Welch köstliches Wort: „lustwandeln“. Kann man sich so recht auf der Zunge zergehen lassen. L u s t w a n d e l n: Ein saftiges Wort, das nach Pfirsich und Honigmelone schmeckt. Dabei ist es eigentlich nur ein poetisches Wort für „spazieren gehen“. Und doch spürt man sofort: Da klingen andere, alte Inhalte durch: „Füllhorn“ zum Beispiel, „Stelldichein“ oder „Koketterie“. Nicht mehr ganz so harmlos, sehr viel konkreter als lustwandeln mutet mich da das „Lusthaus“ an, ein Gartenhaus, das unsere wohlbestallten Altvorderen auch gerne mal in einer lauschigen Maiennacht zu zweit besuchten, vielleicht nach einem Lustspiel von einem kecken Lüstchen angeweht. Aber vielleicht pflegten sie ja stattdessen in einem Lustwäldchen der frivolen Muße. Ach, wer weiß, ich kann wohl ihre Seufzer in der Brise hören.

Ja, die Sprache kann einen schon stimulieren. Worte wie „anmachen“ oder „anbaggern“ oder „angraben“ schaffen das nicht, jedenfalls nicht bei mir. Zwischen „Venushügel“ und „Fotze“ liegt ein Universum voll von Milchstraßen, die ganze Spannweite der deutschen Sprache von „Literatur“ bis „Gosse“. Aber wer weiß noch von ihren verrottenden Fäkalien und Aasfliegenschwärmen, ihrem Rattengefiep? So effektiv ist die moderne Hygiene, dass sie uns die Gosse übersehen lässt – gleichwohl sie noch vorhanden ist, nur eben nach innen genommen. Würden doch die Kehrschaufeln der Straßenkehrmaschinen auch den Wortmüll mit einsammeln.

Doch bliebe dann Zeit zum Lustwandeln? Ich habe meine Zweifel. In einem Hamsterrad fällt das einem doch eher schwer.

Liebe – da denken die meisten Menschen gleich an die Liebe zwischen Mann und Frau. Und vielen gilt sie als das Höchste. Doch es gibt weit mehr Lieben als diese eine Liebe.

Nehmen wir nur unser aller Liebes-Vorbild: die Elternliebe. Ja, ich sage bewusst Elternliebe statt Mutterliebe. Denn letztere ist ein weltanschaulich überhöhtes Ideal, das sich im Licht der Verhaltensforschung oder Anthropologie durchaus als Brutpflegeverhalten deuten lässt. Auch Väter können ihre Kinder lieben und vergöttern; wobei sich augenblicklich die Frage stellt, ob denn Letzteres, das Vergöttern, zu den liebenden Verhaltensweisen zählen darf oder nicht eher zu den Formen mühsam verholener Eitelkeit.

Aber darüber zu schreiben wäre eine andere Geschichte. Andere Formen der Liebe sind die Freundesliebe, die für mein Empfinden der Geschlechterliebe übergeordnet ist. Erfahrungsgemäß hält die Freundesliebe oft länger und bedarf keiner ununterbrochenen Bestätigung (ist also weniger von Misstrauen geprägt). Und: mein Freund ist mir nicht gram, wenn es noch einen zweiten oder gar dritten Gott neben ihm geben sollte. Er verlangt auch keine Leidenschaft (was ist das denn nun wieder?) von mir, auch keine Zärtlichkeit und keinen Sex. Oho!

Und wie steht es mit der Geschwisterliebe? Vermutlich lässt sie sich im dubiosen Feld der Mutterliebe verorten. Denn um wie steht es um die Geschwisterliebe, wenn wir nicht um den Verwandtschaftsgrad wissen, etwa, weil wir kurz nach der Geburt getrennt wurden? Oder wie kühlt sich ab, wenn wir erfahren, dass die Schwester gar nicht die „leibliche Schwester“ ist, sondern dem Samen eines Seitensprungs entsprang? Darf sie dann zur „lieblichen Schwester“ werden? Am Ende wurde sie adoptiert, enthält also gar keinen gemeinsamen Blutanteil?

Als guter Christ oder Buddhist muss man sich auch noch mit der Feindesliebe herumschlagen, die im einen Fall nicht von der Gottesliebe und im anderen Fall nicht von der uns innewohnenden Buddhanatur zu trennen ist. Man sieht, die Dinge komplizieren sich zusehends, zumal dann, wenn man die ketzerische Frage wagt, in welchem Verhältnis Gottesliebe und Buddhanatur zu einander stehen? Und ist die Liebe zu Natur, Tieren oder Kunst nur weitere Spielarte der Liebe oder ist sie eine Unterart der Gottesliebe?

Offenkundig gibt es nicht nur „die Liebe“, sondern viele Lieben. Wer Liebe überhöht, verkitscht sie nur und tut so, als ließe sie sich nicht erlernen oder vertiefen, als gäbe es also keine „Kunst der Liebe“; als müssten und sollten wir nicht ein Leben lang daran arbeiten, uns aus „Liebhabern“ in „Liebende“ zu verwandeln. Der Einfachkeit halber möchte ich mich deshalb der alltagstauglichen und provokant nüchternen Liebesdefinition des Berufsphilosophen Wilhelm Schmid anschließen: „Liebe ist eine Beziehung der Zuwendung und der Zuneigung von etwas oder jemandem zu etwas oder jemandem.“

Liebe auf den ersten Blick – soll es geben. Weit häufiger ist aber wohl die Liebe auf den 50. Blick, der uns dann endlich sagt: „Sie ist wirklich ‚super‘.“ Auch bei Frauen soll gelegentlich der Liebesblitz einschlagen, aber vermutlich erst beim 75. Blick. Frauen testen länger, ist meine Erfahrung. Und je mehr Erfahrung sie mit dem scheinbar starken Geschlecht haben, desto seltener sind sie zu einer Partnerschaft bereit; sie wollen sich nicht die Finger versengen lassen.

Lohnende Arbeit für die Partnerschaft

Aber irgendwann „schnackelt’s“ eben doch mal und der rosa Nebelwerfer gerät in Fahrt. Lichtet sich der Nebel, weil der Rosenmonat vorbei ist – oder die Rosenjahre –, bleibt meist doch noch genug Positives in der Partnerschaft, um an IHR oder IHM festzuhalten. Bevor uns aber gar nicht mehr einfällt, was wir an unserem Partner einstmals so bezaubernd fanden, sollten wir ein paar Kilojoule „Beziehungsarbeit“ investieren.

Natürlich muss man nicht so lange warten. Früher damit zu beginnen lohnt sich, weil man dann viel länger viel mehr voneinander hat. John Gottman, Professor für Psychologie an der University of Washington, schrieb schon vor Jahren ein Buch, das man als das „Grundlagenwerk der Beziehungsrettung“ bezeichnen könnte. Darin gibt er zu bedenken, dass man sich nur dann streitet, wenn noch eine innere Bindung vorhanden ist. Streit in einer Partnerschaft ist also nicht grundsätzlich negativ.

So funktioniert „guter Streit“ in der Partnerschaft

Doch mit 7 fundamentalen Tipps streiten Paare wirkungsvoller, solange sie noch einander wohlgesonnen sind:

  1. Macht in friedlichen Zeiten eine Art Streit-Vertrag miteinander. Legt ein paar einfache Regeln fest, die beiden einsichtig sind und die zu befolgen beide bereit sind. Schließlich sind es ja die eigenen Regeln. Vielleicht hilft der Gedanke, dass ein Disput nur dann Sinn ergibt, wenn man zu irgendeinem Ergebnis kommt. Ein Punkt sollte im Vertrag vorkommen: Was tun wir, wenn einer von uns das Gefühl hat, der Streit ist zwecklos?
  2. Installiert ein Signal oder Wort – zum Beispiel „Stop!“ –, das eine sofortige Streitpause erzwingt. Dann geht man ohne weiteren Disput auch räumlich eine Weile auseinander, bis sich die Gemüter abgekühlt haben. Mit einem Streitstop-Signal lässt sich mancher schöne Abend oder sogar Urlaub retten. Ein Stop ist aber nur dann sinnvoll, wenn das Thema weitergeführt wird. Dafür sollte es nach dem Stop einen neuen Termin geben.
  3. Überlegt euch, womit sich jeder am besten abregt. Der eine mag vielleicht meditieren, der andere macht Liegestützen.
  4. Überlegt, was der tiefere Grund hinter der Kleinigkeit ist, weshalb ihr euch in die Haare kriegt. Was ist euch so wichtig, dass ihr ein Kinkerlitzchen zum Anlass nehmt, dem anderen an den Hals zu fahren. Sprecht über dieses Wichtige und nicht über die „Zahnpastatube“.
  5. Wenn ihr neu in den Ring steigt, idealerweise auch schon zum ersten Mal, vereinbart einen Zeitraum, an dem ihr das Thema (vorerst) beendet. 20 Minuten sind eine gute Zeit. Stellt den Wecker.
  6. Überlegt euch, was auf dem Spiel steht, falls euer Streit schlimm endet. Wollt ihr diesen Verlust wirklich riskieren?
  7. Bemüht euch vor dem Gespräch um ein möglichst gutes Klima. Dazu gehört auch die eigene Wachheit. Vorsicht mit Alkohol!

Buchempfehlung: John M Gottman, Die 7 Geheimnisse der glücklichen Ehe (antiquarisch erhältlich)

Weitere Tipps: http://www.ev-kirche-dortmund.de/uploads/media/tipps_streitpaare.pdf