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Fremde Welten, neue Zivilisationen? Beim Online-Dating kein Problem. Wer in die Welt der Dating-Portale eintaucht, muss nicht erst das Raumschiff Enterprise besteigen, um derlei zu erleben. Beispiel gefällig? Ich hatte mich auf so einer Plattform angemeldet, obwohl ich damals gar nicht wirklich auf der Suche war, sondern weil ein Freund von mir sie über den grünen Klee gelobt hatte. Also Profil erstellt, mal ein, zwei Tage umgesehen und fast schon wieder vergessen, als die Interessensbekundung einer Frau in mein dort hinterlegtes E-Mail-Postfach flatterte. Das machte mich dann doch neugierig, denn im virtuellen Raum ist es ähnlich, wie im realen Leben: Frauen erwarten, dass die Männlein den ersten Schritt tun. Wir hatten erst ein paar Sätze hin und her geschrieben, als sie bereits vorschlug, die Unterhaltung doch lieber auf What’s App fortzusetzen. Das fand ich recht ungewöhnlich, da die Damen dieser Welt ihre heilige Handynummer normalerweise nicht so ohne weiteres – und vor allem nicht so schnell – herausrücken.

Mit Neugier in die nächste Online-Dating-Runde

Also Handynummern getauscht (ich hatte sie vorher nach einem Bild von ihr gefragt) und vom Rechner zum Mobiltelefon gewechselt. Als erstes kam ein Bild, und dieses erste Bild ist ja normalerweise in derlei Portalen eher eines der braven Art: Ich und mein Hund, meine Katze, meine Geranie und dergleichen. Aber holla die Waldfee, dieses hier war ganz anderer Natur: Sie, knieend auf dem Fußboden, in einen grauen Satin-Hausanzug gehüllt, der nach vorne hin großzügig aufgeknüpft war und das Panorama ihrer üppigen, in ein schwarzes Stick-Bustier gehüllten Brüste offenbarte. Dazu ein, das Gesicht verhüllender, schulterlanger Seitenscheitel. Wahrlich nicht hässlich in jedem Fall, aber natürlich in meiner persönlichen Altersliga, also mindestens Ü40. Danach erstmal Austausch von Wortflüssigkeiten, wirklich interessant wurde es dann wieder, als ich sie nach ihrem Job gefragt habe (sie hatte geklagt, dass sie abends immer total ausgebrannt sei).

Online-Dating mit Parteiverkehr

Sozialamt“, kam die Antwort und sogleich ein Lockruf: „Manchmal geht’s auch unter der Woche, wenn ich weiß, dass ich keinen Parteiverkehr habe am nächsten Tag.“ Unterkiefer unten. Lag am für mich doch selten erlauschten Wörtlein „Parteiverkehr“ und auch der Begriff „Sozialamt“ ruft in mir stets leicht kafkaeske Assoziationen hervor. „Arbeitest du denn gerade?“ fragte ich – es war circa 12.30 Uhr. „Klar“ kam die fröhliche Antwort und dann ganz schnell hinterher: „Und was beim Sex fehlt dir denn? Und hast du das mit dem Belohnen auch verstanden?“ Ich, leicht verständnislos: „Wie meinst du das denn mit dem Belohnen?“ Da kam dann ein ziemlich langer Post, unter anderem mit der Message „Das Besuchbare und die Diskretion werden mit TG belohnt“. Und recht schnell und konsequent hinterher: „Wenn du damit ein Problem hast, dann sag’s gleich, bevor wir weiter schreiben!“ TG? Meine Gedanken rasten, hatte das Kürzel eigentlich eher mit Trans-Gender verknüpft, also irgendwas mit Geschlechtsumwandlungen. Dann fiel im wahrsten Sinne des Wortes der Groschen.

TG steht nicht für Transgender

Ich schrieb: „TG ist Taschengeld? Was stellst du dir denn da so vor?“ Sie: „Lass dir was einfallen!“ Meine immer noch unschuldige Antwort: „Ich fände Geschenke schöner, weil sie mehr Kreativität erfordern“ (Sonnenbrillensmiley). Aber nun machte sie mir klar, dass es hier nicht um Kreativität ging, sondern um essentielles – für eine gestresste Staatsangestellte. Ich will ihre Begründung nicht komplett wiedergeben, aber einige Auszüge ließen tief blicken: „Du kannst gerne zu meiner Kosmetikerin fahren und dort Gutscheine holen.“ Oder: „Gehe einmal die Woche zum Massieren, weil ich das jobtechnisch brauche.“ Ich antwortete ihr umgehend, dass das nicht mein Ding ist. Hatte aber ne halbe Stunde später eine Idee und fragte sie, ob sie mir – als Journalist – ein anonymes Interview zu ihrer Lebensweise geben mag. Die Antwort war schroff: „Auf keinen Fall, ich arbeite ja für die Politik!“

Für mich tun sich da echt Abgründe auf. Tagsüber Hartz4-Empfänger sanktionieren und sich in der Freizeit prostituieren für Kosmetik und Massage? Diese Welt geht echt den Bach runter …