurück an den Strand flohen.

No Risk, no Fun

Deutlich riskanter im polizeilichen Sinne waren zwei Erlebnisse, die ich in meiner Heimatdtadt Würzburg mit einer damals sehr reizvollen, üppigen Blondine hatte – mit der ich jedoch nie „regulär“ zusammen war. Vielmehr war das ein klassisches Beispiel für „occasional sex“: Die sexuelle Anziehung zwischen uns war so stark, dass wir bei zufälligen Begegnungen immer wieder übereinander herfielen. Da war zum Beispiel diese Nacht in Grombühl, wo ich sie eigentlich nach einem Grillabend heimfahren wollte. Dann Gefummel im Auto – alles so eng hier – und letztlich vollzogen wir das Liebesspiel an und auf dem Kofferraum. Doch weder Passanten noch die Polizei kamen vorbei – Glück gehabt! Eine enge Kiste im wahrsten Sinne des Wortes war eine andere Nacht mit ihr im Caveau, einer damals legendären Studentendisko. Gut wir saßen zunächst auf einer relativ weit in der Ecke gelegenen Bank des allerdings eher kleinen Clubs. Und wieder überrollte uns die Lust dermaßen, dass wir buchstäblich zu Boden gingen und unter dieser Bank taten, was getan werden musste. DAS war Thrill, denn im Raum waren locker 200 Leute, doch Puh! Auch diesmal kamen wir ohne Augenzeugen davon. Besser war das, denn in unserem jugendlichen Leichtsinn, Lustsinn wäre wohl der treffendere Begriff, machten wir uns gar nicht klar, dass unser Tun nach § 183a eine Erregung öffentlichen Ärgernisses darstellte, Zitat: „Wer öffentlich sexuelle Handlungen vornimmt und dadurch absichtlich oder wissentlich ein Ärgernis erregt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“

Es gibt ja gemeine Witze über Frauen, die in der Hochzeitsnacht die Perücke ablegen, das Gebiss, den Hüftgurt und den Push-up-BH. Doch steckt dahinter nicht diese peinliche Wahrheit: Wir tendieren dazu, uns schöner zu machen als wir sind? „Ich muss mich noch herrichten“, heißt das zum Beispiel. Besonders wenn’s auf Männerfang geht, wird noch die letzte Falte ausgebügelt, jedenfalls bei uns Frauen über 30.

Make-up kann uns aufpolieren – und so manches kaschieren, was das Erscheinungsbild stört. Die eine oder andere Hautunreinheit mag da noch angehen; die würde eines Tages ja vielleicht auch von alleine verschwinden, aber wie, wenn rassige, hohe Wangenknochen im Party-Make-up vorgetäuscht werden oder wenn künstliche Wimpern einen falschen Augenaufschlag erzeugen? Ist mit solchen Tricks nicht schon kurzfristig Enttäuschung programmiert? Und nach welchem Vorbild richten wir uns da eigentlich? Und welche Männer sind unsere Zielgruppe?

Ganz gewiss stimmt, dass Hormone, erst einmal in Wallung gebracht, wirkungsvoller sind als jedes Make-up oder jeder Push-up. Männer in Brunft lassen einem so  ziemlich alles durchgehen – weshalb es zu den Tricks unseres Geschlechts gehört, ihre dauerhafte Abkühlung tunlichst zu vermeiden. Durch die rosa Brille verzeihen aber auch wir dem anderen so ziemlich jeden Makel – das ist der kosmetische Dominoeffekt des Schlafzimmers.

Unter dieser Prämisse sei mal das Gedankenspiel erlaubt, ob es nicht sinnvoller wäre, ohne Kosmetik zu leben. Oder sich gezielt unattraktiv „herzurichten“? Oder wenigstens doch so normal oder banal, wie man eben aussieht. Wieso? Nun, weil dann alle die, die sich eines Tages voraussichtlich enttäuscht von mir abwenden werden, von vornherein durchs Raster fallen. Dann bezirze ich doch lieber all jene, die spontan auf mich anspringen und meine kleinen Brüste, mein Lächeln, meinen rundlichen Gesichtsschnitt und meine blassblauen Augen ohne alle Tricks attraktiv finden.

Was nun nicht heißt, dass es bei einer solchen Vorgehensweise verboten wäre, sich gründlich zu waschen, die Zähne zu putzen oder etwas Hübsches anzuziehen – solange all das keinen falschen Schein erzeugt.

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