Worum geht es hier? Geht es um ein Treffen, ein Date? Oder um Sex? Also was Dates angeht, bin ich zum Beispiel ein notorischer Zu-Früh-Kommer. Warum? Ich mag das einfach. In Ruhe die Location beobachten, schon mal ein Getränk ordern, da hat alles seine Ordnung und wer mich nun einen Kontrollfreak heißt, der mag in gewisser Weise sogar Recht haben. Denn was ich partout nicht leiden kann, ist notorisches Zu-Spät-Kommen, insbesondere, wenn das über die „akademische Viertelstunde“ hinausgeht. Klar, ein Stau, eine Reifenpanne – so was kann jedem mal passieren. Aber wenn das System hat, dann ist für mich Schluss mit lustig. Als ich 16 war, habe ich deswegen sogar mal mit einem Mädchen Schluss gemacht und das, obwohl SIE eigentlich meine erste große Liebe war. Im Rückblick einfach nur bescheuert, aber das ist mit Rückblicken ja häufig so. Der völlige Gau in puncto Pünktlichkeit waren dann übrigens die Jahre mit meiner Ex-Frau: Völlig egal, von wem oder wo wir eingeladen waren – wir kamen zuverlässig zu spät. Und ihr ahnt es schon, es lag nicht an mir. Meditative Momente fallen mir da ein, in denen ich mit den Kindern startfertig im Auto vor dem Haus stand und ich „Die Mama kommt gleich!“ als stetiges Mantra meinem Nachwuchs verkündete.
Kommen wir zum Sex bzw. zum Höhepunkt
„Zuerst kommen beim Sex“ ist natürlich noch mal eine völlig andere Hausnummer. Das Standard-Klischee in Sachen Höhepukt bzw. Orgasmus ist ja landläufig der (Ehe-)Mann, der sich nach wenigen Minuten entleert, theatralisch zur Seite kippt (er hat sein Letztes gegeben) und in Bruchteilen von Sekunden damit beginnt, die Weite der kanadischen Wälder abzuholzen. Ich will natürlich nicht in Abrede stellen, dass sich derlei Verhalten auch in der Realität wiederfindet. Aber die Denke dahinter erinnert mich immer ein wenig an das Grimm’sche Märchen vom Hasen und vom Igel. Der Igel und der Hase vereinbaren ja bekanntlich einen Wettlauf. Wer zuerst (an-)kommt hat gewonnen! Und eigentlich sollte das mit schönem Sex ja so wirklich nichts, aber auch rein gar nichts zu tun haben, oder? Weil wenn es jedem nur um den schnellen, eigenen Höhepunkt geht, dann kann das ja problemlos jeder für sich allein erledigen – das habe ich ja unlängst bereits ausführlich dazu geschrieben. Aber worum geht es dann? Hier wird es zwangsläufig sehr individuell und ich bezweifle, dass die aufrichtige Antwort auf diese Frage zwischen zwei Individuen jemals komplett deckungsgleich sein kann. Und warum sollte sie das auch?
Der Höhepunkt: Hase und Igel sind beide Betrüger
Kehren wir doch noch mal zum Hasen und zum Igel zurück: Beide sind Betrüger. Der Hase schlägt einen Wettlauf vor, von dem klar ist, dass nur er ihn gewinnen kann. Der Igel betrügt, indem er seine Frau mitbringt (für den Hasen äußerlich nicht von ihm zu unterscheiden) und beide verkünden dem Hasen am Ende jeder gelaufenen Ackerfurche: „Ich bin schon da!“ Ätschi-Bätschi würde Frau Nahles wohl in diesem Zusammenhang sagen. Aber ich will hier nicht politisch werden, ganz im Gegenteil. Sex ist auf körperlicher Ebene das Intimste und Intensivste, was Menschen erfahren können, und dieses Wunder möchte ich nicht durch Klamauk entehren. Also worum geht es beim Sex, wenn es nicht das Wettrennen zweier Betrüger auf 1,40 x 2m sein soll? An dieser Stelle kann ich nicht anders, als persönlich zu werden: Wenn ich mit einer Frau schlafe, dann schließe ich meine Augen und imaginiere ein weißes Licht in ihr, das für mich ihre Seele, ihr unverwechselbares, unsterbliches „Ich“ repräsentiert. Und dann sind da Nähe und Vertrauen und Verbundenheit, die uns niemand jemals wieder wegnehmen kann, selbst wenn es nur ein One-Night-Stand war. Wusstet ihr, dass die DNA jedes Mannes, mit dem eine Frau geschlafen hat, sich in ihrer eigenen speichert? Das kann kein Zufall sein, oder? Aber ich bin ja Buddhist und ohnehin schräg drauf.