Was hat Tanzen mit Sex zu tun?
Wem kommt das bekannt vor? Da bist du auf einem Event oder in einem Club, beobachtest seit geraumer Weile einen dir attraktiv erscheinenden Menschen des anderen Geschlechts und – Taraa! – ein neues Lied fängt an und dieses bislang wundersam anmutende Wesen eilt auf die Tanzfläche. Doch dann (WTF): Die wohlgeformten Gliedmaßen bewegen sich in der Art einer hölzernen Marionette. Füßchen links, Ärmchen rechts, drehen – womöglich noch selbstverliebt in die Runde gucken. Eben zuckten meine Beine noch ungeduldig, waren bereit, auf die Tanzfläche zu hechten und die Dame anzutanzen. Nun scheinen sie mir einen U-Turn zu befehlen: „Begib dich zur Bar, und zwar direkt, hol dir erst mal ein starkes Getränk gegen die Enttäuschung!“ So was in der Art.
Es geht auch andersrum
Ich habe aber auch schon das genaue Gegenteil erlebt. Da stehst du oder tanzt, scannst – weil auf Partnersuche – deine Umgebung und findest das, was Zen-Buddhisten so entspannt suchen: das Nichts. An solchen Abenden entkoppeln sich gerne meine Füße und Beine vom Rest des Konstrukts namens „Mein Körper“ und haben einfach Spaß: hüpfen, grooven, nichts denken außer „es ist heiß hier“ – vielleicht kennt ihr das ja auch. Und dann Songwechsel, Auftritt von links oder von mir aus rechts, eine unscheinbare Frau, längst gescannt und für unsichtbar befunden. Doch dann beginnt sie zu wirbeln und ihre Füße gehen in direkten Kontakt mit der Erde. Der Wind ihrer Drehungen lässt ihr Haar wehen. Das Feuer ihrer Freude am Tanz lodert, ist förmlich greifbar. Und das Wasser ihrer emotionalen Tiefen will – nein sollte! – erforscht werden.
Wen spreche ich an?
Bleiben wir doch bei diesem – mitnichten gänzlich fiktiven – Abend. Immer vorausgesetzt, die körpereigenen Hormone lodern noch immer, so gilt es ja nun eine Entscheidung zu treffen. Wen spreche ich an? Welches Schweinderl soll’s denn sein? Herzblatt round here? Ist es die da, die Alpha-Beuteschema-Marionette? Oder die da, die wirbelt und sich freut und – oft mit geschlossenen Augen – die Welt berührt? Ich habe beides ausprobiert. Nicht am gleichen Abend natürlich, aber in durchaus vergleichbaren Situationen. Und dann gibt es da ja noch diesen oft gnadenlosen Realitätsfilter, der dir signalisiert, dass zwar du die eine oder die andere für des Ansprechens würdig erachtet hast, aber schlicht nicht ihr Typ bist. Aber ab und an gab es denn doch „Ergebnisse“, die ich euch nicht vorenthalten will.
Merz-Spezial-Dragees oder Placebo?
Kommen wir zuerst zum „Beuteschema“ (zu diesem Begriff wird es noch mal einen gesonderten Text geben). Bingo: Die 90-60-90-Blondine, die zwar schlecht tanzt und schwäbisch spricht, kommt zu dir nach Hause. Schwäbisch? Lieber ganz schnell, ganz viel küssen, dann wird das schon. Es ist soweit, sie wird scharf, zieht den noch verbliebenen BH aus und … – die 90 cm obenrum kullern den Brustkorb runter wie ein Rollladen. Was bleibt da noch? Nix! Und das ist eine Lehre, die du nie vergisst. Sagt man ja gerne so – lass dich nicht von Oberflächlichkeiten blenden – Placebo halt.
Der Slogan der Merz-Spezial-Dragees lautete ja „Wahre Schönheit kommt von innen“. Und dem Schicksal sei es gedankt, auch das habe ich schon erlebt. Sie: Tiefe Augenringe, krasser, nahezu militärischer Kurzhaarschnitt, ungeschminkt (später kamen dann auch noch wild an Bewuchs wuchernde Unterschenkel hinzu). Aber in der Tanzbewegung! Katzengleich, im Hier und Jetzt! Und hell im Oberstübchen. Es folgte eine wunderschöne Nacht, während dem Sex lachte ich, aus reinem Glück, sie gefunden zu haben. Wir waren zwei gute Jahre zusammen …