Schlagwortarchiv für: Ehe

Was ist das Geheimnis wahrer Liebe?

Sind Sie verliebt und bangen, ob die Liebe hält? Oder haben Sie vielleicht schon eine Scheidung hinter sich? Liebe ist eine große Sache. Frauen wie Männer investieren ihr Bestes, wollen dem Partner oder der Partnerin alles von sich geben. Nicht umsonst sprechen wir in diesem Zusammenhang von „Hingabe“. Liebe geht wirklich ans Eingemachte. Und doch lassen sich momentan vier von zehn Ehen scheiden – meistens nach rund 15 Jahren. Kein Wunder also, wenn man dem „Abenteuer Ehe“ mit Skepsis begegnet.

Was ist also das Geheimnis wahrer Liebe? Wie gelingt diese Zweierexpedition und wird keine Lebensabschnittspartnerschaft? Dazu muss man verstehen, dass in der Liebe zwei Kräfte um die Vorherrschaft kämpfen: EROS und AMOR. Eros zerwühlt, zerstört, verzaubert, knetet unsere Herzen durch. Er macht uns wild und verlangend. Amor schafft Vertrauen, Freundschaft, Zweisamkeit. Er befriedet unsere Herzen und lässt uns in den Armen des anderen zuversichtlich schlummern.

Allzu oft sind unsere Beziehungen entweder von Eros oder aber Amor dominiert. Dann funktionieren sie langfristig nicht zu wahrer Glückseligkeit. Es geht also darum, die Leidenschaft zu erhalten, ja zu pflegen, ihr aber nicht den Vorrang vor den feineren seelischen Regungen zu geben – damit aus Frühlingsgefühlen keine Herbststürme werden. Erst, wenn wir es mit viel Geduld schaffen, die fragile Balance aus Eros und Amor behutsam zu liebkosen und zu respektieren … dann kann daraus wahre Liebe entspringen. Da es sehr, sehr selten passiert, dass Eros‘ und Amors Pfeile uns gleichzeitig treffen, ist es ein WUNDERWERK, seine große LIEBE im LEBEN zu finden. Doch Wunder passieren. Einer der letzten Sätze aus meinem letzten Roman „Eros‘ Erdbeben“ bringt auf den Punkt, worum es in einer gelungenen Beziehung geht: „Langsam stirbt, wer Sklave der Gewohnheit wird, indem er jeden Tag die gleichen Wege geht …“ Die neuen Fälle der „Liebesdetektivin“ wissen davon ein Lied zu singen.

„Die Liebe ist eine berauschende Droge, die dich durchs Leben schweben lässt. Die Frage ist, wie viele Bewährungsproben sie erträgt, ohne vorzeitig zu zerbrechen.“ Marcello Mastroianni

 „Love is a battlefield“, wusste schon Pat Benater in den 70er Jahren. Dabei schien das damals, in den Zeiten von Hippies, freier Liebe und Woodstock noch viel einfacher als heute. Je komplexer und komplizierter unsere immer digitalere und globalere Welt wird, die sich täglich rasanter zu drehen scheint, umso mehr sehnen wir uns nach Liebe, Zugehörigkeit, Sicherheit. Eine Milliarde Menschen sahen die Hochzeit von Meghan und Harry. Die Familie wird zum Zufluchtsort und Ruhepol, nachdem die Battle des Business immer brutaler wird. Diese Tendenz ist global. Eine gleichzeitige und erschreckende Tendenz: Mittlerweile wird jede ZWEITE Ehe geschieden. In den Städten wohnen 60 Prozent Singles. Lebensabschnittspartnerschaften sind die Regel. Patchwork-Beziehungen auf Zeit lösen die Ehe, „bis dass der Tod uns scheide“, ab. Längst hat der Scheidungsanwalt den Klabautermann ersetzt.

100 different Shades of Grey machen es nicht einfacher! Dazu kommen Dutzende Transgender-Formen. Beziehungen müssen immer anpassungsfähiger werden, um der eklatanten Individualisierung diverser Gender-Formen standzuhalten und unterschiedlichsten Ansprüchen zu entsprechen. Es ist eine „crazy world we live in“. Die Herausforderung, sein persönliches Glück in der Liebe zu finden, scheint größer, als einen Sechser im Lotto zu landen. Ganz ehrlich, wenn wir an der angeblich so glänzenden Oberfläche funktionierender Beziehungen kratzen, finden wir allzu oft Abgründe vor. Die Liebe ist mehr denn je ein Schlachtfeld. Missbrauch, Gewalt, Demütigungen und Schlimmeres sind häufiger, als wir wirklich wissen wollen.

Aber eine Kuschelzonen-Beziehung ist auch nicht das, was uns wirklich beglückt. Wir wollen die Leidenschaft, das Abenteuer, Sex, Sinnlichkeit und Erotik. Und gleichzeitig einen sicheren Hafen mit einem Partner, dem oder der wir vertrauen.

Wie kann eine Beziehung funktionieren und langfristig glücklich machen, im rosa Wolken-Himmel, zwischen Schlachtfeld und Kuschelzone …?

Helfen wirklich solche Beziehungs-Regeln, wie sie zum Beispiel der „Date Doktor“ aus dem Fernsehen fordert? Sehen wir sie uns mal näher an …

  1. Körperliche Anziehung

Ist sicherlich eine Conditio sine qua non für Liebesbeziehungen. Wer sich nicht riechen kann, wird nie wirklich ein Paar auf Dauer bleiben.

  1. Selbe Werte und Zielvorstellungen

Auch dies ist sicher eine Grundvoraussetzung dafür, dass eine Beziehung über längere Zeit funktionieren kann. Wenn ein Partner das Leben auf dem Ponyhof, Kinder, Kuchen backen und stricken bevorzugt, der andere aber ein internationales Rockstar-Leben führen will … So wird das Anderssein die Liebenden vielleicht erst einmal anziehen, früher oder später aber zum Fallstrick.

  1. Ähnliche Interessen

Können ein Schweißmittel sein, das eine Liebe zusammenhält, wenn die Leidenschaft schon lange abhandengekommen ist. Gemeinsame Liebhaberei zum Beispiel für gutes Essen, Reisen, Musik, Kunst, Sport verbinden uns, schaffen Nähe. Sie können aus Liebe eine tiefe Freundschaft erwachsen lassen.

  1. Ähnlicher Coolheitsstatus

Zumeist suchen wir uns Partner, die uns ähnlich sind, was Attraktivität und Status betrifft. Ist ein Partner dem oder der anderen weit über- oder unterlegen, kann es brisant werden und zu Neid, Missgunst, Komplexen und extremer Eifersucht führen, die nach einer Weile tödlich für jede Liebe sein können.

  1. Eine ähnliche Herkunft / Heridität

Ist sicher auch hilfreich. Wenngleich die zunehmende Globalisierung immer häufiger zu ungewöhnlichen Paaren führt. Die aber nicht unbedingt unpassend sein müssen.

  1. Sexuelle Vorlieben

Das Wunderwerk einer sexuell beglückenden Beziehung kann süchtig machen und selbst Paare zusammenführen und – zumindest für eine Weile – zusammenhalten, die auf den ersten Blick nicht unterschiedlicher sein könnten … Aber was, wenn der Alltag, der auf leisen Sohlen sukzessive in die meisten Verbindungen einzieht, die Leidenschaft killt?

  1. Akzeptanz in der Familie und im Freundeskreis

Was, wenn unsere große Liebe von unserer Familie abgelehnt und vom Freundeskreis gemobbt wird? Viele Familien und Freundschaften zerbrechen aus diesem Grund. Am Ende aber zerbricht zumeist die Liebe zum Partner. Denn Blut ist dicker als Wasser bzw. andere Körperflüssigkeiten!

  1. Ähnlicher Umgang mit Geld

Finanzielle Streitereien sind Ursprung vieler Scheidungen. In unserer heutigen Gesellschaft ist der Gott des Geldes übermächtig und das Gefühl, ausgenutzt bzw. „über den Tisch gezogen zu werden“, ist kein guter Nährboden für wahre Liebe. Ich rate zu finanzieller Unabhängigkeit. Abhängigkeit macht immer schwach und schadet jeder Beziehung!

  1. Ein ähnliches Bedürfnis nach Nähe und Distanz

Wenn ein Partner den anderen schon vermisst, wenn der „nur mal Zigaretten holen geht“, ohne – wofür diese Redewendung steht – sich für immer auf und davon zu machen, und der andere seine Freiheit, Zeit für sich und Distanz braucht, so ist das eine schwere Bewährungsprobe für jede Beziehung. Ohne Kompromissbereitschaft schwer zu lösen!

  1. Respekt, Achtsamkeit & Empathie sowie eine funktionierende Streitkultur

Ohne diese Attribute wird keine Beziehung, auch nicht wenn alle 10 „Beziehungsregeln“ Bestand haben, von Dauer sein. Sie sind die Voraussetzung dafür, dass eine Liebe er-wachsen kann. Dies drückt sich auch in der gemeinsamen Streitkultur aus.

Fazit:

Eine Liebe, die auf Leidenschaft beruht und nicht in der gemeinsamen Kuschelzone lauwarm dahinsimmert, wird immer und unausweichlich Konflikten ausgesetzt sein. Je weniger „Regeln“ bei beiden Partnern übereinstimmen, umso größer kann die Leidenschaft sein. Umso unüberbrückbarer ist allerdings auch die Gefahr des Zerbrechens der Liebe. Um das zu verhindern, müssen die Liebenden permanent an ihrer Beziehung „arbeiten“ und Wunder bewirken. Eine Anstrengung, der wir uns heute allzu oft entziehen, um den Weg der Bequemlichkeit zu gehen. Nach dem Motto: Beim nächsten Partner wird alles besser.

Doch ist die Liebe nicht das größte Gut und jede Anstrengung wert?

In diesem Sinne! Wunderschöne, harmonische Oster-Feiertage im Kreise der Liebsten.

Eure

Nicole Rose

Langeweile – sicherlich einer der Beziehungskiller überhaupt! In reiferen Jahren ist es gerne das verflixte siebte Jahr, das mit diesem Phänomen in Verbindung gebracht wird. Als Teenie können es auch leicht nur sieben Tage sein, die einfach unglaublich lang, langweilig und irgendwie klebrig erscheinen. Ist das nicht seltsam? Woran liegt das? Sind die vielen Möglichkeiten der Jetzt-Zeit schuld? Wie war es denn früher? Sagen wir mal in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts. Blöd, dass man die nicht fragen kann, weil die damals Liierten überwiegend eines sind, nämlich tot. Laut Wikipedia ist die Langeweile  „das unwohle, unangenehme Gefühl, das durch erzwungenes Nichtstun hervorgerufen wird oder bei einer als monoton oder unterfordernd empfundenen Tätigkeit aufkommen kann“. Hust. Übertrage ich diese Aussage auf das Thema Mann/Frau, dann gehen doch ziemlich schlagartig einige Lichter an.

Erschreckend gleichartige Muster

Bleiben wir doch erstmal bei der „als monoton oder unterfordernd empfundenen Tätigkeit“. Und denken wir das in Richtung Bett. Oder wir nennen es gleich beim Namen – der Sex in Partnerschaften neigt nicht selten dazu, im Laufe der Zeit erschreckend gleichartigen Mustern zu folgen. Oder frei nach dem Motto: Wer zuletzt kommt, den bestraft das Leben! Schließlich müssen wir morgen beide früh raus! Bitte nicht falsch verstehen: Natürlich passiert das nicht von heute auf morgen, es ist eher so wie mit dem Toastbrot im Brotkasten: Ganz lang kann man es noch genießen und plötzlich ist es grün und blau. Schimmel dran! Was dann?

Erzwungenes Nichtstun?

Hier kommt ganz schnell die zweite Aussage aus dem eingangs erwähnten Zitat zur Wirkung, nämlich „das unwohle, unangenehme Gefühl, das durch erzwungenes Nichtstun hervorgerufen wird“. Denn wenn im abendlich-nächtlichen Liebesspiel nicht mehr Rammstein, sondern Fahrstuhlmusik der Soundtrack ist, dann neigt Mensch eben dazu, derlei Aktivitäten einfach zu unterlassen. Erzwungenes Nichtstun also? Das gilt es ja schon zu hinterfragen, denn die Publikumsmedien sind ja voll von „nützlichen Tipps“ und „praktischen Tricks“, wie ein Paar denn diesem Mahlstrom der „eingeschlafenen Füße“ wieder entkommen kann. Allein: Das müssen beide wollen und sich zudem noch auf bestimmte Tipps oder Tricks einigen wollen – was häufig nicht gelingt. Schon das Thema anzuschlagen, gleicht einem diplomatischen Hochseilakt.

Auswegen aus der Beziehungs-Sackgasse?

Yo, und pfeif auf alte Zeiten, die Zeugen können wir eh nicht mehr fragen – heute ist die Antwort auf die „eingeschlafenen Füße“ sehr häufig eine Neuorientierung im Netz. Da wird im Bus zur Arbeit ge-tindert, am Rechner im Büro das Datingportal geöffnet. Und der Grund: die bleierne Langeweile. Das geht noch bunter, bitte ein bisserl mehr bpm für mein Leben, tipp, tipp, tipp. Wozu also die lästige „Arbeit“ auf sich nehmen und mit dem Menschen, mit dem man aktuell in Beziehung ist, nach Auswegen aus der Beziehungs-Sackgasse zu suchen? Da draußen ist alles so schön bunt und ist nur einen Klick oder Wisch entfernt. Aber die entscheidende Frage vor all dem Wischen und Klicken ist doch: Haben wir alles probiert? Und anders herum: Bin ich wirklich fair zu meinem Gegenüber am anderen Ende des Netzes? Oder langweile ich mich nur und hätte eigentlich nur gerne ein Update für das, was gerade ist? Leider stellen sich nur wenige dieser Frage und nehmen Verletzungen auf der „anderen Seite“ ignorant in Kauf. Langeweile? Kann echt wehtun …

 

Die Zahl der Eheschließungen steigt wieder. Und das wundert mich bei genauem Hinsehen nicht. Zweifellos war der Ruf der Ehe in den letzten Jahrzehnten, spätestens seit den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, lädiert. Sie galt und gilt vielen jungen Leuten als der Inbegriff von veraltet, als eine erstarrte Form. Und so fühle ich mich manchmal auch: wie eingebacken und unbeweglich, wenn mein Mann – oder sollte ich jetzt sagen: mein Gatte – schnarchend neben mir liegt und ich mich selbstbefriedige. Dass er lieber mit seinen jungen Kolleginnen flirtet und die eine oder andere ihm auch zum Opfer fällt, wundert mich nicht. Ich bin aus der Form geraten. Und nach 34 Jahren Ehe weiß Gott nicht mehr die frischeste. Er ahnt, dass ich es weiß, und ich sorge dafür, dass er es ahnt, ohne unser eingespieltes Team durch Blitz und Donner zu gefährden.

Ehe ist wie eine Party: manchmal auch langweilig

Ja, wir sind ein eingespieltes Team, verheiratet, zwei Kinder. Wir mögen uns und wir halten zusammen. Seit zwölf Jahren arbeite ich wieder in einer Agentur, darf kreativ sein und stehe meine Frau. Es geht uns gut, materiell und seelisch, ich vermute auch ihm. Alles fühlt sich „okay“ an. Und unsere Ehe hat daran einen großen Anteil.

„Okay“? Ich weiß, „okay“ ist für junge Leute kein Ziel, das man mit einer Partnerschaft anstrebt. Okay klingt dröge, nach tief eingegrabenen Fahrspuren, dem immergleichen Trott. Auch wir waren sterbensverliebt und haben vor Lust aufeinander gezittert, wenn wir ihr grade mal nicht nachgeben durften. Auch wir wollten den Himmel stürmen. Mindestens.

Am besten gebe ich’s gleich zu: Ja, manchmal ist mein Leben langweilig, so langweilig wie der Rhein vor unserer Haustür, der heute träge dahinfließt, so dass man kaum weiß: Fließt er nach links oder nach rechts? Aber gibt es nicht auf jeder Party auch langweilige Momente?

Ehe lässt Vertrauen wachsen

Der Hauptvorwurf gegen die Ehe ist ihre formelle Sicherheit. Doch gerade das ist ihre große Stärke. Zur Liebe gehören nämlich auch Vertrauen und der Wunsch nach Geborgenheit. Beide gewinnen an Kraft, wenn ich einen Mann an meiner Seite weiß, der bereit ist zu sagen: „Ich bin immer für dich da! In guten wie in schlechten Zeiten.“ – ohne Gütertrennung. Und schlechte Zeiten gibt es garantiert. Dazu müssen gar nicht erst die rosa Wolken verflogen sein. Eine verpatzte Prüfung, ein fieser Chef, eine Krankheit, ein gestorbenes Kind können meinen Lebensweg und meine innere Landschaft schnell und radikal verändern. Wie gut, wenn ich dann jemanden habe, auf den ich mich verlassen kann.

Dann kann ich mich öffnen, mich ganz hingeben, kann ganz ich sein. Vertrauen darf nicht mit blindem Glauben an den anderen verwechselt werden, Vertrauen wächst. Es ist nicht auf einmal da, sondern bekommt mit jeder überwundenen Hürde einen neuen Wachstumsschub. Und mit jedem Stückchen mehr Vertrauen wandelt sich Verliebtheit ein wenig mehr in Liebe.

Natürlich ist all dass auch möglich ohne Trauschein. Vertrauen kann zweifellos auch ohne dieses Papier wachsen. Aber ich fürchte, seine Wachstumsbedingungen sind ohne Ehe schlechter, gerade in diesen unsicheren Zeiten. Wer hätte gedacht, dass ich hier ein Plädoyer FÜR die Ehe schreibe? Ich am allerwenigsten.

[Foto: pixabay_NGDPhotoworks]

Freie Liebe ist grade mega-in. Begonnen hat aber alles schon viel früher, mindestens im alten Griechenland vor zweieinhalbtausend Jahren. Damals verführte Zeus bekanntermaßen, was das Zeug hielt. Jede irdische Verkleidung war ihm recht, solange er an die Menschinnen rankam: Stier, Schwan, Adler, Kuckuck. Und noch so manche anderen Götter und Göttinnen hatten sich dem Thema Liebe verschrieben: Aphrodite, Eros, Pan und Dionysos.

Vielleicht ist das ja der tiefere Grund, weshalb die Griechen neben den Brasilianern bis heute als die „Sexweltmeister“ gelten. Mit Sicherheit aber haben die Christen Pans Bocksfüße genutzt, um ihn in den Teufel zu verwandeln und die gesamte Wollust zur Sünde zu machen. Aber das ist ein anderes Thema. Fest steht jedenfalls, dass die alten Römer die noch rituell gezügelten griechischen Orgien übernahmen und in erotisch-sexuelle Volksveranstaltungen verwandelten. Im Rom der Zeitenwende durften alle mit allen: Männer mit Männern, Frauen mit Frauen, Erwachsene mit Kindern.

Für die Christen im alten Rom war diese Zügellosigkeit ein gefundenes Fressen. Zwar zeigte sich so mancher frühe Papst als den spätrömischen Verlustierungen durchaus zugänglich, doch generell wurde freie Liebe als „Sünde“ abgeschrieben – jahrhundertelang. Monogamie galt als das normativ richtige, „normale“ Verhalten, vor allem für Frauen; Männer durften fremdgehen. Grundlegend zu ändern begann sich das erst, als Ende des 19. Jahrhunderts amerikanische Feministinnen es ablehnten, Männern ihren Körper zur Verfügung zu stellen, nur um wirtschaftlich versorgt zu sein. Für sie war die bürgerliche Einehe eine Art von institutionalisierter Prostitution. Der Wiener Arzt Wilhelm Reich entdeckte schließlich Anfang des 20. Jahrhunderts die sexuelle Zwangsmoral als Ursache von Neurosen. So beförderte ihn auch die Hippiebewegung, die freie Liebe für jedermann propagierte, zu ihrem „Guru“.

Als Sexguru bezeichnete die westliche Presse den indischen Gelehrten und Philosophen Chandra Mohan Jain, der sich später Bhagwan und schließlich Osho nannte. Für ihn waren Erotik und Sexualität mögliche Instrumente innerer Befreiung. Seine Jünger, die Sannyasins, waren für die meisten westlichen Linken und Reformer spirituelle Spinner, die zugunsten ihrer emotionalen Befindlichkeit auf gesellschaftlichen Wandel verzichten. Ganz in der Nachfolge der Amerikanerinnen war für viele Linke die „Kommune“ ein Befreiungsinstrument, gerichtet gegen die bürgerliche Kleinfamilie.

In Form der Polyamorie erobert die Freie Liebe heute auch die gesellschaftskritischen Schichten. Hier geht es nicht mehr um das Abwerfen von Zügeln, nicht mehr gegen die alte Moral, sondern um eine Bewegung hin zu einem verantwortungsvollen Umgang mit dem eigenen Gefühlsrepertoire – wozu eben auch die Sexualität zählt. Polyamorie grenzt sich ab von Polygamie und geht weit über die Monogamie hinaus. Aber auch das ist eine – spannende – weitere Geschichte.

(Business card vector created by Makyzz – Freepik.com)