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Lange blickte er noch zum Ausgang der Passage, wohin dieses bezaubernde Wesen entschwunden war. Warum hatte sie sich nicht noch einmal umgedreht? Sie war auf seine Ansprache eingegangen. Es hatte sich ein sehr spannendes, gar unfassbar vertrautes Gespräch, über ihre „Göttlichen Gemetzel“, schließlich über ihrer beider Seelenheimat Sizilien entwickelt. Diese Frau war so ungewöhnlich wie ihre Frisur. Würde er sie noch einmal wiedersehen können? Er hatte ihre goldene Karte. Er würde sie nun über ihre E-Mail-Adresse anschreiben. Am besten zu einem Dinner einladen. Etwas Besonderes würde zu ihr passen. Sie strahlte so ein französisches Flair aus. Er hatte während seines Single-Daseins des Öfteren die Austern im Café de Normandie am Otto-Platz genossen. Zuletzt hatte er dort an einem Sonntagnachmittag seinen „Schwarzen Gürtel“ im Karate-Do gefeiert. Für den hatte er mehrere Jahre trainiert und ihn dann endlich errungen. Da war das Café de Normandie angemessen. Dort wollte er sie am Samstagabend treffen. Gleich am nächsten Tag schrieb er ihr eine Mail und lud sie ein. Dann wartete er mit brennendem Herzen, ob und welche Antwort kommen würde. Nach einer gefühlten Ewigkeit machte es „Bing“. Nachricht von German Wunderwerk! Juhu! Er machte einen Luftsprung! Ganz in Karate-Manier. Ja, sie sagte zu. Große Vorfreude stieg in ihm auf, sie wiederzusehen.

Als er im französischen Café reservieren wollte, sagte man ihm, dass er einfach vorbeikommen solle. „Samstags nehmen wir keine Reservierungen an!“, blaffte der blasierte Kellner. Er entschloss sich, bereits sehr viel früher hinzugehen, um einen Platz zu ersitzen. Als er den Otto-Platz erreichte, hörte er eine Woge von Menschen, die dort den Samstagnachmittag einfeierten. Die „Beautiful People“ (?) of Düsseldorf standen angetrunken in Scharen auf dem Marktplatz. Es herrschte eine aufgeregte Stimmung, fast wie bei einem Fußballspiel. Dabei hatte die Europa-Meisterschaft noch gar nicht angefangen … Die angeheiterte Menge hielt Kunststoffbecher gefüllt mit alkoholischen Getränken in den Händen. Die Atmosphäre glich der der zweiten Düsseldorfer Residenz: des Ballermann auf Malle. Häufig gingen Becher, manchmal gar ein Betrunkener zu Boden. Er nahm Notiz von den trunkenen Partygästen, doch er war vollkommen auf sein Ziel fokussiert. Im Café de Normandie kam er gerade rechtzeitig an, um einen der begehrten Plätze vor dem großen Spiegel an der Rückwand zu ergattern. Mit einer Flasche Wasser wartete er auf sie. Mehrere Stunden. Mit vorfreudigem, allerdings auch bangem Herzen. Würde sie rechtzeitig kommen? Würde sie überhaupt kommen? Die wiederholte Ansprache des Kellners, ob er etwas bestellen wolle, ignorierte er intensiv. „Nein, ich warte.“

Dann sah er sie. Ihre Erscheinung war so außergewöhnlich wie bei ihrer ersten, magischen Begegnung. Mit ihrer Turmfrisur war sie unverkennbar. Er stand auf und winkte wild mit den Armen. Sie sah ihn und kam auf ihn zu. Ihr schönes Gesicht mit den himbeerrot geschminkten Lippen unter den grün-blau-grauen Augen strahlte ihm entgegen. Was für eine Frau! Sie trug ein kurzes grünes Kleid aus italienischer Spitze, das ein wunderbares Dekolleté und ebensolche Schultern freigab. Nein, einen BH trug sie nicht. Dem gegenwärtigen Trend geschuldet oder ihre Eigenart? Ihr straffer Busen lugte frech durch die Spitze. Das fixte ihn an. Die gesamte Komposition wurde abgerundet durch schwarze Spitzenstrümpfe, die ihren festen, wohlgeformten Schenkeln großen Reiz verliehen. Ihre Füße steckten in goldenen High Heels. Ein lebendes Kunstwerk. Neben einer tonnenschweren pinkfarbigen Tasche (sie trug wohl ihr halbes Leben darin?) hielt sie einen fellgefütterten schwarzen Mantel in ihren Händen. Er nahm ihr den Mantel und die schwere Tasche ab und half ihr auf den Platz unter dem Spiegel. Er bedankte sich bei ihr für ihr Kommen und wagte eine flüchtige Umarmung. Sowie drei zarte Küsse auf die Wangen, während deren er ihren wundervollen Geruch wahrnahm. Fürwahr, ein berauschender Duft umgab sie. Es war jene Mischung aus dem Duft ihres Körpers und Shalimar, wie er später erfahren sollte. Schnell einigten sie sich auf Austern und anschließend Fisch. Eine Sorte, die sie, sich outende und bekennende „Eßthätin“, noch nicht kannte. Sie nickte neugierig und ihre grünen Augen strahlten voller Vorfreude auf den Gaumengenuss. Muscadet dazu gefiel ihr. Er versuchte ihr zu erläutern, wie er Austern am liebsten verspeiste. Nach der Auster mit einem kräftigen Schluck Vin Blanc. Aber er merkte, dass es angesichts der Geräuschkulisse schwierig werden würde, zu ihr durchzudringen. Auch ließ es der Service am allernotwendigsten mangeln. Es war wie auf der Oberkassler Kirmes: Laut, voll und absolut unentspannt. So fühlte auch er sich und fuhr sich ständig durch die kurzen weißen Haare, während sie ihn schelmisch beobachtend anlächelte mit einer Nonchalance, die ihn an Mona Lisa erinnerte. Nachdem endlich die Austern eintrafen, musste er dem Kellner noch Messer und Teller abringen. Quelle Malheur, obwohl die Austern ja sowieso geschlürft wurden … Ein sinnlicher Akt, den sie nun beide genossen.

Inzwischen hatte ein junges Paar neben ihnen Platz genommen. Der junge Mann tat seine Abneigung gegen Austern laut kund, was seine Partnerin verärgerte. Auch interessierte er sich mehr für die aufmerksamkeit-erweckende, attraktive Frau in Grün mit der barocken Turmfrisur als für seine Partnerin, so dass beide das auffällige Paar an ihrer Seite sehr aufmerksam beobachteten. Diese ungefragte Aufmerksamkeit der Tischnachbarn verstärkte seinen Stress zusätzlich zum Lärm im Hintergrund. Sie wollte wissen, was er beruflich mache. Er erklärte, dass er mit Wasserstoff zu tun habe, so dass er ihr das anstehende Projekt erläutern wollte. Himmel hilf. Er ging wissenschaftlich und leidenschaftlich in Details, die bei diesem Lärm und für ein erstes Date völlig unpassend waren. Ihre grünen Augen wanderten gen Decke. Dieser Mann war ein wundersamer Nerd und definitiv Date-unerfahren. Dennoch: Sie mochte ihn und fühlte eine starke Verbundenheit mit seiner Seele! Sie hörte mit großem Ernst zu und fragte zurück. Leider verstand auch er nur Fetzen, so dass er versuchte, aus den Fetzen ihre ursprünglichen Fragen zu rekonstruieren. Er erkannte, dass er den Ort für ein erstes Date nicht schlechter hätte wählen können. Und doch lief es ganz gut. Sie war geduldig mit ihm. Sogar liebevoll? Er erkannte es am Glanz ihrer Augen, die so wahrhaftig und wirklich in diesem wunderbaren Smaragdgrün blitzten. Gleichzeitig blickte sie ihm so intensiv in die Augen, als ob sie die Fenster zu seiner Seele öffnen würde. Sie bemerkte, dass seine Augen einen schönen bernsteinfarbenen Glanz hatten. Er fühlte, dass sein Gesicht blutrot wurde. Es lag Zärtlichkeit in der Luft. Sinnlichkeit. Gar Erotik. Nach einigen weiteren Scharmützeln mit dem Kellner und einem dann doch halbwegs gelungenen Dinner mit eisgekühltem Muscadet sowie einem geteilten Dessert – selbstverständlich Crème brulée, von der sie allerdings nur einen Anstandslöffel nahm (die Lady achtete auf ihre bella figura) –, durften die beiden diesen Ort verlassen. Was nun? Er nahm ihren Mantel und schlug ihr vor, zunächst einmal bis zur Kö zu laufen. Da gäbe es einen Taxistand. Sie blickte wenig begeistert und hielt ihre High Heels hoch. Er begriff, dass ihre schicken Stilettos wenig für einen solchen „Fußmarsch“ geeignet waren. Das Café de Normandie empfahl ihnen einen Taxistand hinter dem Otto-Platz. Dorthin pflügten sie sich durch die Partyszene. Auf dem Weg nahm er sie beschützend in den Arm, sie schmiegte sich zärtlich an ihn. Es schien ihr zu gefallen. Er fühlte die ungeheure Zierlichkeit und Verletzlichkeit dieser Frau, die ihm schon im Café aufgefallen war. Was für eine lovely lady. Er konnte nicht anders, als sie in sein Herz zu lassen. Fürsorglich öffnete er ihr die Tür zum Taxi und half ihr beim Einsteigen. Nachdem er die Tür sorgfältig verschlossen hatte, nahm er neben ihr Platz. Sie orderte Skrupellos-Straße 8. Eine kleine, charmante Straße und ein auffälliges gelb-blaues Haus. Er brachte sie zur Tür. „Was nun? Der Abend ist zu schön, um schon zu enden!“, wagte er sich vor. Sie lächelte erneut ihr schelmisches Mona-Lisa-Lächeln. „Nun, wir könnten noch ein Glas Wein auf meiner Dachterrasse trinken und uns endlich verständlich unterhalten! Allerdings gilt es, fünf Stockwerke zu erklimmen!“ Er grinste breit. Als trainierter Karate-König und Bergwanderer waren fünf Stockwerke für ihn ein Klacks. Das marmorne Treppenhaus des Mehrfamilienhauses offenbarte allerlei Eindrücke und wenig angenehme Gerüche. Doch der Aufstieg in den fünften Stock lohnte sich. Sie schloss die schwere hölzerne Tür mit dem Löwenwappen auf. Und ließ ihn ein: in ihre charmante, lichtdurchflutete, sehr geräumige Künstlerwohnung, in der sich ihre Bücher und allerlei bunte Bilder stapelten. Der große Tisch war mit Rosen geschmückt. Eine persönliche Hommage der Hausherrin an sich selbst. „Willkommen im Reich der Rose!“ Sie ging zum rosafarbenen Kühlschrank, der erste prominente Blickfang der Wohnung, und öffnete eine Flasche wundervollen Sauvignon Blanc „aus der Gascogne. Eine der besten Weingegenden!“ Sie führte ihn auf die große, allerdings etwas karge Dachterrasse. Da saßen sie nun und sprachen endlich ohne Lärm, sondern sanft begleitet durch das Musik-Repertoire ihres iPhones. Er war froh, dass er es doch nicht ganz mit diesem Date vermasselt hatte … Allerdings wurde es stürmisch und dem oftmals fröstelnden Bernardo entstand – nicht nur wegen dem kalten Wind – eine Gänsehaut! Sie sah es.

Die Rose schlug vor, sich mit einem Glas Sauvignon Blanc auf die kleine Terrasse zur Straße zu setzen. Er öffnete eine frische Flasche und schenkte beiden ein. Sie zogen um auf den windgeschützten Balkon. Zunächst umfing die beiden eine gewisse Stille. Wer würde als Erster das Wort ergreifen? Man nahm Anlauf und tauschte zunächst einige Floskeln aus. Er öffnete sein Herz und begann, ihr seine nicht immer einfache Lebensgeschichte zu erzählen. Sie hörte aufmerksam und mit Liebe im Blick zu. Er beobachtete sie gebannt und konnte kaum glauben, dass er nun mit dieser Frau zusammensaß. Sie hatte sehr hübsche kleine Finger. Sie bewegte sich sehr zierlich. Er blickte auf seine eigenen Finger. Eine Frau hatte ihm einmal gesagt, dass er Kinderhände habe. Sie hielt inne und blickte ihn sehr ernst an. „Das war kein Zufall, dass wir uns kennengelernt haben. Da gibt es eine Logik. Ich glaube nicht an Zufälle.“ Er schreckte auf. Nicht dass er gegenüber tiefgründiger philosophischer Diskussion abgeneigt wäre, aber das war ein sehr fundamentales Statement. Einstein hatte so seinen essenziellen Vorbehalt gegenüber der Quantenmechanik formuliert: „Gott würfelt nicht“, schoss es ihm durch den Kopf. Hier hatte sich nicht irgendeine beliebige Chance eröffnet, sondern das war die Herausforderung nach vielen Jahren des Alleinlebens. Er zweifelte nicht einen Moment. Aber warum war er sich so sicher? Er war sich sicher. Wie von selbst formulierte er. Ja, es ist uns ein Geschenk gegeben worden, das wir nun leben sollen. Welche Worte nach so wenig Zeit des Kennenlernens! Er wollte es mit großer Lust leben. Er nahm ihre Hände, um sie zu halten und zu streicheln. Gern streckte sie ihm ihre Hände entgegen. So saßen sie einige Zeit zusammen und blickten einander an. Sie wussten, dass sich hier zwei Seelenpartner getroffen hatten. Hätte man ihren Herzschlag gemessen, dann hätte man festgestellt, dass hier zwei Herzen synchron schlugen. Die beiden schwiegen. Befangen darin zu glauben, dass es sich so tatsächlich zuträgt. Ab und zu drang etwas Lärm von der Straße und von dem kleinen koreanischen Restaurant gegenüber zu ihnen. Es wurde nun auch auf der kleinen Terrasse kühl. Sie bat ihn auf die Couchgarnitur im Inneren. Sie nahmen eng aneinandergeschmiegt Platz. Sie wollten ihre Hände und Finger nicht loslassen. Sie streichelten sich fortwährend. Einmal er ihre. Dann sie seine. Wie sie so zärtlich fortwährend über seine Finger glitt und ihm zeigte, welche Teile seiner Hände er noch nicht kannte, kam in ihm ein unglaubliches Gefühl einer tiefen Erotik auf. Sie möchte nie mehr aufhören. Schließlich unterbrachen sie ihr Liebesspiel, um noch einen Schluck Sauvignon zu genießen. Beide hatten das Gefühl, dass dieser Abend für beide einen Höhepunkt erreicht habe, hinter den sie nicht mehr zurückfallen dürfen. Sie blickten einander an. Er fragte sie, ob sie ihm ein Taxi rufen könne. Sie strich noch einmal über die Hände und bestellte ihm das Geleitgefährt. Er wusste, dass es nun an der Zeit war, sich von ihr zu verabschieden. Loszureißen. Sollte er es wagen, sie zu küssen? Er zögerte. Ach, wie gern würde er es tun. Nein, er würde das wundervolle Kunstwerk zerstören. Er hauchte ihr Küsse auf beide Wangen und konnte nochmals ihren wunderbaren Duft genießen. Ach, das blöde Taxi würde gleich vor der Tür stehen. Jetzt musste er sich endgültig verabschieden. Er wagte nicht, ihr das Versprechen abzuringen, dass sie einander wiedersehen werden. Er fürchtete einen Korb. Er winkte ihr noch einmal zu. Er sagte sich, dass er sie wiedersehen muss, denn: „Gott würfelt nicht.“

Die Tür schloss sich hinter ihm und das bezaubernde Wesen war wieder verschwunden. Er rannte die Treppen hinunter. Wovor rannte er denn weg? Es war die quälende Sehnsucht nach ihr, die sofort einsetzte, nachdem er ihre Wohnung verlassen hatte.

Es gibt Augenblicke, die verändern unser Leben.

Von jetzt auf gleich.

Ein solcher magischer Moment trug sich zu am Karsamstag des Jahres 2024.

Es war ein durchwachsener Samstag. Wettertechnisch. Und auch sonst.

In der Kö Galerie herrschte Post-Corona-Katerstimmung.

Ein Großteil der Geschäfte war geschlossen. Tristesse und wirtschaftliche Depression waren spürbar.

Selbst der Kult-Metzger, bei dem man vor Jahren nur nach ewigem in der Schlange stehen an die Reihe kam:

Fermez! Kaum Menschen schlenderten durch die sonst so von fröhlichem Volk bewanderte Galerie. Die wenigen Gestalten hielten die Köpfe nach unten und schlichen geduckt durch die vormals fröhlich belebten Gänge der Galerie.

Glamour und Glanz? Fehlanzeige! Jeans, Turnschuhe und graue Gesichter hatten die ehemalige Mode-Metropole erobert.

Ganz klar: Düsseldorf hatte schon bessere Zeiten gesehen!

 

Der ehemalige Weinkommissar, in dem es vor freudvoll weinbeseelten Menschen der Düsseldorfer Schickeria seinerzeit

wimmelte – einen Platz an einem Samstag zu bekommen, glich einem Sechser im Lotto –, er war leer. Depri-Stimmung herrschte vor.

Die Kellnerin hinter dem Tresen kaute gelangweilt Fingernägel.

Es gab keine Gäste.

Bis auf eine auffällige Lady, die in sich versunken an einem der hohen Bartische saß, in ihrem Kindle las und sich offensichtlich wohlfühlte.

Dabei flitzte immer wieder ein schelmisches, gar glückliches Lächeln über ihr schönes Gesicht mit den slavischen Wangenknochen, rosenroten Lippen und grünen Schalkaugen. Darüber: eine hohe Wolke aus schokobraunem Haar, kunstvoll aufgetürmt wie im Rokoko-Stil. Tatsächlich, die Lady sah aus, als wäre sie ein wenig aus der Zeit gefallen.

Ein sympathischer Mann mit kurzen weißen Haaren, durch die er sich ständig fuhr, so als wolle er seine cleveren Gehirnzellen immer wieder aktivieren, näherte sich der desolaten Champagnerbar und bestellte einen Wein. Er blickte auf die lesende Lady und bewunderte ihr aufwendiges, weit ausgeschnittenes, bauschiges Cocktail-Kleid.

„Sie sieht aus, als wolle sie auf einen Ball gehen!“, schoss es ihm durch den Kopf.

Seine Neugier war geweckt und unstillbar.

Er trank sich ein wenig Mut an, dann lächelte sein freundliches, fast Buddha-artiges Gesicht und seine sinnlichen Lippen konnten nicht anders, als sie anzusprechen.

„Darf ich fragen: Welche Literatur vermag es, so ein liebliches Lächeln auf Ihre Lippen zu zaubern?“

Sie blickte auf. Neugierig, aber auch etwas abweisend. Welcher Unhold wagte es wohl, sie in ihrer Zurückgezogenheit in sich selbst zu stören?

Sie erblickte seinen schlanken, dezent, aber durchaus geschmackvoll gekleideten Körper, sein freundliches Gesicht und seine lächelnden Lippen.

Anders als bei vielen Kerlen hatte er keinen Strich, sondern einen sinnlich-vollen Mund.

‚Gut. Denn ich habe mir geschworen, nie wieder mit einem lippenlosen Mann zusammen zu sein!‘, urteilte die Lady, die sich nun von ihrer Lektüre abwandte und den Kindle schloss.

„Nun, ich lese mein eigenes Buch und bin gottfroh, dass es mir sehr gut gefällt!“

Sie lächelte ihn breit an. Er wagte sich zu ihr an den Tisch.

„Darf ich …?“

Sie nickte gnädig. Ihre Haartolle, fest fixiert mit 3 Wetter Tuff, wackelte nur leicht.

„Gerne!“, lud sie ihn ein, an ihrer Seite zu sitzen. Er stellte sich erst einmal zu ihr. Frauen anzusprechen, war nicht seine Art.

So blieb er im Fluchtmodus, damit sein Karate-gestählter Körper schnell fliehen konnte, sollte es notwendig sein.

„Wow! Ich bin begeistert. Sie schreiben Bücher! Wovon handelt Ihr Werk?“, wagte er sich mutig vor.

„Göttliche Gemetzel. Es geht um eine Liebe, die auch nach dem Tod bestehen bleibt! Der verstorbene Ehemann sitzt auf einer Wolke. Er kann sich noch nicht entscheiden, in den Himmel einzutauchen. Von seiner Reservebank aus beobachtet er, was seine geliebte Ehefrau so treibt. Er hat ein Fernglas und ein Sprachrohr und beobachtet sie. Er kann sie nicht loslassen, will sie noch immer zurück. Während sie auf der Erde eine harte Battle durch das Business und die Betten durchsteht!“

 

Seine warmen braunen Augen mit grünen Sprenkeln weiten sich.

Entrüstet erwidert er: „Das finde ich aber nicht fair!“

Sie grinst und sieht ihn dann nachdenklich an, ihre hellgrün-türkis-grau gesprenkelten Augen verdunkeln sich. „Da haben Sie wohl recht. So gänzlich fair ist das nicht. Aber eine Liebe loszulassen, ist eine schwere Herzensaufgabe!“ Sie weiß, wovon sie spricht.

Sie nimmt einen letzten Schluck Rosé-Wein. Das Glas ist leer. Er ist ein aufmerksamer Kavalier. „Darf ich?“

Er winkt der Kellnerin zu, die gelangweilt hinter dem menschenleeren Tresen steht. „Noch eine Runde für die liebliche Lady und ein Glas für mich!“ Der Nachschub für die durstigen Kehlen ist geordert und wird gebracht.

Sie stoßen an. „Ich bin Bernhard. Entzückt, Sie kennenzulernen!“ Die Formalität seiner Aussage entzückt …

„Nicole, Unternehmerin und Schriftstellerin. Es ist schön, Sie hier zu treffen in diesem leider so leeren Ort des Pläsiers!“

 

Bernhard nimmt nun Platz. Er schwingt sich gelenkig auf den Barhocker, neben dem Nicole in ihrem Rokoko-Outfit thront.

Er wird kess. „Wo haben Sie Ihren Roman geschrieben? Woher nehmen Sie Ihre Inspirationen?“, fragt er ernsthaft interessiert und neugierig. Ein schwärmerischer Ausdruck stiehlt sich auf ihr sehr weibliches, sinnliches Gesicht.

„Auf Sizilien. Piazza Uberto, in der Wunderbar in meinem Lieblingsort Taormina!“

Er bekommt ebenfalls einen schwelgerischen Gesichtsausdruck. „Das ist ein wunderbarer Ort. Der Duft nach Zitronen. Die schönen, schlendernden Menschen, das traumhafte Essen und der Wein …“

Nicole nickt erneut. Nun begeistert. „Das ist mein Seelenort!“

„Da sollten wir einmal gemeinsam hinfahren!“, wagt er sich sehr weit aus dem Fenster.

Sie sieht ihn intensiv an. Strahlend. Allerdings auch mit einer gewissen Skepsis.

‚Wir kennen uns erst seit einer Stunde und schon will er mit mir nach Sizilien fahren! Geht das nicht ein wenig schnell?‘

Sie blickt auf die diamantbesetzte Dolce & Gabbana-Uhr und seufzt. Es ist 18 Uhr. Sie hat ein Date. Eine Dinner-Einladung im noblen Breidenbacher Hof. Dabei wäre sie eigentlich lieber bei Bernhard geblieben, der schon nach kurzer Zeit eine Art von Seelenpartner zu sein scheint.

„Das wäre zauberhaft! Aber ich muss leider eilen. Ich habe eine Dinner-Einladung …!“

Sie klettert elegant den Barhocker herunter. Er bewundert ihre zarte und verletzliche Aura, als sie da so elegant auf ihren High Heels vor ihm steht. Sie ist kleiner als erwartet, und ihre mädchenhafte Schüchternheit berührt sein Herz. Sie ordert ein Taxi.

Dann gibt sie ihm eine goldene Visitenkarte. „German Wunderwerk“. Er ist beeindruckt. Bernhard ist Doktor der Physik und oftmals so in den Tiefen seiner Chemie-Forschung zur alternativen Gewinnung von Wasserstoff versunken. Ähnlich wie Nicole in ihre Bücherwelt.

 

Er hat natürlich keine Visitenkarte dabei. Er ordert bei der Kellnerin einen Schreiber und ein Blatt Papier. Das gibt es hier nicht. „Wir sind eine Weinbar. Kein Schreibwarengeschäft!“, stellt die Kellnerin bedauernd klar.

Bernhard ist kreativ. Er nimmt eine Serviette und schreibt seine Kontaktdaten darauf. Er gibt Nicole die Serviette mit einem hoffnungsvollen Blick. „Ich freue mich auf unser Wiedersehen!“

Sie lächelt ihn zärtlich an. „Ich mich auch, Bernhard!“ Dann rafft sie ihre

Röcke und eilt, ohne sich noch einmal umzudrehen, aus der nun fast menschenleeren Kö Galerie zum Taxi.

‚Wen sie wohl im Breidenbacher Hof trifft – und werde ich sie jemals wiedersehen?, fragt Bernhard sich, während er ihr sehnsüchtig nachsieht.

 

Nun, Chérie, diese Begegnung ist nun sechzehn wundervolle Wochen her, die sich so intensiv anfühlen, als seien es bereits Jahre.

Ich bin dankbar dafür, dass es Dich, dass es UNS gibt, und ich freue mich auf jede weitere gemeinsame Sekunde, Minute, Stunde …

Mit Dir, mon Amour, Karate-King und Indiana Jones. Diese Geschichte musste einfach niedergeschrieben werden, wozu ich mir heute unbedingt Zeit nehmen wollte. Danke dafür, dass Du so verständnisvoll bist. Schreiben ist nun einmal eine einsame Angelegenheit, aber umso schöner ist dann die „Zeit der Zärtlichkeitsmomente“ unserer Gemeinsamkeit. Mögen sie niemals enden.

 

In Liebe, Dein Roeslein Nici

von Bobby Langer

Nein, gibt es nicht. Damit könnte das Thema erledigt sein. Nur fragt man sich dann doch, und sei es heimlich: Warum eigentlich nicht? Bevor ich mich mit der bzw. einer möglichen Antwort beschäftige, steht eine weitere Frage im Raum: Was ist das, die perfekte Liebe? Und ich hege den Verdacht, dass die Antwort auf letztere Frage erstere gleich mitbeantwortet.

Also: Was ist das, die perfekte Liebe? Darauf ließe sich philosophisch reagieren, was aber letztlich niemanden ernstlich interessiert. Dann also lebenspraktisch, sprich: Was bedeutet das für mich oder für dich oder sonst jemand? Wenn ich mich betrachte, dann wäre die Antwort im Alter von sechzehn Jahren garantiert anders ausgefallen als mit 40 oder mit 60 Jahren. Aber unabhängig vom Lebensalter hätte ich mir gewünscht, das Fremdsein zusammen mit einer Frau vergessen zu können; die kleinen Reste von Trauer, die im Hintergrund mitschwingen, wenn man aus dem Liebestaumel erwacht und die Hormone sich eingeheimst haben, wozu sie die Evolution bestimmt hat. Dann nämlich war immer noch neben mir die Andere; eine andere mit einer anderen, schwer zugänglichen Lebensgeschichte, mit anderen, gelegentlich befremdenden Interessen, mit anderen Vorlieben und Abneigungen, Wünschen und Visionen. Und irgendwann ging es mehr darum, die Spannung, die sich aus dieser Schere ergab, nicht überhandnehmen zu lassen.

Spätestens in mittleren Jahren habe ich mir ganz nüchtern gewünscht, in mehr als der Hälfte der Fälle zu bestimmten Lebensthemen gemeinsam zu schwingen. Das wäre mir schon ziemlich perfekt erschienen. Aber auch das hat nicht funktioniert. Trotzdem bin ich noch mit derselben Frau zusammen, seit weit über 40 Jahren. Da drängt sich mir der Verdacht auf: Irgendetwas muss da perfekt sein, sonst hätten wir nicht so viel Leben miteinander geteilt. Klar, man könnte auch sagen: Ihr wart zu feig, euch zu trennen. Aber so ist es nicht. Wir sind, auch erotisch, durchaus mal getrennte Wege gegangen, aber das hat uns nicht auseinandergebracht. Immer noch, und vielleicht mehr denn je, verstehen wir uns als Paar.

Vielleicht ist also die menschliche Antwort auf die doch sehr hoch angesetzt Frage: Perfekt ist die Liebe, wenn man sich echt um einander sorgt, wenn die Luft zwischen einem weder kalt ist noch heiß, sondern lind und mit einem gelegentlichen Frühlingsduft oder einem Geruch nach Kartoffelfeuer; das ist dann eine Luft, die man lange mögen kann; perfekt ist die Liebe, wenn man sich berühren kann und es nach so langer Zeit immer noch guttut; wenn man den Blick des anderen auffängt und ohne Worte weiß, was er meint. Perfekt ist die Liebe, wenn man sich für den anderen nicht verbiegen muss und doch respektiert wird in seinem Anderssein. Denn spätestens nach dem verflixten siebenten Jahr war uns klar: Die Hormonsprudel haben sich weitgehend ausgezischt. Wollen wir jetzt das köstliche Getränk ausschütten oder arbeiten wir an der bodenlosen Liebes-Tasse. Allein das gewollt zu haben und immer noch zu wollen, scheint mir schon ziemlich perfekt.

„Ziemlich perfekt“ gefällt mir ohnehin besser als „perfekt“. Perfektes wollen Jugendliche, Diktatoren und Geisteskranke. Erwachsene wissen, dass das Leben – und folglich auch die Liebe – genau betrachtet aus 1000 Grautönen besteht. 1.000 Grautöne sind vielmehr Reichtum als ein einmaliges Tiefrot. Wobei mir, ehrlich gesagt, das Wort „Rosatöne“ besser gefällt.

Und ein letzter Gedanke: Kann man diese große Frage unabhängig von ihrem Umfeld stellen? Wäre die Antwort außerhalb einer Konsumgesellschaft eine andere? Wie fiele die Antwort in Krieg, Armut oder Not aus? Ist nicht die Antwort die gültigste, die unter allen Umständen standhalten könnte, auch den widrigsten?

Geht wahre Liebe & echtes Leben nicht ganz anders?

Suchen wir nicht alle in unserem Leben die wahre, wundervolle, möglichst perfekte Liebe? Die große Hollywood-Romantik voll Tiefe, Schönheit, innigst berührenden Seelenmomenten? Natürlich mit WOW Effekt und für immer und ewig. Doch gibt es diese große, alles verändernde Liebe wirklich? Und erkennen wir sie überhaupt, wenn uns der Zufall – oder das Schicksal – sie uns auf dem Speiseplan des Lebens serviert? Sind wir offen, mit dem Herzen zu sehen? Oder ist unser Verstand der Torwart gegen den Schuss ins Herz? Macht unser „Hirn-Torwart“ uns gar blind für die Schönheit? Warum? Vielleicht weil wir der wahnwitzigen Vorstellung von Per-fek-tion hinterherjagen? Welcome to the club! „Nobody is perfect“ ist das zutreffende Fazit in Billy Wilders Komödie „Manche mögen’s heiß!“ Das erwählte Weib entpuppt sich als Mann. So what? Hauptsache, das Herz findet seinen Hafen? Wenn das so einfach wäre, gäbe es weniger Einsamkeit, Verzweiflung, und, blicken wir den Tatsachen ins Auge, Grausamkeit.

Was ist Perfektion und warum begehren wir sie überhaupt? „Vollkommenheit. Etwas das nicht mehr verbessert werden kann.“ Hmmm … klingt das nicht furchtbar langweilig? Ist das nicht paradox zum Wesen des Lebens und der Liebe, die ja eigentlich ein zeitlich begrenzter Schulaufenthalt sind? Woraus wird er geboren, der Wunsch nach Vollkommenheit?

Charakteristisch für Perfektionisten sind hohe Standards, hohe Ziele und hohe Ansprüche an sich selbst. Mit Perfektionismus gehen häufig eine große Versagensangst, Befürchtungen zu scheitern oder Angst vor dem Verlust von Wertschätzung und Ansehen durch Mitmenschen einher. Perfektion wird somit aus der ANGST geboren, nicht perfekt zu sein. Ist Angst gar die Triebfeder von Versagen? Und entsteht sie nicht, wie so vieles, im Kopf? Macht der Hirn-Tor-Wart etwa gar keinen so guten Job? Alle, die schon einmal unter Prüfungsangst gelitten haben: Ihr wisst, was ich meine! Und Euer Versagen lag nicht an Eurem „nicht wollen, nicht können, nicht dürfen!“ Sondern einfach an dem „Misere stiftenden Monstrum PARANOIA!

Wahrlich! Unsere Gedanken: Sie manifestieren sich. Der Mensch hat 60-80.000 Gedanken pro Tag. Wie viele davon sind positiv? Wie viele das Gegenteil? Die erschreckende Erkenntnis: Ca. 85 Prozent davon sind negativ und haben eine destruktive Wirkung. Lediglich 15 Prozent aller Gedanken sind positiver Natur und wirken konstruktiv. Ist das der Grund dafür, dass sich so viele Menschen in Meditation stürzen, um sämtliche Gedanken zu verdrängen? Sind Alkohol und Drogen nicht weitere Suchtmittel, um unerwünschte „Hirnattacken“ hinfortzutreiben? Die Selbstdarstellung unserer Perfektion, gefiltert und geschönt, sie hat längst Einzug gehalten ins (Un-) Social-Media-Leben. Die perfekte Fassade als Garant für ein glückliches Leben in Vollkommenheit. Doch was, wenn wir die Filter löschen, die Fassade ankratzen? Finden wir jemals das, was wir vermeintlich suchen: Perfektion? Und ist das wirklich Wunsch? Oder Wahnsinn?  Leben wir nicht sogar in einer traurigen Welt voller glücklicher Bilder? Doch ist der Wunsch nach Vollkommenheit nicht allzu menschlich angesichts der aktuellen, immer wiederkehrenden Krisen auf dieser Welt? Eskapismus aus dem Realismus. Das heilt unsere Herzen. Und wer, wenn nicht Amor ist der Himmelshelfer?

Wir alle suchen Seelenheil. Viele von uns in einer vermeintlich perfekten Liebe! Denn sie hält uns einen Spiegel der Vollkommenheit vor, dem wir eigentlich nicht gerecht werden können. „Spieglein, Spieglein an der Wand. Wer ist die Schönste im ganzen Land?“ Was, wenn Brad Pitt Angelina Jolie den Stinkefinger in ihr makelloses Antlitz gebohrt hat? Die Oberperfektionistin und Übermutter ließ sich ihre Brüste entfernen, obwohl (noch?) gar keine Krebsdiagnose vorlag. War der Perfektionsanspruch des selbsternannten „Engels der Schönheit“ gar der Grund für den schäbigsten Rosenkrieg der heutigen Zeit? What goes around comes around: Perfektion entsteht aus Angst. Angst entsteht aus der hirnrissigen Vorstellung, perfekt sein zu müssen. Ein Teufelskreis … Der in der Liebe seinen Höhepunkt findet. Im wahrsten Sinne des Wortes!

Vom Suchen und Finden der perfekten Liebe …

Ich würde sagen: Die perfekte Liebe & das vollkommene Leben stehen auf der „Bucket list“ bei den meisten von uns ganz oben. Aber ist das wahrlich ein begehrenswertes, gar erstrebenswertes Ziel? Ist gemeinsam gepaarte Fehlerlosigkeit wünschenswert, wirklich sexy, anziehend? Realistisch? Oder eine „Grand Illusion“? Betrachten wir die Welt der Schönen und Reichen: TripleJAJAJA! Wirtschaftsmagnat verliebt sich in Top Model. Schöne Schauspieler wie Leonardo di Caprio legen eine Schönheitskönigin nach der nächsten flach. Allerdings: Wo ist das wahre Liebesglück? Wir hetzen im Hamsterrad nach dem großen Glück. Der Vollkommenheit. Ohne sesshaft zu werden. Da ist sie wieder. Die Angst. Vor: Verpflichtung. Sie bereitet uns Furcht. Und doch: Wir brauchen sie. Sehnen uns nach Sesshaftigkeit. Hetzen dem Ideal der Glücksfindung hinterher. Erstreben einen Hafen für unser Herz. Den oder die Seelenpartner, die uns das schenken, was das Leben lebenswert machen: die wahre Liebe!

Was macht sie aus, die wahre Liebe? Welche Attribute müssen Mister oder Miss Right haben, um unserem immanenten Anspruch nach Perfektion Genüge zu tun? Die meisten von uns sind Meister im Ansprüche stellen. Nicht, im Liebe zulassen, die oft andersartig ist als es uns das die Klischees der Konvention vorgeben. Romeo und Julia entsprechen im wahren Leben nicht unbedingt der Oskar-preisgekrönten Filmversion. Blendend aussehend, schlank, gestählt, reich, intelligent, humorvoll, großzügig, erfolgreich, potent, jugendlich, schick und schön soll er/sie sein. Und natürlich treu und zuverlässig. Möglichst ohne Macken. Doch selbst Angelina Jolie und Brad Pitt zerbrechen an dieser Wahnvorstellung. Wer wünscht sich nicht das Team Jennifer Aniston und Brad Pitt zurück, ein Paar, das schön und gleichzeitig nahbar ist. Eben weil es nicht zu 100 Prozent perfekt ist. Ist es nicht Ausdruck wahrer Liebe, den anderen so zu lieben wie er/sie ist, obwohl, gar weil er/sie so ist, wie er ist?

Ecken und Kanten machen Individuen liebenswert!

Sind es nicht gerade die kleinen Macken, die Ecken und Kanten, die einen Menschen ausmachen und speziell machen? „Ich liebe dich. Nicht obwohl du so bist, wie du bist, sondern deswegen!“ Wer das zu seinem unperfekten Partner sagen kann, ist auf dem besten Weg, wahre Liebe in sein Herz und Leben einziehen zu lassen. Dazu gehört: die Erkenntnis, dass es Perfektion nicht gibt. Und: dass sie nicht wirklich begehrenswert ist. Und: dazu gehört zuallererst: die Selbstakzeptanz und das Wissen um die eigene Unzulänglichkeit nach den Kriterien der Perfektion. Wir müssen lernen, uns selbst zu lieben, bevor wir unsere Partner lieben, so wie sie sind. Auch wenn sie nicht Brad Pitt oder Angelina Jolie entsprechen. Vielleicht wenig – oder keine Haare haben, einen Bier- statt einen Waschbrettbauch, kein Konto wie Rockefeller, Autoverkäufer statt Investmentbanker sind …

Doch selbst wenn wir das in unserem tiefsten Inneren wissen, heißt es noch lange nicht, dass wir dies auch umsetzen und uns auf eine/n vermeidlichen Mister Wrong / Misses Right einlassen. Wir sind von Kind auf konditioniert auf unsere Wunschvorstellung. Unsere Eltern erwarten von uns den perfekten Partner. Das Bilderbuchleben, das sie selbst in den wenigsten Fällen führen. Keine/r ist gut genug für das geliebte Kind. Die Medien: Sie spielen uns die große Illusion dieser Wunschvorstellungen vor. Diese zu überwinden, erfordert nicht nur Selbsterkenntnis, das Erkennen des anderen. Sondern auch den Mut, sich gegen Konventionen durchzusetzen.

Nach dem Was das Wo. Können wir die wahre Liebe im Internet finden?

Die Partnersuche boomt. Insbesondere im Worldwide Web. Online-Dating-Portale überschwemmen das Netz. Sei es für die Vermittlung des Partners fürs Leben, für eine nette Liaison zwischendurch oder für einen außerehelichen Seitensprung, die Branche hat mittlerweile alles zu bieten. Doch fühlt sich die Suche nach Liebe im Internet nicht künstlich an? Ein virtueller Supermarkt aus in der Regel austauschbaren Gesichtern und Profilen, die man beliebig nach links oder rechts schiebt. Dieser KICK, wenn man einem Menschen begegnet, dieser außergewöhnliche AUGENBLICK, wenn sich zwei Seelen begegnen. Magische Momente … Können sie wirklich im Worldwide Web virtuell entstehen? Und was ist mit dem Mysterium des schicksalhaften Zufalls?

Plädoyer für magische Momente!

DER magische Moment, der von heute auf Morgen Dein Leben verändert. Der Augenblick, den Du immer und immer wieder im Herzen hast? Den gibt es nicht im Internet. Da geht es um das bewusste Suchen und Finden der Liebe. Nicht um Amors Pfeil, der überraschend und schicksalhaft zuschlägt. Das Herz höherschlagen lässt. Kann ein Internet-Profil auf einer Dating Site wirklich unser Herz entflammen? Unsere Seele berühren, die Flamme entzünden, aus der Leidenschaft entsteht? Oder … fühlen wir uns eher wie auf virtueller Shopping-Tour nach Mister oder Miss Right. Wir geben sämtliche Wunschparameter unseres perfekten Partners ein: Interessen, Aussehen, Neigungen, Status und natürlich die wichtigste Frage: „Was suchst Du in einer Beziehung?“ Himmel hilf! Ist das nicht langweilig? Ist denn Liebe wirklich planbar? Was ist mit dem Reiz des Geheimnisvollen, der Überraschung, die eine Begegnung in ein Erdbeben verwandeln kann? „Ich erkenne die Absicht und bin verstimmt.“  Denn ich suche:

Zärtlichkeit: wenn Seelen sich berühren …

Kribbeln im Kopf. Gänsehaut auf der Seele. Sehnsucht im Herzen. Begleiterscheinung einer Liebe, die uns mit Zärtlichkeit und Zuneigung einfängt. Zarte Berührungen, Küsse, Umarmungen können so viel prickelnder sein als eine „Einkaufstour im Internet“. „Sex & fast Food.“ Lassen wir den „Hirn-Tor-Wart“ auf der Ersatzbank pausieren. Öffnen wir unser Herz. Auch wenn das zu Schmerz führen kann.  Es geht nicht ohne Verletzlichkeit. Wenn wir ehrlich sind, uns einem anderen Menschen öffnen, dann sind wir so fragil wie eine Rose im Regen. Und: manchmal ist der Anblick einer Rose wertvoller als ein Stück Brot!

FAZIT

Lasst uns leben und lieben. Und wo immer wir die unperfekte Liebe finden: Genießen wir sie und lassen wir den Hirn-Tor-Hüter nicht gewinnen gegen den Herzenstürmer, der oder die unsere Seele im Sturm erobern kann … So wir es zulassen! Cheers. Auf die Liebe. Auf die Rose.

Nicole schreibt:

Wie kommt es, dass wir unser Herz an einen anderen „verschenken“?
Oder gar „verlieren“?
Dass dieser Muskel, dessen tägliche Tätigkeit für unser Leben ackert,
entweder lichterloh feuernd (v)erbrennt.
Andere Male so rein gar nicht entfacht wird?

Eine Frage der Chemie? Des Zeitpunkts?
Gar einer Wiederbegegnung mit einer verwandten Seele?
Wer daran glaubt: vielleicht sogar aus einem anderen Leben?
Die Antwort können wir nur in uns selbst und mit dem Liebespartner finden.
Der Verstand … wird in der Phase der Verliebtheit auf die Reservebank versetzt.

Manche Begegnungen jedenfalls entfachen dieses Feuer der Liebe.
Und bringen uns dazu, den Verstand zu ignorieren.
Wir lassen uns fallen. In ein Loch wie ein tiefer Brunnen.
Dessen Quelle einem Fluss gleicht, dessen Verlauf und Stromschnellen
wir nicht voraussehen können.

Die Liebe ist das größte Geschenk.
Allerdings auch eine großartige Gefahr.
Sie schenkt uns die schönsten aller Gefühle.
Gleichzeitig vermag sie, unsere Seele zu zermartern.
Müssen wir doch eines lernen:
sie anzunehmen. Mit ihr umzugehen.

Zu akzeptieren: Wir können nichts und niemanden gänzlich besitzen.
Wir müssen lernen, die zauberhaften Momente, die uns dieses magische Geschenk gibt,
zu genießen. Wie das kostbarste Gold, das uns das Leben schenkt.

Folgen wir dem Herzen:
Begeben wir uns auf die Wildwasserfahrt der Liebe … Dann: geht es auf und ab.
Selten geradeaus. Ohne Rettungsweste. Manches Mal fallen wir ins tosende Wasser.

Der Verlauf der Liebe. Er ist nicht immer so, wie wir es uns vorstellen.
Freiheit, Vertrauen, Mut und Unvernunft lassen uns himmelhoch jauchzen.
Zweifel, Eifersucht, Kontrolle und erlerntes Schubladendenken,
Angst und falsche Ansprüche sind die Feinde der Liebe.

Wenn wir sie besiegen, dann können wir das Zauberwerk der Gefühlsexplosion
erst richtig genießen. Das Schicksal weiß schon, warum es uns zusammenführt.
Vertrauen wir ihm. Dann geht es nicht um Besitz, Status, Unterschiede, Ansprüche und Schubladendenken. Dann siegen die Gefühle. Das Wahre, Schöne & Gute.

Dann können wir die Liebe, das schönste aller Gefühle, in beidseitiger
Freiheit, freud- und friedvoll auskosten, das Gold im Herzen des anderen
für immer im eigenen Herzen bewahren und unser eigenes zurückgeben.
Welch wunderschöne Unvernunft, die das Leben in Liebe erst lebenswert macht!

Andreas schreibt:

„Liebe ist, wenn …“ Wir kennen alle diese offene Frage und die diversen Antworten, die meist beliebig und banal ausfielen. Aber sie zeigten auf, wie vielfältig die Liebe verstanden werden kann und wird. Ich habe mich oft gefragt, was ist der Unterschied, wenn ich zu meiner Partnerin sage „Ich liebe dich“ oder sage zum Beispiel „Ich liebe mein Kind“? Beides kommt zweifellos von Herzen und hat doch unterschiedliche Bedeutung. Warum stelle ich dies voran? Ich meine, Liebe ist weder vernünftig noch unvernünftig.

Ich bin in eine Frau verliebt, die wesentlich jünger ist. Vernünftig oder unvernünftig? Wir kennen uns seit vielen Jahren, hatten aber einen unterschiedlichen Lebensweg und lebten an verschiedenen Orten. Und dann geschieht ein Wunder, das uns unverhofft zusammenführte. Es war die Liebe auf den ersten Blick, als hätte es nie etwas anderes zwischen uns gegeben. Es war das wunderbare Gefühl der Zusammengehörigkeit, des Vertrauens, der Seelenverwandtschaft. Vernünftig oder unvernünftig? Die Frage stellte sich uns gar nicht erst. Die Liebe war einfach da.

Wie sich herausstellte, hatte jeder von uns eine ziemlich schlimme Beziehung hinter sich, die prägend für unser Leben war. Okay, man kann diese Episoden beurteilen als Unvernunft der Liebe. Gerade diese Erfahrungen und Prüfungen aber machten uns reif und, im Wortsinn, überlegen für eine wahre Liebe.

Aus einem Gedicht von Erich Fried: „Es ist, was es ist, sagt die Liebe“.

Meine Freiheit wird die Deine

Wenn Du an Dir Du selber wirst

Die Quelle Deiner Liebe strömt in meine

Wenn Du Dich in Dich selbst verlierst

Liebe will Liebe

Aus dem Tiefenrausch, dem Grund

Liebe will Liebe

Allmacht, Ja in Gottes Seelenmund

Du bist in Dir von jeher Erde

Im Schoß der Welt ruht Ewigkeit

Du lebst in Dir das alte „Stirb und Werde“

Dein Schoß ist fruchtbar und wird weit

Liebe will Liebe

Schönheitsstab und Sommersohn

Liebe will Liebe

Samen, Herzanis und Mädchenmohn

Herrschen heißt der Liebe dienen

Es gibt kein Weil und kein Wozu

Dienen heißt dem Leben zu geziemen

Es lebt im Wir das Ich und Du

Liebe will Liebe

Ohne Mein und ohne Dein

Liebe will Liebe

Nur was wirklich ist, soll sein

Unsere Freiheit wird bestehen

Wenn wir aus uns wir selber sind

Die Quelle unserer Liebe will uns sehen

Weil mit uns die Welt beginnt

(Aus dem Gedichtzyklus „Ja, Du“ von Hans Christian Meiser)

Was an Dir getan ist, sage

Kraft des un-bedingten Ja

Was an Dir geschehen wird, wage

Höre auf die Tiefe. Sie ist da

Im Bejahtsein werden wir uns stets verlieren

Weil es sich selbst an uns erfüllt

Lass dies Geschenk in Dir niemals erfrieren

Auch wenn ein Nein das Ja umhüllt

Was wir waren, lässt die Liebe in uns sterben

Sie nimmt und gibt zugleich

Sie will, dass wir durch sie befähigt werden

Arm zu sein und unermesslich reich

In ihr entdecken wir die Ja-Allmacht

Ins Leben sterben wir hinein

Sie führt uns auf die Spur der Tagesnacht

Wir finden sie. Und kehren heim

Der, dem die Wirklichkeit begegnet

Wird selbst ursprünglich, ohne Scheu

Der, der uns in Liebeswahrheit segnet

Ist selber Ursprung, ewig neu

Er lässt sich ganz in uns geschehen

Kraft des un-bedingten Ja

Ohne Augen können wir ihn sehen

Er ist die Tiefe. Er ist da

(Aus dem Gedichtzyklus „Ja, Du“ von Hans Christian Meiser)

Ich bin in Dich verwandelt

Vergess mich immer neu in Dir

Es ist ein Wort, das aus sich handelt

Es führt zu uns: Aus dort wird hier

Dies Wort gebiert die Melodie des Seins

Es sieht am tiefsten mit den Augen des Vertrauens

Durch seine Saat sind wir in Licht und Schatten eins

Und wohnen in der Kunst des In-sich-Schauens

Wir singen uns das Lied von innen

Ins Sein hineingeöffnet und vollbracht

Wir wollen nicht verlieren, nicht gewinnen

Wir kennen nur die Freiheit, nicht die Macht

Wir wandeln uns zum Ursprung und sind deshalb jung

Wir wachsen nicht im Mittelmond

Wir brechen unser Brot in der Vereinigung

In der die körperliche Seele thront

Wir schöpfen aus der Tiefe, aus der wir letztlich sind

Und leben nicht im Binnenraum von „Ich bin ich“

Die Schönheit und die Liebe sind unsrer Freiheit Kind

Denn ich bin Du. Und Du meinst mich.

Wir sind in uns verwandelt

Vergessen uns stets neu im Sein

Es ist ein Wort, das aus sich handelt

Es führt zu uns: Wir sind daheim

(Aus dem Gedichtzyklus „Ja, Du“ von Hans Christian Meiser)

Ich sehe Dich von innen her

Du hast mich ganz berührt

Wir strömen in das Urbildmeer

Ich hab mich tief in Dir gespürt

Wir sind Liebe

Freiheitsfrühling und Verzicht

Wir sind Liebe

Herzgeburt und Sterngesicht

Wir haben uns so viel zu geben

Auf dem Wege zur Vollkommenheit

Wir können diese Nacht bewegen

Mit der Kraft der Zärtlichkeit

Wir sind Liebe

Trauerquell und Freudenleid

Wir sind Liebe

Und der Ewigkeit geweiht

Wir schauen uns in nie gekanntem Maße

Getauter Tränen Heiterkeit

Wir sind Reinheit und Ekstase

Federleicht verflossen in die Zeit

Wir sind Liebe

Unerschöpflich schön und zart

Wir sind Liebe

Ursprung in der Gegenwart

(Aus dem Gedichtzyklus „Ja, Du“ von Hans Christian Meiser)

Ich trete Dir entgegen

Und geb mich weg zu Dir

Und lebe um des Gebens wegen

Und finde mich in Dir

Auch wenn Du fort bist

Bleibst Du verwandelt hier

Du weißt, dass dies der Ort ist

An dem die Wahrheit wächst: Im Wir

Aus ihm heraus entspringt der Samen

Der Schöpfungsmorgen, Gottgeburt im Ja

Aus Sehnsucht rief es unsren Namen

Wir hörten ihn. Jetzt sind wir da

Die Liebe rief uns aus dem Nichts

Wir lebten ortlos im Wenn-Dann

Bis auf ein Zeichen des Gesichts

Die Freiheit uns für sich gewann

Sie hat uns berührt

Wir sind am Ende alter Zeit

Sie hat uns mit sich fortgeführt

Nun sind wir die Ewigkeit

Und treten uns entgegen

Es gibt jetzt kein Zurück

Und leben um des Gebens wegen

Und gehen hin und bringen Glück

(Aus dem Gedichtzyklus „Ja, Du“ von Hans Christian Meiser)