Von Ariane Nickel

Wer es erlebt hat oder gerade erlebt, weiß: Co-Abhängigkeit, emotionale Abhängigkeit von einem Menschen oder eine solche Beziehung, ist ein Leben im Käfig der Täuschung, der Selbstverleugnung bis hin zum Selbstverlust.

Wer in eine Co-Abhängigkeit geraten ist oder tief drinsteckt, gibt einer anderen Person Macht. Alles, was sie oder er tut oder nicht tut, alles was er/sie sagt oder nicht sagt, bestimmt alles und beeinflusst die eigenen Gefühle, Gedanken und das Handeln.

Du verlierst zunehmend Selbstachtung, Selbstwertgefühl und Selbstbestimmung wie gefangen in einem Käfig der Fremdbestimmung, und alles dreht sich nur noch um den anderen.

Du verleugnest deine Bedürfnisse, wirst klein und kleiner, schwach und schwächer, kraftlos, immer öfter krank … fühlst dich immer hilfloser und ohnmächtiger.

Die Beziehung zu lösen scheint unmöglich – klammerst dich an das wenige Schöne, wirst Weltmeister im Bagatellisieren oder Beschönigen.

Wie kommt man da raus?

Der erste Schritt ist: Bewusstwerdung.

Erst wenn wir uns zutiefst klar darüber sind und anerkennen, dass wir die Macht über uns selbst abgeben, haben wir die Chance, sie uns zurückzuholen.

Bewusst erkennen, was das mit dir macht. Und zu welchem Menschen dich das macht.

In der Co-Abhängigkeit lebt man in einem vermeintlichen Käfig, angemessene Emotionsregulation funktioniert nicht mehr oder nur begrenzt. Überforderung, Angst, ständige innere Unruhe, Wut, Verzweiflung, sinnlose Erwartungen, vergebliches Bemühen, vergebliche Hoffnung und ständige Enttäuschungen.

Positive Gefühle werden kaum mehr gespürt, heimlich, immer seltener.

Das Gehirn ist ständig im Stressmodus ebenso wie der Körper. Stress verhindert Klarheit. Dadurch verengt sich der Fokus und man sieht so keine Lösung.

Manche Co-Abhängige glauben sogar, ohne den anderen nicht mehr leben zu können, oder sie hätten die Verantwortung für den anderen und dieser würde ohne sie untergehen.

Das schafft Schuldgefühle, die immer mehr blockieren und eine gesunde Selbstfürsorge boykottieren.

Die Verzweiflung wächst. Ausweglosigkeit macht sich breit. Man verliert den letzten Rest des Selbstwertgefühls und bleibt wie gefangen in einer Situation, die längst gewohnt ist.

„Aber ich schaffe es nicht zu gehen“, kommt dann. Abhängig von der Sucht, gebraucht zu werden?

Nein, das ist keine Liebe, weil Liebe nicht weh tut, weil Liebe nicht eng macht, sondern weit, weil Liebe uns beflügelt und nicht unsicher, weil Liebe Kraft gibt und sie nicht raubt. Weil Liebe ein gegenseitiges einander Guttun ist.

Das, was ist, ist keine Liebe – das ist Abhängigkeit.

Warum bleiben viele Co-Abhängige trotzdem?

Aus Mangel an Eigenliebe, begrenzenden Glaubenssätzen, Erniedrigung und fehlendem Selbstwertgefühl werden mit der Zeit Selbstaufgabe, Selbstzweifel und ein gestörtes Selbstbild.

Mehr Angst zu gehen als zu bleiben, gehst du allmählich zugrunde.

Wer das alleine nicht schafft, dem hilft Learning. Lerne mehr darüber, wie du dich befreien und erlösen kannst von toxischen Verstrickungen und wie du wieder in deine Kraft kommst.

von Bobby Langer

Nein, gibt es nicht. Damit könnte das Thema erledigt sein. Nur fragt man sich dann doch, und sei es heimlich: Warum eigentlich nicht? Bevor ich mich mit der bzw. einer möglichen Antwort beschäftige, steht eine weitere Frage im Raum: Was ist das, die perfekte Liebe? Und ich hege den Verdacht, dass die Antwort auf letztere Frage erstere gleich mitbeantwortet.

Also: Was ist das, die perfekte Liebe? Darauf ließe sich philosophisch reagieren, was aber letztlich niemanden ernstlich interessiert. Dann also lebenspraktisch, sprich: Was bedeutet das für mich oder für dich oder sonst jemand? Wenn ich mich betrachte, dann wäre die Antwort im Alter von sechzehn Jahren garantiert anders ausgefallen als mit 40 oder mit 60 Jahren. Aber unabhängig vom Lebensalter hätte ich mir gewünscht, das Fremdsein zusammen mit einer Frau vergessen zu können; die kleinen Reste von Trauer, die im Hintergrund mitschwingen, wenn man aus dem Liebestaumel erwacht und die Hormone sich eingeheimst haben, wozu sie die Evolution bestimmt hat. Dann nämlich war immer noch neben mir die Andere; eine andere mit einer anderen, schwer zugänglichen Lebensgeschichte, mit anderen, gelegentlich befremdenden Interessen, mit anderen Vorlieben und Abneigungen, Wünschen und Visionen. Und irgendwann ging es mehr darum, die Spannung, die sich aus dieser Schere ergab, nicht überhandnehmen zu lassen.

Spätestens in mittleren Jahren habe ich mir ganz nüchtern gewünscht, in mehr als der Hälfte der Fälle zu bestimmten Lebensthemen gemeinsam zu schwingen. Das wäre mir schon ziemlich perfekt erschienen. Aber auch das hat nicht funktioniert. Trotzdem bin ich noch mit derselben Frau zusammen, seit weit über 40 Jahren. Da drängt sich mir der Verdacht auf: Irgendetwas muss da perfekt sein, sonst hätten wir nicht so viel Leben miteinander geteilt. Klar, man könnte auch sagen: Ihr wart zu feig, euch zu trennen. Aber so ist es nicht. Wir sind, auch erotisch, durchaus mal getrennte Wege gegangen, aber das hat uns nicht auseinandergebracht. Immer noch, und vielleicht mehr denn je, verstehen wir uns als Paar.

Vielleicht ist also die menschliche Antwort auf die doch sehr hoch angesetzt Frage: Perfekt ist die Liebe, wenn man sich echt um einander sorgt, wenn die Luft zwischen einem weder kalt ist noch heiß, sondern lind und mit einem gelegentlichen Frühlingsduft oder einem Geruch nach Kartoffelfeuer; das ist dann eine Luft, die man lange mögen kann; perfekt ist die Liebe, wenn man sich berühren kann und es nach so langer Zeit immer noch guttut; wenn man den Blick des anderen auffängt und ohne Worte weiß, was er meint. Perfekt ist die Liebe, wenn man sich für den anderen nicht verbiegen muss und doch respektiert wird in seinem Anderssein. Denn spätestens nach dem verflixten siebenten Jahr war uns klar: Die Hormonsprudel haben sich weitgehend ausgezischt. Wollen wir jetzt das köstliche Getränk ausschütten oder arbeiten wir an der bodenlosen Liebes-Tasse. Allein das gewollt zu haben und immer noch zu wollen, scheint mir schon ziemlich perfekt.

„Ziemlich perfekt“ gefällt mir ohnehin besser als „perfekt“. Perfektes wollen Jugendliche, Diktatoren und Geisteskranke. Erwachsene wissen, dass das Leben – und folglich auch die Liebe – genau betrachtet aus 1000 Grautönen besteht. 1.000 Grautöne sind vielmehr Reichtum als ein einmaliges Tiefrot. Wobei mir, ehrlich gesagt, das Wort „Rosatöne“ besser gefällt.

Und ein letzter Gedanke: Kann man diese große Frage unabhängig von ihrem Umfeld stellen? Wäre die Antwort außerhalb einer Konsumgesellschaft eine andere? Wie fiele die Antwort in Krieg, Armut oder Not aus? Ist nicht die Antwort die gültigste, die unter allen Umständen standhalten könnte, auch den widrigsten?

Geht wahre Liebe & echtes Leben nicht ganz anders?

Suchen wir nicht alle in unserem Leben die wahre, wundervolle, möglichst perfekte Liebe? Die große Hollywood-Romantik voll Tiefe, Schönheit, innigst berührenden Seelenmomenten? Natürlich mit WOW Effekt und für immer und ewig. Doch gibt es diese große, alles verändernde Liebe wirklich? Und erkennen wir sie überhaupt, wenn uns der Zufall – oder das Schicksal – sie uns auf dem Speiseplan des Lebens serviert? Sind wir offen, mit dem Herzen zu sehen? Oder ist unser Verstand der Torwart gegen den Schuss ins Herz? Macht unser „Hirn-Torwart“ uns gar blind für die Schönheit? Warum? Vielleicht weil wir der wahnwitzigen Vorstellung von Per-fek-tion hinterherjagen? Welcome to the club! „Nobody is perfect“ ist das zutreffende Fazit in Billy Wilders Komödie „Manche mögen’s heiß!“ Das erwählte Weib entpuppt sich als Mann. So what? Hauptsache, das Herz findet seinen Hafen? Wenn das so einfach wäre, gäbe es weniger Einsamkeit, Verzweiflung, und, blicken wir den Tatsachen ins Auge, Grausamkeit.

Was ist Perfektion und warum begehren wir sie überhaupt? „Vollkommenheit. Etwas das nicht mehr verbessert werden kann.“ Hmmm … klingt das nicht furchtbar langweilig? Ist das nicht paradox zum Wesen des Lebens und der Liebe, die ja eigentlich ein zeitlich begrenzter Schulaufenthalt sind? Woraus wird er geboren, der Wunsch nach Vollkommenheit?

Charakteristisch für Perfektionisten sind hohe Standards, hohe Ziele und hohe Ansprüche an sich selbst. Mit Perfektionismus gehen häufig eine große Versagensangst, Befürchtungen zu scheitern oder Angst vor dem Verlust von Wertschätzung und Ansehen durch Mitmenschen einher. Perfektion wird somit aus der ANGST geboren, nicht perfekt zu sein. Ist Angst gar die Triebfeder von Versagen? Und entsteht sie nicht, wie so vieles, im Kopf? Macht der Hirn-Tor-Wart etwa gar keinen so guten Job? Alle, die schon einmal unter Prüfungsangst gelitten haben: Ihr wisst, was ich meine! Und Euer Versagen lag nicht an Eurem „nicht wollen, nicht können, nicht dürfen!“ Sondern einfach an dem „Misere stiftenden Monstrum PARANOIA!

Wahrlich! Unsere Gedanken: Sie manifestieren sich. Der Mensch hat 60-80.000 Gedanken pro Tag. Wie viele davon sind positiv? Wie viele das Gegenteil? Die erschreckende Erkenntnis: Ca. 85 Prozent davon sind negativ und haben eine destruktive Wirkung. Lediglich 15 Prozent aller Gedanken sind positiver Natur und wirken konstruktiv. Ist das der Grund dafür, dass sich so viele Menschen in Meditation stürzen, um sämtliche Gedanken zu verdrängen? Sind Alkohol und Drogen nicht weitere Suchtmittel, um unerwünschte „Hirnattacken“ hinfortzutreiben? Die Selbstdarstellung unserer Perfektion, gefiltert und geschönt, sie hat längst Einzug gehalten ins (Un-) Social-Media-Leben. Die perfekte Fassade als Garant für ein glückliches Leben in Vollkommenheit. Doch was, wenn wir die Filter löschen, die Fassade ankratzen? Finden wir jemals das, was wir vermeintlich suchen: Perfektion? Und ist das wirklich Wunsch? Oder Wahnsinn?  Leben wir nicht sogar in einer traurigen Welt voller glücklicher Bilder? Doch ist der Wunsch nach Vollkommenheit nicht allzu menschlich angesichts der aktuellen, immer wiederkehrenden Krisen auf dieser Welt? Eskapismus aus dem Realismus. Das heilt unsere Herzen. Und wer, wenn nicht Amor ist der Himmelshelfer?

Wir alle suchen Seelenheil. Viele von uns in einer vermeintlich perfekten Liebe! Denn sie hält uns einen Spiegel der Vollkommenheit vor, dem wir eigentlich nicht gerecht werden können. „Spieglein, Spieglein an der Wand. Wer ist die Schönste im ganzen Land?“ Was, wenn Brad Pitt Angelina Jolie den Stinkefinger in ihr makelloses Antlitz gebohrt hat? Die Oberperfektionistin und Übermutter ließ sich ihre Brüste entfernen, obwohl (noch?) gar keine Krebsdiagnose vorlag. War der Perfektionsanspruch des selbsternannten „Engels der Schönheit“ gar der Grund für den schäbigsten Rosenkrieg der heutigen Zeit? What goes around comes around: Perfektion entsteht aus Angst. Angst entsteht aus der hirnrissigen Vorstellung, perfekt sein zu müssen. Ein Teufelskreis … Der in der Liebe seinen Höhepunkt findet. Im wahrsten Sinne des Wortes!

Vom Suchen und Finden der perfekten Liebe …

Ich würde sagen: Die perfekte Liebe & das vollkommene Leben stehen auf der „Bucket list“ bei den meisten von uns ganz oben. Aber ist das wahrlich ein begehrenswertes, gar erstrebenswertes Ziel? Ist gemeinsam gepaarte Fehlerlosigkeit wünschenswert, wirklich sexy, anziehend? Realistisch? Oder eine „Grand Illusion“? Betrachten wir die Welt der Schönen und Reichen: TripleJAJAJA! Wirtschaftsmagnat verliebt sich in Top Model. Schöne Schauspieler wie Leonardo di Caprio legen eine Schönheitskönigin nach der nächsten flach. Allerdings: Wo ist das wahre Liebesglück? Wir hetzen im Hamsterrad nach dem großen Glück. Der Vollkommenheit. Ohne sesshaft zu werden. Da ist sie wieder. Die Angst. Vor: Verpflichtung. Sie bereitet uns Furcht. Und doch: Wir brauchen sie. Sehnen uns nach Sesshaftigkeit. Hetzen dem Ideal der Glücksfindung hinterher. Erstreben einen Hafen für unser Herz. Den oder die Seelenpartner, die uns das schenken, was das Leben lebenswert machen: die wahre Liebe!

Was macht sie aus, die wahre Liebe? Welche Attribute müssen Mister oder Miss Right haben, um unserem immanenten Anspruch nach Perfektion Genüge zu tun? Die meisten von uns sind Meister im Ansprüche stellen. Nicht, im Liebe zulassen, die oft andersartig ist als es uns das die Klischees der Konvention vorgeben. Romeo und Julia entsprechen im wahren Leben nicht unbedingt der Oskar-preisgekrönten Filmversion. Blendend aussehend, schlank, gestählt, reich, intelligent, humorvoll, großzügig, erfolgreich, potent, jugendlich, schick und schön soll er/sie sein. Und natürlich treu und zuverlässig. Möglichst ohne Macken. Doch selbst Angelina Jolie und Brad Pitt zerbrechen an dieser Wahnvorstellung. Wer wünscht sich nicht das Team Jennifer Aniston und Brad Pitt zurück, ein Paar, das schön und gleichzeitig nahbar ist. Eben weil es nicht zu 100 Prozent perfekt ist. Ist es nicht Ausdruck wahrer Liebe, den anderen so zu lieben wie er/sie ist, obwohl, gar weil er/sie so ist, wie er ist?

Ecken und Kanten machen Individuen liebenswert!

Sind es nicht gerade die kleinen Macken, die Ecken und Kanten, die einen Menschen ausmachen und speziell machen? „Ich liebe dich. Nicht obwohl du so bist, wie du bist, sondern deswegen!“ Wer das zu seinem unperfekten Partner sagen kann, ist auf dem besten Weg, wahre Liebe in sein Herz und Leben einziehen zu lassen. Dazu gehört: die Erkenntnis, dass es Perfektion nicht gibt. Und: dass sie nicht wirklich begehrenswert ist. Und: dazu gehört zuallererst: die Selbstakzeptanz und das Wissen um die eigene Unzulänglichkeit nach den Kriterien der Perfektion. Wir müssen lernen, uns selbst zu lieben, bevor wir unsere Partner lieben, so wie sie sind. Auch wenn sie nicht Brad Pitt oder Angelina Jolie entsprechen. Vielleicht wenig – oder keine Haare haben, einen Bier- statt einen Waschbrettbauch, kein Konto wie Rockefeller, Autoverkäufer statt Investmentbanker sind …

Doch selbst wenn wir das in unserem tiefsten Inneren wissen, heißt es noch lange nicht, dass wir dies auch umsetzen und uns auf eine/n vermeidlichen Mister Wrong / Misses Right einlassen. Wir sind von Kind auf konditioniert auf unsere Wunschvorstellung. Unsere Eltern erwarten von uns den perfekten Partner. Das Bilderbuchleben, das sie selbst in den wenigsten Fällen führen. Keine/r ist gut genug für das geliebte Kind. Die Medien: Sie spielen uns die große Illusion dieser Wunschvorstellungen vor. Diese zu überwinden, erfordert nicht nur Selbsterkenntnis, das Erkennen des anderen. Sondern auch den Mut, sich gegen Konventionen durchzusetzen.

Nach dem Was das Wo. Können wir die wahre Liebe im Internet finden?

Die Partnersuche boomt. Insbesondere im Worldwide Web. Online-Dating-Portale überschwemmen das Netz. Sei es für die Vermittlung des Partners fürs Leben, für eine nette Liaison zwischendurch oder für einen außerehelichen Seitensprung, die Branche hat mittlerweile alles zu bieten. Doch fühlt sich die Suche nach Liebe im Internet nicht künstlich an? Ein virtueller Supermarkt aus in der Regel austauschbaren Gesichtern und Profilen, die man beliebig nach links oder rechts schiebt. Dieser KICK, wenn man einem Menschen begegnet, dieser außergewöhnliche AUGENBLICK, wenn sich zwei Seelen begegnen. Magische Momente … Können sie wirklich im Worldwide Web virtuell entstehen? Und was ist mit dem Mysterium des schicksalhaften Zufalls?

Plädoyer für magische Momente!

DER magische Moment, der von heute auf Morgen Dein Leben verändert. Der Augenblick, den Du immer und immer wieder im Herzen hast? Den gibt es nicht im Internet. Da geht es um das bewusste Suchen und Finden der Liebe. Nicht um Amors Pfeil, der überraschend und schicksalhaft zuschlägt. Das Herz höherschlagen lässt. Kann ein Internet-Profil auf einer Dating Site wirklich unser Herz entflammen? Unsere Seele berühren, die Flamme entzünden, aus der Leidenschaft entsteht? Oder … fühlen wir uns eher wie auf virtueller Shopping-Tour nach Mister oder Miss Right. Wir geben sämtliche Wunschparameter unseres perfekten Partners ein: Interessen, Aussehen, Neigungen, Status und natürlich die wichtigste Frage: „Was suchst Du in einer Beziehung?“ Himmel hilf! Ist das nicht langweilig? Ist denn Liebe wirklich planbar? Was ist mit dem Reiz des Geheimnisvollen, der Überraschung, die eine Begegnung in ein Erdbeben verwandeln kann? „Ich erkenne die Absicht und bin verstimmt.“  Denn ich suche:

Zärtlichkeit: wenn Seelen sich berühren …

Kribbeln im Kopf. Gänsehaut auf der Seele. Sehnsucht im Herzen. Begleiterscheinung einer Liebe, die uns mit Zärtlichkeit und Zuneigung einfängt. Zarte Berührungen, Küsse, Umarmungen können so viel prickelnder sein als eine „Einkaufstour im Internet“. „Sex & fast Food.“ Lassen wir den „Hirn-Tor-Wart“ auf der Ersatzbank pausieren. Öffnen wir unser Herz. Auch wenn das zu Schmerz führen kann.  Es geht nicht ohne Verletzlichkeit. Wenn wir ehrlich sind, uns einem anderen Menschen öffnen, dann sind wir so fragil wie eine Rose im Regen. Und: manchmal ist der Anblick einer Rose wertvoller als ein Stück Brot!

FAZIT

Lasst uns leben und lieben. Und wo immer wir die unperfekte Liebe finden: Genießen wir sie und lassen wir den Hirn-Tor-Hüter nicht gewinnen gegen den Herzenstürmer, der oder die unsere Seele im Sturm erobern kann … So wir es zulassen! Cheers. Auf die Liebe. Auf die Rose.

Mancher Mensch empfindet sie, manch einer nicht: Lei-den-schaft nach einem Menschen, eine Passion für etwas, was man sich immer wieder zu verschaffen, was man zu besitzen sucht, eine Tätigkeit, der man sich mit Hingabe widmet. Ist sie Fluch? Oder gar Segen? Und ist der Grat dazwischen nicht oft sehr schmal?

Habt ihr sie je erlebt? Diese Begegnung mit einem Menschen, die unser Herz von einer auf die andere Sekunde entflammt? Weiterlesen

Die schöne neue Welt: Wird sie eine Schönheit? Oder eine Grausamkeit?

Jeden Morgen stehen wir auf und „rennen nach den Rosen“. Streben nach Ruhm, Reichtum und Anerkennung. Wir wollen unsere Fußspuren hinterlassen. Besitztum anhäufen. Vielleicht, weil uns das hilft, unsere Sterblichkeit, die Angst vor dem Verlust zu leugnen? Dabei können wir doch, hier zitiere ich ein wunderbar weises Statement von Dr. Hans Christian Meiser, nichts wirklich besitzen. Alles ist geliehen. So auch das Leben an sich. Welch wahre Erkenntnis, die sich doch auf unsere intrinsischen und extrinsischen Werte auswirken sollte?! Doch wir Menschen neigen zur Verdrängung. Und die Sucht, zu besitzen, ist tief in uns verankert … Also versklaven wir uns weiter für den schönen Schein eines erfolgREICHEN Lebens. Statt uns um innere Wahrheit und Werte zu kümmern. Wer kann es uns verdenken? Der Mensch sehnt sich nach Sicherheit und die Medien leben uns vor, wie ein erfolgreiches Leben auszusehen hat. Höher, schneller, weiter. Dieses Credo führt leider zum Burn-out. Nun auch auf dem Globus. Wie können wir dem begegnen, ohne moralinsaure Nihilisten zu werden? Nur mit Herz UND Verstand … Gerade in Zeiten der Krise! So können wir sie womöglich in eine Chance wandeln …

Die letzten, nunmehr fast drei Jahre stellen uns vor Fakten und Veränderungen, die wir nicht mehr ignorieren können. Die Pandemie zeigt ihre Auswirkungen. Der Krieg in der Ukraine ebenso. Die Leichtigkeit des Seins ist nicht mehr selbstverständlich. (War sie das jemals?) Bei aller Lust am Genuss: Es fällt immer schwerer, die Augen zu verschließen und dem Leben vertrauensvoll zu begegnen. Dabei ist dieses Leben doch unser größtes Geschenk. Und sind wir es nicht schuldig, ihm mit Lächeln, Freude, ja Lebenslust zu begegnen? Jeden wertvollen Tag aufs Neue mit Lebendigkeit und Leidenschaft und Lachen zu zelebrieren? Carpe Diem. Dazu gehört auch Humor! Ein Wert, der gerade in schwierigen Zeiten an Essenz gewinnt. So wie die Resilienz der Seele, die uns hilft, mit Verlusten umzugehen. Ein Beispiel aus der bunten Welt der Eitelkeit. Wo ist sie besser anzutreffen als in der Mode und in Schönheitsidealen?

Lebenskunst ist die Kunst des richtigen Weglassens. Das fängt beim Reden an und endet beim Dekolleté.
Coco Chanel

Das Einzige, was wir – oder zumindest eine Vielzahl der Menschen – reduzieren wollen, ist unseren Körperumfang. „Eine Frau kann niemals reich und dünn genug sein!“ Welche Frau freut sich nicht über einen begehbaren Kleiderschrank mit schönsten Hüllen und Schuhen. Ganz im Sinne von Carrie Bradshaw … Auch ich gestehe, dass mich der Anblick meiner Kleider und Schuhe glücklich macht. Tag für Tag! Bei aller moralisch adäquaten Reduktion tut es der Seele doch so gut, Fülle zu genießen. Doch betrifft das wirklich nur wirtschaftliche Werte? Materialismus, Besitztum? Oder nicht vielmehr inneren Reichtum? Wir alle kennen diese Frage: Angenommen, wir hätten nur noch kurze Zeit zu leben, auf einer einsamen Insel. Wir dürften nur drei Dinge mitnehmen. Welche wären diese? Das, was uns täglich glücklich macht?! Ein Lieblingskleid. Die Musik, die unser Herz am tiefsten berührt, ein Buch, das wir unser Leben lang lesen können, ohne dass es uns langweilt … High Heels brauchen wir nicht am Sandstrand. Aber würden wir nicht alle drei Gegenstände austauschen gegen … unseren Herzmenschen?

Die Definition von Reichtum …

Ist der Mensch am reichsten, der das dickste Bankkonto, Häuser, Yachten, Luxuskarossen und eine riesige Fanbase an Followers hat? Oder ist es der Mensch, der tiefste Liebe empfängt? Ich plädiere für Letzteres. Okay. Ein gut gefüllter Cash Account, die Sicherheit, nicht darben zu müssen oder gar die Decke über dem Kopf zu verlieren, hilft, das Leben lässiger zu genießen. Sind die Grundbedürfnisse gestillt, ist es einfacher, den „Adlerblick“ über das Große und Ganze zu haben. Zeit zu finden für die Reise nach innen. Ist das nicht der neue Luxus, nach dem wir uns sehnen? Und das am besten nicht allein! „Einsamkeit ist das Vermissen eines anderen. Alleinsein ist notwendig, um uns selbst zu finden.“ Geht es letztlich nicht um das TEILEN INNEREN REICHTUMS? Was geschieht, wenn uns dies fehlt?

Vereinsamung & Depression

Das Phänomen greift in der modernen Welt, gerade während der Krise, drastisch um sich! Dennoch wird das kaum thematisiert. „Vereinsamung und Depression“ ist die neue Volkskrankheit. Nicht etwa nur bei alten Menschen, sondern insbesondere bei jüngeren „Singles“. In den Großstädten wohnen 42 Prozent allein. Macht das menschlich, gar wirtschaftlich Sinn? Weder noch. Monetär auf keinen Fall. Man betrachte die explodierenden Energiekosten. Ein warmes Dach über dem Kopf zu haben, wird immer schwieriger. Humanistisch macht die immanente Isolation noch weniger Sinn. Wir Menschen sind soziale Wesen, „Herdentiere“. Wir brauchen Liebe im Leben. Freunde und Verwandte um uns herum, die uns das Herz wärmen. Ist das nicht der wahre Luxus des heutigen Lebens? Es werden neue Wohnformen entstehen. Großfamilien, die zusammenleben, das machen uns bereits Länder wie Italien oder China vor. Moderne WGs könnten die Zukunft des Zusammenlebens definieren. Nicht mehr nur für Studenten, sondern alle Altersklassen. Gender divers versteht sich von selbst. Dazu bedarf es der Toleranz. Ein weiterer Wert, der immer wichtiger wird.

Der Schlüssel zur Liebe: Toleranz bedarf der Achtsamkeit & des Respekts

Nur wer achtsam ist, was die eigenen Werte und die Werte seiner Mitmenschen betrifft, kann tolerant sein. Das geht nur mit Respekt. Jeder Mensch ist innerlich gleich? Nein, wir sind Individuen. Und haben unterschiedliche Vorstellungen, Gefühle, Bedürfnisse. Wenn wir die unserer Liebsten nicht akzeptieren, so ist dies das Gegenteil von Liebe. EMPATHIE ist der Schlüssel zum Herzen. „Willst du dich selber erkennen, so sieh wie die andern es treiben, // Willst du die andern verstehn, blick in dein eigenes Herz.“ — Friedrich Schiller. Der Schlüssel. Und ist dieser Türöffner nicht nur der Öffner zum eigenen Herzen, sondern auch zu einem glücklichen Leben? Zum Finden der Liebe, die sich manches Mal hartnäckig versteckt, aber doch stets mit uns und omnipräsent ist? Wenn also die Welt durchgeschüttelt und gerüttelt wird, wie in Zeiten der aktuellen Krise, ob wir nun auf einer einsamen Insel sitzen, im Single-Haushalt oder in einer großen Villa: Ist es nicht das allerwichtigste, mit Menschen zusammen zu sein, die wir von Herzen lieben, wertschätzen und tolerieren?

Ist Menschlichkeit überhaupt noch „en vogue“?

Die künstliche Intelligenz greift über. Was passiert mit der Menschlichkeit? Eine wichtige Frage. Schreibt in wenigen Jahren die künstliche Intelligenz unsere Bücher? Fahren unsere Autos dann ganz von allein? Es scheint, den Menschen wird der Führerschein fürs Leben entzogen. Was macht den Menschen noch aus in einer Welt, die zunehmend von Robotern dominiert wird? Maschinen entmenschlichen. Doch programmiert wird die künstliche Intelligenz noch immer von Menschen. Wahre Intelligenz dreht sich nicht um Algorithmen. Sie verlangt Individualität & Kreativität. Und diese Eigenschaften sind das, was uns Menschen ausmacht. Solange wir dies im Herzen und Verstand wahrnehmen, brauchen wir keine Angst zu haben, dass sich unsere Welt in eine künstliche Matrix verwandelt. Menschlichkeit und Liebe sind der Kleister, der die Seele unserer Welt und der Menschheit zusammenhält. Wenn wir das alle leben, kann die neue Welt im Wandel eine wunderbare werden!

Was bedeutet dies für unsere Werte?

DENKER DIALOG: BEST OF BEST.
Der neue LebensStil der Zukunft:

Die Welt im Wertewandel und ihre Auswirkungen auf:

Finanzen:

Marc Wallendorf, Julian Rautenberg

Neue Lebensformen:

Jörn Kengelbach, Bernhard und Nicole Franken, Joi Design, Anabel Ternes, Boris Palmer

Philosophie und Astrologie:

Dr. Hans Christian Meiser: Video-Aufzeichung „Alles nur geliehen“, Kirsten Hanser „Aufbruch ins Luftzeitalter“

Psychologie:

Resilienz gegen die Vereinsamung. Wolfgang Roth, Rolf Schmiehl

KI und Kunst:

Uwe Wilhelm, Die Dekade der Menschlichkeit: Bert Martin Ohnemüller

von Claudio Hermani, Hermani Heritage

Kim erwachte durch einen Sonnenstrahl, der ihr durch den Spalt zwischen den schweren leinenen Vorhängen auf die Augenlider gewandert war.

Es dauerte einen winzigen Augenblick, bevor sie das Zimmer erkannte, einen weiteren, um zu denken, dass doch eigentlich schlechtes Wetter angesagt war.

Sie sprang aus dem Bett, zog beide Stores zur jeweiligen Seite, öffnete die Glastüren und trat auf den Balkon.

Sie jauchzte, begeistert von den riesigen, weißen Bergen, dem tiefblauen Himmel, der eiskalten Luft, deren sauberer Duft sie sofort in ihre Kindheit beförderte und ebenso schnell erschaudern ließ.

 

Die Wohnung ihrer Freunde war gut ausgestattet, sie fand eine kleine, altmodische Espressomaschine auf dem Herd, Kaffee hatte sie am Abend vorher im Dorfladen gekauft, zusammen mit Bündnerfleisch, Bergkäse, guter Schweizer Butter, knusprigen Bürli und ein paar Flaschen Veltliner.

Sie hatte den Kamin angemacht, ein weiterer Duft, der ihr fehlte, und das Abendessen genossen. Alleine, ohne TV oder Radio, nicht einmal Musik hatte sie angestellt, um das Knistern des Feuers besser hören zu können – und die Stille des Hauses.

Was ihr überhaupt nicht fehlte, war Robert.

Nicht sein Fahrstil auf dem Weg hierher, nicht seine Hilfe beim Herauftragen der Taschen, nicht sein exakt 50%-Beitrag beim Einkaufen.

Und nicht den Sex mit ihm, bei dem er sich, ähnlich wie beim Autofahren, zwar zielstrebig zeigte, aber auch eigensüchtig, zu schnell, an anderen Verkehrsteilnehmern uninteressiert.

 

Im Keller fand sie passende Skischuhe, Skier, Stöcke und war tatsächlich vor neun Uhr aus dem Haus.

Auf dem Weg zur Talstation der großen Seilbahn hatte sie am Abend vorher einen Sportladen gesehen, wo sie die Bindung auf ihr Gewicht einstellen ließ.

Die Tageskarte war wirklich sehr teuer, als Kind hatte ein Abonnement für die ganze Saison gerade drei Mal so viel gekostet; sie hatte einmal einen ganzen Winter hier oben verbracht, mit ihrem Vater, der das immer so machte.

Das Wetter hatte sich nun doch zum Schlechteren geändert, ab einer gewissen Höhe fing es an zu schneien, und auch der Wind nahm zu.

Als sie oben angekommen war, überlegte Kim, ob sie zum Aufwärmen zurück zur Talstation fahren sollte, entschied sich dann aber doch, weiter hochzufahren.

 

Diesmal saßen sie zu dritt in einer der kleinen Gondeln, die aus dem gleichen Gebäude starteten.

Sobald sie dieses verlassen hatten, brachte der Wind die Kabine derart zum Schwanken, dass Kim mit der Schulter gegen ihren Nachbarn prallte.  Der andere der beiden Männer schob das kleine Fenster nach oben, wodurch das laute Pfeifen ein wenig nachließ.

Grinsend schaute Kim die beiden an und sagte:

„Schön, zwei starke Männer dabei zu haben! Ich hoffe, ihr beide seid Cowboys, das sieht nach einem ziemlich wilden Ritt aus! Ich bin übrigens Kim.“

Ihr Gegenüber schien von der Situation alles andere als belustigt und sagte mit wütender Stimme: „Auf diese Art von Ritt kann ich verzichten! Wieso haben die Idioten uns überhaupt losfahren lassen, das ist unverantwortlich! Und ich habe Höhenangst!“

Mit jeder Schaukelbewegung wurde er ernster und ein wenig bleich noch dazu.

Der Mann neben ihr schien zwar auch beunruhigt, hatte aber immerhin die Kraft, sich vorzustellen: „Hallo Kim, ich bin Erik. Freut mich, dich kennenzulernen, wenngleich mir ein etwas weniger begleitendes Drama lieber gewesen wäre!“

„Benedict“, sagte der andere knapp.

Na toll, dachte Kim bei sich, von wegen starke Männer, ich bin scheinbar am wenigsten verängstigt.

 

Im gleichen Augenblick blieb die Gondel stehen.

Das heißt, es gab keine Vorwärtsbewegung mehr, denn seitwärts pendelten sie dermaßen, dass sie sich alle drei in jede Richtung abstützen mussten, um nicht von den Sitzen zu rutschen.

Dabei kam es zu mehrfachen Berührungen von Armen und Beinen, die jeder aber ohne Kommentar hinnahm. Derart verankert konnte man das Geschaukel ertragen, wenn auch das damit einhergehende Quietschen und Stöhnen der Struktur beängstigend war.

„Ich bin ja nur froh, dass wir in der Schweiz sind“, sagte Benedict, „die Seilbahn dürfte zumindest gut gewartet sein und gut gebaut. Machen sie ja schon lange genug!“

Das Schneetreiben war inzwischen so dicht, dass sie weder die Gondel vor noch hinter sich sehen konnten.

Ein Glück aber, dass sie nicht neben einem Pfeiler zum Stehen gekommen waren, sie hörten das Scheppern einer anderen Gondel, die gegen etwas knallte.

Alle drei zückten gleichzeitig ihr Telefon, nur um sich gleich darauf kopfschüttelnd anzusehen: kein Netz.

Sie versuchten zu erkennen, wie hoch sie über dem Boden waren, zwischen zwei Schneeböen, aber es sah auf jeden Fall zu hoch aus, um zu springen oder sich abzuseilen. Ganz abgesehen davon, dass es kein Seil gab!

 

„Dann können wir nur hoffen, dass es irgendwann weitergeht“, sagte Erik, „die Nacht könnte echt ungemütlich werden! Ist dir kalt?“, fragte er Kim.

„Alles gut“, sagte sie, „den Anzug habe ich vor zwei Jahren für eine Reise nach Sibirien gekauft, wir waren Motorschlitten fahren auf einer Datscha bei Novosibirsk. Der hält bis minus 30 Grad!“

Die beiden schauten sie bewundernd an, fragten abwechselnd nach, jeder erzählte ein wenig, man lernte sich kennen, eine etwas bessere Stimmung entstand, trotz des Pfeifens und Schaukelns.

Sie hatten ihre Helme abgenommen, und Kim sah von einem zum anderen. Erik war etwa so alt wie sie, um die dreißig, Benedict vielleicht zehn Jahre älter.

Er hatte einen ganz leichten französischen Akzent, während Erik wohl ein local boy war, aber mit gutem Hochdeutsch, von der Arbeit, tippte sie.

„Wenn du in Sibirien zurechtkamst, hast du wahrscheinlich auch hier eine clevere Idee?“, sagte er mit einem kleinen Lächeln, „mir wird nämlich jetzt schon kalt!“

Darauf zog Benedict, ohne zu zögern, einen silbernen Flachmann aus einer Brusttasche des Anoraks, und sie nahmen alle einen kleinen Schluck – sehr guter Kirsch.

Dabei sahen die Männer sich abschätzend an, ein kleiner Wettkampf lag in der Luft, und Kim empfand die Aufmerksamkeit als eine wohltuende, warme Welle.

 

Nun schauten sie sich die Gondel näher an. Es gab natürlich keine Verbindung zur Talstation. Nach einigen Versuchen fand Erik aber einen Weg, die Schiebetür zu entriegeln. Vorsichtig schob er sie auf, und sie blickten nach unten, während Benedict sich in die hinterste Ecke klammerte und der Wind mit voller Wucht in die Kabine blies. Erik schob sie schnell wieder zu, nachdem Kim und er erkannt hatten, dass es zum schneebedeckten Boden mindestens zehn Meter waren, ein Sprung war ausgeschlossen.

Erik rückte etwas näher an sie heran, sie spürte seinen Oberschenkel und konnte sein Parfum riechen – gut, vielleicht Hermès?

Sie fand es jedenfalls nicht unangenehm, vielleicht wärmte man sich so gegenseitig.

Benedict schien sich eher an etwas festhalten zu wollen, er rückte etwas nach vorne und legte seine Hände auf Kims Knie, wie um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.

„Erzähl ein wenig von dir“, sagte er, in ihre Augen schauend, „was machst du, wo bist du her, wo lebst du, und mit wem?“

„Oh, Monsieur Benedict“, antwortete sie belustigt, „Sie wollen aber viele Dinge wissen! Nun, ich bin in der Schweiz groß geworden, und im Winter kam ich mit meinen Eltern hierher, wir hatten ein Haus über dem Suvretta Hotel. Jetzt lebe ich in Frankfurt, wo ich in einer Werbeagentur arbeite.“

„Und jetzt ein paar Tage in den Bergen, um kreative Energie zu tanken? Alleine, weil dein Freund wahrscheinlich Banker ist und gar keine Zeit hat für dich, neben der Arbeit?“

Erik bewegte sich neben ihr, drückte sein Bein ein wenig stärker gegen ihres.

„Ich glaube, dass Kim ganz gerne Dinge alleine unternimmt, stimmt’s? War der Kerl in Sibirien dabei? Nein? Dachte ich mir. So ein Dummkopf!“

Jetzt musste Kim laut lachen, schaute erst Erik, dann Benedict belustigt an:

„Nicht schlecht, ihr zwei, fast alles richtig geraten! Ich bin mir tatsächlich nicht sicher, ob mein Banker der Richtige für mich ist, und genieße schon immer meine Freiheit und Unabhängigkeit. Und hier oben ist schon die Luft so, dass man klarer im Kopf wird!

Außer man ist mit zwei Unbekannten in einer winzigen Kugel eingesperrt! Könnten die Herren auch ein wenig von sich preisgeben? Monsieur? Nun?“

Ein weiterer, noch stärkerer Windstoß brachte die Gondel fast in die Horizontale, Benedict schrie auf. Kims und Eriks Kopf wurden zusammengedrückt, und da sie sich gerade anschauten, ergab sich eine Art Kuss, wenn auch ein etwas schmerzhafter.

Erik legte aber, wie um sich festzuhalten, seine Hand hinter ihren Hals, zog sie zu sich und küsste sie weiter. Das und Benedicts Hände, die sich sachte auf der Innenseite ihrer Schenkel hinaufbewegten, erzeugten ein wahres Neuronenfeuer in Kims Kopf, sie ergab sich ihm und genoss einfach den Moment. Der andauerte, anschwoll, immer intensiver wurde, bis sie tatsächlich mit einem kleinen Schrei, nun ja, kam.

 

Die Welt stoppte für einen Augenblick, es wurde still, nichts schaukelte, nichts pfiff. Die drei verharrten ebenfalls unbewegt, Benedict zog ganz vorsichtig seine Hände zurück, bis sie wieder auf Kims Knien lagen. Erik hielt weiterhin Kims Hals von hinten und ließ seine Stirn an ihrem Kopf ruhen. Sie atmeten still, die Augen geschlossen. Ein kleines Wunder.

Aber wie ein geworfener Stein Wellen im See erzeugt, die bis zum Ufer kommen, schien das Feuerwerk an Energie aus der Gondel hinauszusprühen, an den Kabeln entlang, bis zu beiden Enden.

Die Gondel setzte sich in Bewegung.

Kim öffnete die Augen, gab Erik einen Kuss auf die Wange und danach auch Benedict.

Sie lachte, erst verhalten, dann laut, natürlich, voller Freude und scheinbar ohne Beschämung, bis sich auch auf den Gesichtern der Männer ein Grinsen einstellte.

Jeder lehnte sich zurück, sie schauten sich an, und Kim sagte endlich:

„Das werde ich euch nie vergessen! Ihr seid … wundervoll! Danke!“

Jetzt machte sich eine Ausgelassenheit breit, alle lachten, die Männer bemerkten abwechselnd etwas über den Start der Bahn, über den nachlassenden Wind, über die bessere Sicht.

Kim war nun doch ein wenig verschämt, sie schien in sich zu blicken, sich selbst erklären zu wollen, wie so etwas denn passieren konnte, die Situation, die Anspannung, ihr Bedürfnis.

Da sagte Benedict leise, aber bestimmt: „Wir werden das ganz genau so handhaben, wie DU willst, Kim. Es ist nie passiert, und jeder geht seiner Wege. Oder ich darf euch nach der nächsten Abfahrt zum Mittagessen einladen, ich fände sogar ein Glas Champagner angebracht. Kim entscheidet – nicht wahr, Erik?“

„Natürlich“, antwortete dieser, blickte Kim dabei aber sehnsüchtig an.

Kim schaute vom einen zum anderen, ihr schönstes Lächeln erschien, und sie sagte:

„Jeder seiner Wege? No, no, no! Der Champagner ist genau richtig, wobei ich diejenige bin, die einladen sollte, oder? Wir haben aber auch unsere Rettung zu feiern und werden die Bläschen als Guides für unsere weiteren Wege nehmen, einverstanden?

Nicole schreibt:

Wie kommt es, dass wir unser Herz an einen anderen „verschenken“?
Oder gar „verlieren“?
Dass dieser Muskel, dessen tägliche Tätigkeit für unser Leben ackert,
entweder lichterloh feuernd (v)erbrennt.
Andere Male so rein gar nicht entfacht wird?

Eine Frage der Chemie? Des Zeitpunkts?
Gar einer Wiederbegegnung mit einer verwandten Seele?
Wer daran glaubt: vielleicht sogar aus einem anderen Leben?
Die Antwort können wir nur in uns selbst und mit dem Liebespartner finden.
Der Verstand … wird in der Phase der Verliebtheit auf die Reservebank versetzt.

Manche Begegnungen jedenfalls entfachen dieses Feuer der Liebe.
Und bringen uns dazu, den Verstand zu ignorieren.
Wir lassen uns fallen. In ein Loch wie ein tiefer Brunnen.
Dessen Quelle einem Fluss gleicht, dessen Verlauf und Stromschnellen
wir nicht voraussehen können.

Die Liebe ist das größte Geschenk.
Allerdings auch eine großartige Gefahr.
Sie schenkt uns die schönsten aller Gefühle.
Gleichzeitig vermag sie, unsere Seele zu zermartern.
Müssen wir doch eines lernen:
sie anzunehmen. Mit ihr umzugehen.

Zu akzeptieren: Wir können nichts und niemanden gänzlich besitzen.
Wir müssen lernen, die zauberhaften Momente, die uns dieses magische Geschenk gibt,
zu genießen. Wie das kostbarste Gold, das uns das Leben schenkt.

Folgen wir dem Herzen:
Begeben wir uns auf die Wildwasserfahrt der Liebe … Dann: geht es auf und ab.
Selten geradeaus. Ohne Rettungsweste. Manches Mal fallen wir ins tosende Wasser.

Der Verlauf der Liebe. Er ist nicht immer so, wie wir es uns vorstellen.
Freiheit, Vertrauen, Mut und Unvernunft lassen uns himmelhoch jauchzen.
Zweifel, Eifersucht, Kontrolle und erlerntes Schubladendenken,
Angst und falsche Ansprüche sind die Feinde der Liebe.

Wenn wir sie besiegen, dann können wir das Zauberwerk der Gefühlsexplosion
erst richtig genießen. Das Schicksal weiß schon, warum es uns zusammenführt.
Vertrauen wir ihm. Dann geht es nicht um Besitz, Status, Unterschiede, Ansprüche und Schubladendenken. Dann siegen die Gefühle. Das Wahre, Schöne & Gute.

Dann können wir die Liebe, das schönste aller Gefühle, in beidseitiger
Freiheit, freud- und friedvoll auskosten, das Gold im Herzen des anderen
für immer im eigenen Herzen bewahren und unser eigenes zurückgeben.
Welch wunderschöne Unvernunft, die das Leben in Liebe erst lebenswert macht!

Andreas schreibt:

„Liebe ist, wenn …“ Wir kennen alle diese offene Frage und die diversen Antworten, die meist beliebig und banal ausfielen. Aber sie zeigten auf, wie vielfältig die Liebe verstanden werden kann und wird. Ich habe mich oft gefragt, was ist der Unterschied, wenn ich zu meiner Partnerin sage „Ich liebe dich“ oder sage zum Beispiel „Ich liebe mein Kind“? Beides kommt zweifellos von Herzen und hat doch unterschiedliche Bedeutung. Warum stelle ich dies voran? Ich meine, Liebe ist weder vernünftig noch unvernünftig.

Ich bin in eine Frau verliebt, die wesentlich jünger ist. Vernünftig oder unvernünftig? Wir kennen uns seit vielen Jahren, hatten aber einen unterschiedlichen Lebensweg und lebten an verschiedenen Orten. Und dann geschieht ein Wunder, das uns unverhofft zusammenführte. Es war die Liebe auf den ersten Blick, als hätte es nie etwas anderes zwischen uns gegeben. Es war das wunderbare Gefühl der Zusammengehörigkeit, des Vertrauens, der Seelenverwandtschaft. Vernünftig oder unvernünftig? Die Frage stellte sich uns gar nicht erst. Die Liebe war einfach da.

Wie sich herausstellte, hatte jeder von uns eine ziemlich schlimme Beziehung hinter sich, die prägend für unser Leben war. Okay, man kann diese Episoden beurteilen als Unvernunft der Liebe. Gerade diese Erfahrungen und Prüfungen aber machten uns reif und, im Wortsinn, überlegen für eine wahre Liebe.

Aus einem Gedicht von Erich Fried: „Es ist, was es ist, sagt die Liebe“.

Meine Freiheit wird die Deine

Wenn Du an Dir Du selber wirst

Die Quelle Deiner Liebe strömt in meine

Wenn Du Dich in Dich selbst verlierst

Liebe will Liebe

Aus dem Tiefenrausch, dem Grund

Liebe will Liebe

Allmacht, Ja in Gottes Seelenmund

Du bist in Dir von jeher Erde

Im Schoß der Welt ruht Ewigkeit

Du lebst in Dir das alte „Stirb und Werde“

Dein Schoß ist fruchtbar und wird weit

Liebe will Liebe

Schönheitsstab und Sommersohn

Liebe will Liebe

Samen, Herzanis und Mädchenmohn

Herrschen heißt der Liebe dienen

Es gibt kein Weil und kein Wozu

Dienen heißt dem Leben zu geziemen

Es lebt im Wir das Ich und Du

Liebe will Liebe

Ohne Mein und ohne Dein

Liebe will Liebe

Nur was wirklich ist, soll sein

Unsere Freiheit wird bestehen

Wenn wir aus uns wir selber sind

Die Quelle unserer Liebe will uns sehen

Weil mit uns die Welt beginnt

(Aus dem Gedichtzyklus „Ja, Du“ von Hans Christian Meiser)

Was an Dir getan ist, sage

Kraft des un-bedingten Ja

Was an Dir geschehen wird, wage

Höre auf die Tiefe. Sie ist da

Im Bejahtsein werden wir uns stets verlieren

Weil es sich selbst an uns erfüllt

Lass dies Geschenk in Dir niemals erfrieren

Auch wenn ein Nein das Ja umhüllt

Was wir waren, lässt die Liebe in uns sterben

Sie nimmt und gibt zugleich

Sie will, dass wir durch sie befähigt werden

Arm zu sein und unermesslich reich

In ihr entdecken wir die Ja-Allmacht

Ins Leben sterben wir hinein

Sie führt uns auf die Spur der Tagesnacht

Wir finden sie. Und kehren heim

Der, dem die Wirklichkeit begegnet

Wird selbst ursprünglich, ohne Scheu

Der, der uns in Liebeswahrheit segnet

Ist selber Ursprung, ewig neu

Er lässt sich ganz in uns geschehen

Kraft des un-bedingten Ja

Ohne Augen können wir ihn sehen

Er ist die Tiefe. Er ist da

(Aus dem Gedichtzyklus „Ja, Du“ von Hans Christian Meiser)

Ich bin in Dich verwandelt

Vergess mich immer neu in Dir

Es ist ein Wort, das aus sich handelt

Es führt zu uns: Aus dort wird hier

Dies Wort gebiert die Melodie des Seins

Es sieht am tiefsten mit den Augen des Vertrauens

Durch seine Saat sind wir in Licht und Schatten eins

Und wohnen in der Kunst des In-sich-Schauens

Wir singen uns das Lied von innen

Ins Sein hineingeöffnet und vollbracht

Wir wollen nicht verlieren, nicht gewinnen

Wir kennen nur die Freiheit, nicht die Macht

Wir wandeln uns zum Ursprung und sind deshalb jung

Wir wachsen nicht im Mittelmond

Wir brechen unser Brot in der Vereinigung

In der die körperliche Seele thront

Wir schöpfen aus der Tiefe, aus der wir letztlich sind

Und leben nicht im Binnenraum von „Ich bin ich“

Die Schönheit und die Liebe sind unsrer Freiheit Kind

Denn ich bin Du. Und Du meinst mich.

Wir sind in uns verwandelt

Vergessen uns stets neu im Sein

Es ist ein Wort, das aus sich handelt

Es führt zu uns: Wir sind daheim

(Aus dem Gedichtzyklus „Ja, Du“ von Hans Christian Meiser)